Tichys Einblick
Nachspiel zu Kölner Fan-Skandal

Laut DFB bleibt offener Hass gegen Ostdeutschland in Bundesliga-Stadien straffrei

Wenn Fans witzige Plakate über „nur zwei Geschlechter“ in Stadien zeigen, verhängt der DFB-Kontrollausschuss gegen deren Vereine hohe Geldstrafen. Schmettern Hunderte Anhänger des 1. FC Köln lauthals ihren Hass auf Ostdeutschland und damit seinen Spielern und Zuschauern entgegen wie im Heimspiel gegen RB Leipzig, bleibt das trotz erschütternder Fernsehbilder laut DFB straffrei.

Bundesligaspiel 1.FC Köln gegen RB Leipzig am 15.03.2024 im Rheinenergiestadion Köln, Sonderspielball am Aktionstag: „Together! Stop Hate. Be a Team.“

IMAGO / Chai v.d. Laage

Ob Sie’s glauben oder nicht: In Bundesligastadien dürfen Sie laut Deutschem Fußballbund (DFB) ungestraft Ostdeutschland hassen, auch wenn der Verband es als „geschmacklos“ oder „total unangemessen“ verurteilt, was eher verharmlosend klingt.

Was war passiert? Am vergangenen Freitagabend brüllten die angeblich so „toleranten und weltoffenen“ Anhänger des 1. FC Köln im Heimspiel gegen den sächsischen RB Leipzig, dokumentiert durch Fernsehberichte, lauthals ihren Hass auf Ostdeutschland heraus – ausgerechnet am „Aktionsspieltag gegen Diskriminierung“ des DFB. „Wir hassen Ostdeutschland“ schallte es laut anhaltend für jeden in Funk und Fernsehen hörbar massenhaft im Kölner Fanblock.

Obendrein flogen während des Spiels noch kleine gläserne Schnapsflaschen aus der Kölner Fankurve gegen Spieler von RB Leipzig auf den Platz. Doch: „Die Rufe verhallten nicht etwa, weil der Stadionsprecher dazu aufgerufen hätte oder der Chor einem Stimmbruch anheimgefallen wäre. Sie, die hinterher reflexartig verschwindend geringe Minderheit getauft wurden, hörten irgendwann selbst auf damit“, beschreibt der Leipziger Sportreporter Guido Schäfer den Hass im Stadion.

Die Kölner FC-Verantwortlichen ließen also dem öffentlichen Hass ihrer Fans gegen den Osten freien Lauf. „Der Hass, den RB vor allem im Westen auf sich zieht, ist ein Hass auf den Osten, geschürt durch die Erzählmuster über Ostdeutsche durch westdeutsche Medien“, kritisiert selbst der sonst so staatstreue MDR in seinem Kommentar „Ost-, Ost-, Ostdeutschland“ die unglaublichen Hasstiraden am Rhein. Flüchtlinge sind nur gut und Ossis nur böse, so könnte man die verbreitete linksgrüne Weltsicht tief im Westen auch beschreiben.

Ziehen diese skandalösen Hasstiraden bei einem Bundesligaspiel am „Aktionsspieltag gegen Diskriminierung“ nun DFB-Strafen oder Konsequenzen nach sich? Schließlich geht der DFB bei harmlosen Plakatspäßen zwischen Fangruppierungen gnadenlos vor. So erregte erst vor Wochen ein Fan-Banner die politischen DFB-Gemüter wegen der Aufschrift: „Es gibt viele Musikrichtungen, aber nur 2 Geschlechter“. Für dieses Transparent hatte das DFB-Sportgericht den Bundesligist Bayer 04 Leverkusen Ende Januar zu einer Geldstrafe in Höhe von sage und schreibe 18.000 Euro verurteilt. Fans zeigten es bei einem Auswärtsspiel ihres Vereins beim grünwoken SV Werder Bremen in der Kurve. Eigentlich ein völlig harmloser Vorgang – aber nicht im woken Deutschland: Solch freie Meinungsäußerungen bestraft der DFB schnell mit hohen Geldbußen.

