Sollte der virtuelle CDU-Parteitag Friedrich Merz dieses Wochenende zum Bundesvorsitzenden wählen, hat der 66-Jährige aus Brilon im Hochsauerland noch nicht viel gewonnen. Denn Merz muss noch eine entscheidende Machtfrage stellen.
Immerhin will Ralph Brinkhaus sein Amt als Fraktionschef im Bundestag auch weiterhin behalten. Verzichten zugunsten des künftigen CDU-Vorsitzenden werde er nicht, kündigt er vorsorglich am 11. Januar in Berlin an. „Wenn die Fraktion das wünscht und wenn die Fraktion mich wählt, dann werde ich das also auch gerne nach dem 30. April weitermachen“, droht Brinkhaus indirekt seinem möglichen Konkurrenten Merz.
Eine „einvernehmliche Lösung“ müsse angeblich her, streuen interessierte Kreise in der Partei. Doch wenn sich Merz hier auf faule Kompromisse mit dem Merkel-Getreuen einlässt, hat er schon von Anfang an verloren. Schließlich zwingt Brinkhaus mit seinem Anspruch die CDU bis zu den Landtagswahlen in einen Machtkampf. Ende März wird im Saarland gewählt, im Mai in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. In allen drei Bundesländern stehen CDU-Ministerpräsidenten auf der Kippe. „Eine Personalauseinandersetzung kann sich die Union überhaupt nicht leisten“, warnt ein hoher Ex-CDU-Funktionär vor den Folgen. Merz sollte die Machtfrage noch vor den Wahlen stellen.
Weiterhin schlechte Umfragen für die Union
„Ralph Brinkhaus muss weg,“ fordert ein früherer Funktionär der CDU/CSU-Bundestagsfraktion – schon allein wegen seines schwachen Führungsstils. Die CSU wolle jedenfalls Merz mehrheitlich unterstützen. „Ein Parteivorsitzender hat normalerweise das erste Zugriffsrecht“, verkündet derweil CSU-Chef Markus Söder. Es klingt wie eine Vorentscheidung. Denn klar ist: Zunächst verständigen sich die Parteivorsitzenden über eine Nominierung für den nächsten Fraktionschef von CDU und CSU im Bundestag. Friedrich Merz und Markus Söder haben ein Vorschlagsrecht. Sie benennen dann einen Kandidaten. Eine Kampfkandidatur anderer Bewerber ist damit jedoch nicht ausgeschlossen.
Brinkhaus mutierte zum willfährigen Diener seiner Kanzlerin
Und Ralph Brinkhaus zählt zu jener Kategorie von Berufspolitikern, die als ausgeprägte Ich-AGs ziemlich charakterlos ihre Karriere vorantreiben. CSU-Chef Markus Söder könnte in ihm sogar einen Seelenverwandten sehen. Die Unionsfraktion hatte Brinkhaus im September 2018 zu ihrem Vorsitzenden gewählt, um der damals angeschlagenen Kanzlerin Angela Merkel ihren treuen Gehilfen Volker Kauder zu berauben. Der katholische Westfale sollte die Fraktion vom Kanzleramt emanzipieren, ihr mehr Eigenständigkeit und Gewicht verleihen.
Brinkhaus hat jedoch mit seiner Unterwürfigkeit die konservativen Abgeordneten und Wähler seiner Partei regelrecht getäuscht. So etwas nennt selbst der erfahrene Parlamentarier in der Politik charakterlos, ja skrupellos.
Ralph Allmächtig? Brinkhaus, 53 Jahre, Steuerberater, Wirtschaftswissenschaftler, viermal direkt in den Bundestag gewählt (zuletzt mit 6,6 Prozentpunkten Verlust) und kommissarisch Oppositionsführer, mag also nicht aus der ersten Reihe zurücktreten. Seine befristete Amtszeit bis zum 30. April hat er dem Wahlverlierer und CDU-Chef Armin Laschet abgetrotzt. Im Frühjahr muss jedoch die CDU/CSU-Fraktion erneut einen Vorsitzenden wählen.
Wann greift Merz nach der ganzen Macht?
Für die Union stellt sich jetzt die entscheidende Frage: Mit so einer schwachen Führungsfigur soll ihr nach dem Abtritt Merkels der Wiederaufstieg gelingen? Die Antwort kann nur lauten: Mit Amtsversager Ralph Brinkhaus wird das definitiv nichts. Er wäre nur für weitere Jahre der Stallwächter im Bundestag für das derzeit unterlegene, aber noch sehr aktive Merkel-Lager.
Merz muss also Partei- und Fraktionsvorsitz wie die Oppositionsführerschaft im Bundestag übernehmen und Merkel-Mann Brinkhaus sofort nach seiner Wahl als Fraktionschef ablösen. Aber genau das wollen Merkels Jünger noch verhindern.
Sollte dies Merz nicht gelingen, kann der 66-Jährige im Grunde gleich wieder einpacken und sich schon nach zwei Jahren Amtszeit auf sein Altenteil nach Arnsberg im Hochsauerland zurückziehen.