Tichys Einblick
Festrede zur Deutschen Einheit

Linke, Grüne und SPD wollen Boykott gegen Bürgerrechtler Arnold Vaatz

Während sich linksextreme Randalierer in Leipzig drei Tage lang gegen die Polizei mit Gewalt, Feuer und Steinen austoben dürfen, wohlwollend begleitet durch linke und grüne Politiker. Rufen ausgerechnet deren Parteien in Tateinheit mit der SPD zum Redeboykott von Bürgerrechtler Arnold Vaatz auf.

imago Images/IPON

Die Auswahl des Festredners zum 30. Tag der Deutschen Einheit im Sächsischen Landtag mobilisiert die vereinte Linke. Nicht nur in der deutschen Hauptstadt Berlin gilt für SPD, Grüne und Linke – hier wächst weiter zusammen, was zusammengehört – sondern auch in Dresden.

Nach dem Willen von Landtagspräsident Matthias Rößler (CDU) soll der Dresdner CDU-Bundestagsabgeordnete und frühere DDR-Bürgerrechtler Arnold Vaatz die Festrede halten. Rößler begründet dies mit dessen Rolle als engagierter Bürgerrechtler in Dresden während der Friedlichen Revolution. Denn Vaatz gehörte der DDR-Opposition vom Neuen Forum an, bevor er 1990 in die CDU eintrat. Er war zudem von 1990 bis 1998 Mitglied des sächsischen Landtages. Der 65-jährige Diplom-Mathematiker erwarb sich obendrein nach dem Mauerfall in Sachsen besondere Verdienste als erster Staatskanzleichef (1990-92) und Umweltminister (1992-98) unter Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU). Seit 1998 sitzt Vaatz im Deutschen Bundestag und wirkt dort seit 2002 als einer der stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Auch 30 Jahre nach dem Mauerfall bleibt der Bürgerrechtler ein streitbarer Geist und mutiger Andersdenkender.
Vaatz hatte in einem Gastbeitrag für Tichys Einblick der Berliner Polizei des rot-rot-grün regierten Senats im Zusammenhang mit einer Demonstration gegen die Corona-Regeln DDR-Methoden vorgehalten. Zweierlei Maß bei Demonstrationen, Diffamierung von Bürgern, beides passe nicht zu einem demokratischen Land, mahnte Vaatz unter der Überschrift „Regierung und Medien beschädigen ihre Glaubwürdigkeit“ am 5. August.

Rot-Grün plus SED-Erben empören sich über Vaatz

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Reflexartig werfen die sächsischen Regierungspartner der CDU – SPD und Grüne in Tateinheit mit den Linken – jetzt dem kritischen Bürgerrechtler „Rechtspopulismus“ vor. Sie haben beschlossen, seine Festrede im Landesparlament zu boykottieren.
Arnold Vaatz sei nicht die „geeignete Persönlichkeit, um an diesem Tag und an dieser Stelle das Wort zu ergreifen“, erklärt Linken-Fraktionschef Rico Gebhardt. Ausgerechnet die SED-Erben wollen 30 Jahre nach dem Mauerfall keinem Bürgerrechtler mit klarer Haltung und Gespür für Demokratie zuhören. Dazu haben sich die CDU-Regierungspartner SPD und Grüne mit der Linken alias PDS alias SED zu einer Vaatz-Ablehnungsfront zusammengeschlossen.

„Vaatz hat sich in den letzten Monaten mit Äußerungen hervorgetan, die großes Kopfschütteln und auch harten Widerspruch provoziert haben“, behauptet Theologe Frank Richter, seit 2019 erst Mitglied der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag.
Seine Vergleiche der Bundesrepublik Deutschland mit der DDR seien unerträglich, provokant und anschlussfähig an Positionen der Neuen Rechten. Soso.
Valentin Lippmann, parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen im Sächsischen Landtag, schlägt in die gleiche Kerbe, weil Vaatz in jüngster Vergangenheit immer wieder durch befremdliche Äußerungen aufgefallen sei, „werden die Abgeordneten der Grünen-Fraktion nicht an der Feierstunde im Landtag teilnehmen.“ Die ehemalige Bürgerrechtlerpartei Bündnis 90/Die Grünen gibt es also nicht mehr.

„Vaatz ist ein mutiger Kämpfer für Demokratie“

Landtagspräsident Rösler, ebenfalls ein Bürgerrechtler, aber vom Demokratischen Aufbruch, geht zumindest weiter „fest davon aus, dass Arnold Vaatz am 3. Oktober seine Rede hält“. CDU/CSU-Fraktionsvorstandsmitglied Axel Fischer kritisiert den Boykott von Rot-Rot-Grün: „Arnold Vaatz ist ein anerkannter Bürgerrechtler und mutiger Kämpfer für Demokratie und Menschrechte.“ Fischer findet es zudem sehr anrüchig, dass Regierungspartner der CDU wie SPD und Grüne ausgerechnet zum 30. Jahrestag der Deutschen Einheit „jetzt gemeinsame Sache mit den SED-Erben machen“. Selbst der ehemalige Bundesminister Peter Ramsauer (CSU) kann es kaum fassen: „Der Boykott der Festrede von Arnold Vaatz durch SPD und Grüne gemeinsam mit den SED-Nachfolgern von der heutigen Linkspartei ist eine Unverfrorenheit. Einen mutigen Bürgerrechtler ausgerechnet am 30. Jahrestag der Deutschen Einheit in einem demokratischen Parlament auszugrenzen, offenbart einen feigen politischen Akt.“