Nicht bestraft werden aber die Schmähungen in Köln: Offener Stadionhass gegen Ostdeutschland ist laut DFB-Juristen eine straffreie Meinungsäußerung. Sie glauben es nicht? Lesen Sie weiter.

Weil es bislang keine offizielle Stellungnahme des Deutschen Fußballbundes zum Kölner Fan-Skandal gab, hakte der Autor am Dienstag bei der DFB-Pressestelle mit diesem Fragenkatalog nach:

  1. Wurden im Spielbericht der Begegnung 1. FC Köln gegen RB Leipzig am Freitagabend 15. März die lauten Hassgesänge im Kölner Stadion „Wir hassen Ostdeutschland“ vermerkt, über die Fernsehanstalten berichtet hatten?
  2. Wird sich der DFB-Kontrollausschuss mit diesen Vorkommnissen (Hassgesänge) beschäftigen?
  3. Welche Konsequenzen gegenüber dem 1. FC Köln wird der DFB wegen der öffentlichen Hassgesänge des Kölner Anhangs einleiten?
  4. Wird der Kontrollausschuss bzw. das DFB-Sportgericht eine Strafzahlung gegen den 1. FC Köln aufgrund der diskriminierenden Hassgesänge gegen Ostdeutschland verhängen?
  5. Falls nicht, bitte ich um eine entsprechende Begründung.

Nun, zumindest antwortet die DFB-Direktion-Presse pünktlich zum gesetzten Termin Donnerstag bis 15 Uhr. Doch Strafen will der größte Sportfachverband der Welt für die Hassbotschaften der Fans des 1. FC Köln gegen Ostdeutschland nicht verhängen.

Der DFB versucht es hingegen mit Taktik und Beschwichtigen, denn laut den Worten von Kölns Geschäftsführer Christian Keller nach dem Spiel sei es ja im Grunde getan, so die DFB-Presseantwort. Er hätte von „einer Minderheit im Stadion“ gesprochen. „Aber natürlich verurteilt auch der DFB die geschmacklosen Hass-Gesänge einiger Kölner Zuschauer in Richtung Ostdeutschland ohne Wenn und Aber!“ Es stehe für den DFB außer Frage, dass diese „total unangemessen und völlig daneben sind – und auch nicht die Meinung einer Mehrheit widerspiegeln“. Soso.

So etwas nennt man in der Politik das „Herunterspielen“ oder „Verschleiern“ von Skandalen. Nur zur Erinnerung: Es waren nicht „einige Kölner Zuschauer“. Es waren mit Sicherheit hunderte, wenn nicht tausende, die aus dem großen Fanblock lauthals – und dokumentiert durch die TV-Übertragungen und Berichte – ihren Hass Ostdeutschen entgegenschleuderten: „Wir hassen Ostdeutschland!“

Das ist nichts anderes, als eine öffentliche Diskriminierung von Landsleuten live im Sportfernsehen zu hören. Immerhin leben in Ostdeutschland noch über zwölf Millionen Einwohner und die meisten sind trotz Einwanderung noch Ostdeutsche. Aber offensichtlich gibt es für Ossis heute weder Schutz noch Respekt.

Dafür liefert der sonst im vermeintlichen Diskriminierungsfall mit Geldstrafen nur so um sich schlagende DFB eine raffinierte – Ostdeutsche würden jetzt wohl zu Recht sagen – schäbige Begründung für die Straffreiheit solcher Anti-Ost-Hassgesänge:

„Rein auf juristischer Ebene liegt hier allerdings kein Straftatbestand vor, sondern lediglich eine pauschale Meinungsäußerung gegen ein Nicht-Individuum. Eine strafrechtliche Relevanz haben solche Äußerungen nach Erklärung der Juristen nicht. Genauso könnte am nächsten Wochenende beispielsweise jemand rufen ‚Ich hasse Westdeutschland‘, ‚Ich hasse Rheinland-Pfalz‘ oder ‚Ich hasse den Schwarzwald‘ – das Ergebnis wäre rein juristisch gesehen immer dasselbe.“

Daher habe der DFB-Kontrollausschuss bislang auch kein Ermittlungsverfahren eingeleitet, lautet die offizielle Antwort an den Autor – „mit freundlichen Grüßen Ihr DFB-Presseteam“.

