Zwischen stiller Nacht und neuem Jahr versuchte die FDP-Führung eine onlinebasierte Mitgliederbefragung für den sofortigen Ausstieg aus der unsäglichen Ampelregierung ohne Basisaussprache abzubiegen. Parteichef Christian Lindner konnte sich und seine Regierungstreuen noch einmal ganz knapp vor einer völligen Blamage retten. Die meisten der 72.000 Mitglieder weilten im Weihnachts- und Silvesterurlaub, deswegen nahm nur ein gutes Drittel an der Abstimmung ohne Diskussion teil. Vor allem Lindners Parteifunktionäre sicherten wohl das enge Ergebnis.
Lediglich eine knappe Mehrheit hat sich mit 52 Prozent fürs „Weiter-Ampeln“ entschieden, während 48 Prozent der Mitglieder den sofortigen Ausstieg aus der katastrophalen Regierungskoalition wollten. Blamiert hat sich Lindners Führungstruppe mit diesem knappen Ergebnis so oder so. Denn es beweist: Es gibt eine breite Ablehnung der Ampelpolitik innerhalb der Regierungspartei. Ein alter FDP-Stratege bezeichnet die Lage wie beim Doppelkopf mit „gespaltener Arsch“. Nachhaltig gespalten ist Lindners Partei auf jeden Fall mit verheerenden Folgen, so gespalten wie das ganze Land.
Wenn schon fast 50 Prozent der abstimmenden FDP-Mitglieder nicht mehr regieren wollen, was denkt dann die schweigende Zwei-Drittel-Mehrheit, die nicht an der stillen Befragung über die Feiertage teilnahm?
Vor allem aber stellt sich Frage: Was denken die Millionen FDP-Wähler, die sich von der Deutschland gefährdenden Ampelpolitik mit SPD und Grünen regelrecht verraten fühlen und was sind die Folgen?
Immerhin wird das neue 2024 so etwas wie das Superwahljahr für die FDP. Schon am 9. Juni können die Wähler zur EU-Wahl den Regierungsparteien und der Opposition ihre Quittung präsentieren.
Wenn nur noch die Hälfte der Partei hinter Lindners Ampelregierung steht, wie sieht es dann bei den Wählern aus? Was sind die Konsequenzen? Stürzt die FDP bei der EU-Wahl auf drei Prozent oder weniger hinab? „Fast Drei Prozent“ ist ohnehin schon bei vielen Bürgern der Spottname für Lindners Truppe. Und drei Prozent erhielt die FDP bereits in ihrem Krisenjahr 1999. Aber vielleicht geht es ja als Regierungspartei noch tiefer.
Obendrein soll ausgerechnet die höchst umstrittene Aufrüstungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann als Spitzenkandidatin im EU-Wahlkampf antreten. Kriegspolitik statt Friedensdiplomatie – werden das die verbliebenen FDP-Anhänger mit ihrem Kreuz auf dem Wahlzettel begrüßen?
FDP in Prozent bei EU-Wahlen
Eine gespaltene Partei und ihre Folgen: Welche Motivation haben da noch die aktiven Mitglieder Plakate aufzuhängen, Spenden einzusammeln oder sich an den Ständen für die Ampelpolitik beschimpfen zu lassen? Eigentlich keine, nur die voll vom Ampelkurs überzeugten trauen sich dann wohl noch auf die Straßen. Doch wie viele sind das? Bestimmt keine 52 Prozent von einem Drittel der Mitgliedschaft.
Bayerns früherer FDP-Landtagsabgeordneter und Journalist Helmut Markwort brachte es im Gespräch mit Tichys Einblick nach der verlorenen Landtagswahl auf den Punkt, als er von seinen Wahlkampfauftritten berichtete: „Ich bin auf Schritt und Tritt wegen der Ampel in Berlin beschimpft worden.“ Die Bürger hätten ihm vorgeworfen: „Ihr seid schuld, dass die Grünen an der Macht sind. Das war das Dauerthema.“ Markworts Erkenntnis: „Die Wähler wollen, dass wir die Ampel verlassen.“
Doch diese Stimmung beim Wahlvolk interessiert in der Berliner Bundesparteizentrale offensichtlich keinen. Dabei hat Lindners Truppe seit der Bundestagswahl acht Wahlen hintereinander und laut Umfragen derzeit gut die Hälfte ihrer Wähler von einst 11,5 Prozent verloren.
Aber selbst die schlecht motivierte Basis wird Parteichef Lindner und seine Spitzenfunktionäre brauchen, denn die FDP muss wie alle Parteien am 9. Juni nicht nur für die EU-Wahl mobilisieren, sondern gleichzeitig in der Fläche für sieben Kommunalwahlen in Baden-Württemberg, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Zuvor wählt noch Thüringen am 26. Mai seine kommunalen Mandatsträger.
Damit nicht genug: In drei ostdeutschen Ländern stehen am 1. September in Sachsen und Thüringen sowie am 22. September in Brandenburg Landtagswahlen an. Alle drei gelten heute schon laut Umfragen für die FDP als verloren.
Dennoch wollen Lindners Granden die Durchhaltestrategie in der Ampel bis zur Bundestagswahl im Herbst 2025 betreiben, in der Hoffnung bei den Wählern setzt wieder das große Vergessen ein.
Allerdings wird sich die wirtschaftliche und gesellschaftliche Krise Deutschlands in den kommenden Monaten nicht verbessern. Im Gegenteil: In Deutschland regiert die Rezession. Die grüne Zwangstransformation von Wirtschaft und Gesellschaft verschärft noch die Lage mit steigenden Steuern und Abgaben bei Energie und Mobilität. Starke Preiserhöhungen nicht nur in Gaststätten, sondern beim Tanken oder Heizen schlagen schnell bei den Verbrauchern durch und gefährden immer mehr Jobs in der deutschen Kernindustrie. Auch in Einzelhandel und Handwerk erleben die Bürger spätestens im Frühjahr eine Preisexplosion, wenn dann die Verdopplung der Lkw-Maut beim Kunden in der Geldbörse ankommt.
Auch die ungebremste Asyleinwanderung wird 2024 noch einmal Spitzenwerte erreichen. Doch die FDP in ihrem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf – weiter so immer, Ausstieg nimmer. Sie will halt lieber weiter Ampeln.