Unterstützung erhält Vaatz neben wenigen Stimmen aus der eigenen Partei immerhin von einigen Liberalen. Der sächsische Bundestagsabgeordnete Torsten Herbst kritisiert die rot-rot-grüne Ablehnungsfront: „Den Kritikern geht es allein darum, die Verdienste eines Mannes zu schmälern, der entscheidend mitgeholfen hat, das SED-Regime hinwegzufegen.“

Berlins Innensenator Geisel weicht TE-Anfrage zu Stasi-Tätigkeit aus
Selbst der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Gunter Weißgerber kann sich über „soviel Dummheit von Rot-Rot-Grün“ nur noch amüsieren: „Die SPD Sachsens irrlichtert durch ihre eigene Geschichte.“ Sie habe seit 1989 komplett das politische Ufer gewechselt – von der Partei der Freiheit hin zu den Dienern der Unfreiheit. Als Protestredner der friedlichen Leipziger Revolution lehne er „jegliche politische Verwandtschaft mit diesen SPD-Nachkommen ab.“ Weißgerber werde sehr gerne persönlich der Rede seines Bürgerrechtlerfreundes und Mitstreiter Arnold Vaatz im sächsischen Landtag am 3. Oktober zu hören. Er habe dazu eine Einladung.

Auch der Historiker und langjährige Direktor der Berliner Stasiopfergedenkstätte Hubertus Knabe meint: „Über diese Provinzposse kann man nur noch den Kopf schütteln. Ausgerechnet die SED-Erben wollen die Einheitsrede eines ehemaligen Bürgerrechtlers boykottieren – und werden dabei von SPD und Grünen auch noch unterstützt.“ Er empfehle den Beteiligten, das Grundgesetz zur Hand zu nehmen und nachzulesen, was dort über die Meinungsfreiheit steht.

Lebenslügen und linke Gewalt gegen friedliche Bürgerrechtler

Die Rolle von Vaatz in der späten DDR steht ganz im Gegensatz zu manchen Linken und heutigen Sozialdemokraten, wie zum Beispiel Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD), der mit seinem undemokratischen Verbot von Demonstrationen gegen die Bundesregierung gleich in zwei Gerichtsinstanzen gescheitert ist. Inzwischen dringt ins öffentliche Bewusstsein, dass der heutige SPD-Politiker Geisel als Verantwortlicher für die harten Einsätze der Berliner Polizei gegen Corona-Demonstranten, von 1984 bis 1989 SED-Mitglied war und als Fernmeldetechniker beim Fernsprechamt Ost-Berlins arbeitete. Geisel selbst demonstriert gerne mit linken Extremisten. Denn: „Wenn ich als Demokrat gefordert bin, gehe ich auf die Straße, und ich lasse mich nicht davon hindern, dass auch Extremisten die Möglichkeit nutzen, dort ihre Meinung zu sagen.“ Das bekannte Geisel 2018 im Rahmen der Fragestunde der Plenardebatte im Berliner Abgeordnetenhaus im Rückblick auf die linksextreme Begleitung auf der „Unteilbar“-Demo für eine Einwanderungsgesellschaft im Oktober 2018 in Berlin.

Sachsens Linke und Grüne hingegen weilen gerne sogar unter Linksradikalen als sogenannte „Beobachter“. Bei den jüngsten Krawallen der linksmilitanten Hausbesetzerszene in Leipzig-Connewitz verharmlosen die sächsische Landtagsabgeordnete Juliane Nagel (Die Linke) und der grüne Stadtrat Jürgen Kasek die Randale und brutalen Überfälle auf Polizisten mit elf verletzten Beamten und sechs zerstörten Polizeiautos. Die linksgrünen Politiker fühlen sich nicht nur als „Beobachter“, sondern als Teil einer radikalen linken Szene, wie Bild-Zeitung unter dem Titel „Die Chaos-Connection von Leipzig“ am Montag berichtet. Sie informieren und animieren sie sogar über ihre Twitter-Kanäle, dokumentiert Bild. Der Zeitungs-Kommentar sieht in der Linken und dem Grünen daher schon Täter: „Als ‚Beobachter’ fast immer dabei: eine linke Landtagsabgeordnete und ein grüner Stadtrat. Sie verharmlosen den Hass („berechtigte Wut“), reden die Schäden klein („Glassplitter“) und fordern sogar dazu auf, fremdes Eigentum zu besetzen. Sie sind die wahren Brandstifter von Connewitz! Wenn sie dann im Nachhinein die Gewalt verurteilen, ist das vor allem eins: verlogen.“

Also solche rot-rot-grünen Politiker und ihre Parteien wollen jetzt am 3. Oktober in Dresden die Festrede eines mutigen und friedlichen Bürgerrechtlers zum 30. Jahrestag der Deutschen Einheit boykottieren? Arnold Vaatz demonstrierte mit dem Neuen Forum 1989 unter Motto „Keine Gewalt“. Von soviel Pazifismus sind Linke und Grüne, aber auch manche Sozis in ihrem Vorfeld meilenweit entfernt.

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