Wenn Sie heute Nachrichten hören, wird Ihnen diese Meldung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ins Ohr gehen.
„In Berlin haben die Gedenkveranstaltungen zum Bau der Berliner Mauer vor 62 Jahren begonnen. An der zentralen Gedenkstätte an der Bernauer Straße findet in der Kapelle der Versöhnung eine Andacht statt.“
„Auch an anderen Orten entlang der ehemaligen Grenze erinnern Vertreter aus Politik und Gesellschaft an die Menschen, die bei Fluchtversuchen starben oder getötet wurden.“
Weil viele junge Menschen und West-Bürger das DDR-Regime nicht erlebt haben, folgt noch ein kleiner Erklärsatz hinten dran: „Der Bau der Berliner Mauer hatte am 13. August 1961 begonnen und die deutsch-deutsche Teilung besiegelt. Mindestens 140 Menschen wurden an der Grenze getötet oder kamen ums Leben.“
Klingt beim ersten Hinhören nicht viel, aber besonders für den, der 40 Jahre die SED-Diktatur mit ihrem tödlichen Mauerregime erlebt hat.
Nur 140 Opfer? Kurzes Nachdenken, ah ja, nur die Berliner Mauer sei wohl damit gemeint, aber nicht die tödlich verbarrikadierte 1.400 Kilometer lange innerdeutsche Grenze zum Klassenfeind BRD und die 600 Kilometer entlang der Ostsee.
Denn an der innerdeutschen Grenze zwischen DDR und BRD sowie auf der Ostsee sind die meisten Menschen zu Tode gekommen. „Bis heute gibt es aber keine exakte Zahl der Todesopfer an der innerdeutschen Grenze“, beklagt die Stiftung Berliner Mauer. Sie kritisiert gleichzeitig einseitige Studien wie die von der Freien Universität Berlin. Diese habe lediglich die Zahl von 327 Opfern ermittelt. Die Studie und die ihr zugrundeliegende Kategorisierung sei aber umstritten. Die Stiftung Berliner Mauer geht von mindestens 650 Opfern des DDR-Grenzregimes insgesamt als „Näherungswert“ aus. Diese Zahl beinhalte auch die Menschen, die in der Ostsee zu Tode kamen.
Aber: Bereits vor dem Bau der Berliner Mauer kamen von 1948 bis 1961 mindestens 39 Menschen an der Sektorengrenze zwischen Ost- und West-Berlin ums Leben, so die Stiftung. Obendrein verstarben mindestens 251 Reisende während oder nach Kontrollen an Berliner Grenzübergängen. Ungezählt seien die Menschen, die aus Kummer und Verzweiflung über die Auswirkungen des Mauerbaus auf ihr Leben starben, mahnt die Stiftung Berliner Mauer.
Rund 1.000 Tote an Berliner Mauer und DDR-Grenze
Insgesamt kostete allein das Berliner Grenzregime der SED-Führung 179 Menschen das Leben. Hinzu kommen die 650 Opfer an der DDR-Grenze zur BRD – also insgesamt registrierte 829 Tote. Viele nichtgefundene Tote in der Ostsee sind hier nicht eingerechnet.
Doch blicken wir einmal nachdenklich zurück: Kurz vor dem Ende der deutschen Teilung stand im Westen die Zahl der Opfer wie in Stein gemeißelt unverrückbar fest: 1.000 Mauertote an der DDR-Grenze.
Selbst beim linksausgerichteten Portal Wikipedia ist von 173 Toten an der Berliner Mauer bis 1989 die Rede, und insgesamt von 790 für die gesamte innerdeutsche und Berliner Grenze. Aber auch diese Zahlen sind wegen vermeintlich „neuer Forschungen“ heruntergerechnet. Vor allem linksorientierte Wissenschaftler haben sich bemüht die Opferzahl des SED-Regimes an der DDR-Westgrenze zu minimieren.
Um die Schuld der Rechtsnachfolger der SED alias PDS alias Linkspartei zu mildern? Die Antwort weiß ganz allein der Wind.
In den Studien haben diese „Forscher“ beispielsweise viele anständige DDR-Grenzsoldaten nicht eingereicht, die jedoch in Ausübung ihres schrecklichen Dienstes Selbstmord begangen haben, weil sich nicht auf andere Menschen schießen wollten oder mit dem SED-Regime nicht klarkamen.
Bei den linken Wissenschaftlern hieß es bei ihren Präsentationen scheinheilig, man könne schließlich nicht wissen, warum viele DDR-Grenzsoldaten Selbstmord begangen haben.
Der Trick bei dieser Statistik liegt in den Vorgaben. Es müsse, so die Forschungsprojekte, eine Verantwortlichkeit der DDR-Regierung für jeden Todesfall nachweisbar sein, damit in ihm ein Opfer der SED-Diktatur zu erkennen sei. Man kann ja auch beim Baden in der Ostsee verschwunden sein.
Dabei müsste man diese „Forscher“ nur in eine Zeitmaschine stecken, und sie DDR-Grenzdienst für das SED-Regime verrichten lassen. Dann wüssten sie es, warum Grenzsoldaten oder gefasste DDR-Flüchtlinge Selbstmord begingen.
Besonders die Ostsee wurde zum tödlichen Tor in die Freiheit
Damit nicht genug: Das scheinbar offene Meer wurde nach dem Mauerbau für viele DDR-Flüchtlinge zum Tor zur Freiheit, aber zunehmend zu einem tödlichen Fluchtweg. Zwar gab es auf dem Seeweg zu Westdeutschland, Dänemark und Schweden keine Mauern mit Selbstschussanlagen und Minen, dafür aber meterhohe Wellen und raue Stürme sowie DDR-Schnellboote.
Die knapp 600 Kilometer lange Ostseeküste des SED-Staates war streng bewacht. Es existierte 38 Bewachungstürme für die Strände. Minen-, Räum- und Suchschiffe patrouillierten zwischen Mecklenburger Bucht und Stettiner Haff. Zur 6. Grenzbrigade der DDR gehörten tausende Soldaten.
Trotzdem wagten tausende Menschen den Weg übers Meer. Viele mehr als die bislang zugestanden 189 Toten kamen dabei ums Leben, weil man die Leichen der Flüchtlinge einfach nicht gefunden hat. Sie ruhen bis heute im Meer und werden von der Opfer-Statistik somit nicht erfasst.
Mit Geschichten und Opferzahlen haben sich nach dem Mauerfall Bodo Müller und seine Frau Christine in ihrem Buch „Über die Ostsee in die Freiheit“ beschäftigt. Bodo Müller versuchte 1985 selbst über die Ostsee zu fliehen. Doch er scheiterte und landete im berüchtigten Rostocker Stasi-Gefängnis.
Nach ihren Recherchen gab es zwischen dem Bau der Mauer im August 1961 und dem 9. November 1989 etwa 5.600 Fluchtversuche über die Ostsee, und dies „unter den unmöglichsten Bedingungen, teilweise schwimmend, mit Luftmatratze, mit Kanu, mit Faltboot“ oder Surfbrett und kleinen selbstgebauten U-Booten.
901 DDR-Bürger seien auf diesem Weg in die Freiheit geflüchtet. Mindestens 174 kamen in dieser Zeit ums Leben, 15 wohl schon vor dem Mauerbau. Doch es sind sicher sehr viel mehr, deren „tatsächliche Zahl“ laut den Müllers „wohl nie ermittelt werden kann. Man könnte hinzufügen – auch nicht mehr ermittelt werden sollen.