Über diese Winkelzüge muss man mal genau nachdenken. Erstens geht es nicht um Einzelne, die „ich hasse Ostdeutschland“, sondern wohl eher weit über Tausende bei der via TV dokumentierten Lautstärke, die „wir hassen Ostdeutschland!“ brüllen – am „Aktionsspieltag gegen Diskriminierung“ des DFB. Hass und Diskriminierung von ostdeutschen Nicht-Individuen straffrei zu stellen, dieser juristische Trick würde bei Herkunftsländern von Flüchtlingen garantiert nicht gelten. Folgt man jedoch dieser kruden Logik könnten frustrierte Fans jetzt in den Stadien wohl auch laut „Wir hassen den DFB!“ skandieren, denn auch hier ginge es ja lediglich um „eine pauschale Meinungsäußerung gegen ein Nicht-Individuum“.

Was würde passieren, wenn „Wir hassen die Ampel“ oder „Wir hassen Palästina“ oder „Wir hassen den Orient“ gerufen wird? Dann wird wohl der Staatsschutz und Geheimdienstchef Thomas Haldenwang (CDU) mit seiner Firma aktiv.

Die Botschaft, die der Deutsche Fußballbund mit seiner Stellungnahme nach außen sendet, dürfte nicht nur für viele Ostdeutsche beschämend sein. Denn der DFB „verurteilt“ den lautstarken und massenhaften Hass gegen Landsleute in einem Bundesligastadion lediglich als „geschmacklos“ oder „total unangemessen“, nicht aber als verletzend, schändlich oder diskriminierend.

Für den Chemnitzer FDP-Bundestagsabgeordneten Philipp Hartewig ein Unding. „Hier wird mit zweierlei Maß gemessen. Wenn der DFB die Maßstäbe der Entscheidungen über die Plakate in Leverkusen oder Dresden ansetzt, muss er auch bei den Schmähgesängen aus Köln aktiv werden“, findet das Mitglied im Sportausschuss des Bundestages gegenüber Tichys Einblick. Vorurteile gegenüber den Ostbundesländern könnten vom DFB nicht einfach abgetan werden.

Dagegen fährt der DFB sofort schwerste Geschütze bei vermeintlicher Diskriminierung von Minderheiten auf. Wie im Herbst 2023 bei Erzgebirge Aue, weil im Meisterschaftsspiel der 3. Liga gegen den HFC Chemie in der 68. Spielminute im Auer Fanblock ein circa 15 Meter langes Spruchband mit der Aufschrift: „Cindy & Roman werden gebeten, ihren Wohnwagen aus dem Parkverbot zu entfernen!“ präsentiert wurde. Zudem wäre aus dem Auer Zuschauerbereich auf der Westtribüne von einer kleinen Gruppe dreimal „Halle ihr Zigeuner“ gerufen worden. Na, das geht ja gar nicht, wo Knorr doch schon seine Zigeunersoße umbenannt hat.

Laut Mitteilung des Kontrollausschusses belegte der DFB wegen „unsportlichen Verhaltens seiner Anhänger“ Erzgebirge Aue mit einer Geldstrafe in Höhe von 23.000 Euro. Der 1. FC Köln geht dagegen wegen kollektiven Hasses seiner Anhänger gegen Millionen Ostdeutsche straffrei aus – so schaut’s aus im besten Deutschland aller Zeiten.

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