Tichys Einblick
Pressekonferenz des VDA

Autoindustrie-Krise: Mit Vollgas geht‘s bergab

Auf seiner letzten Pressekonferenz hat Automobilverbandschef Bernhard Mattes nichts gutes zu verkünden. Beschäftigung und Absatzzahlen drehen ins Minus. Zum schwachem Weltmarkt kommen die Vorgaben der Klima-Politik.

© Steffi Loos/Getty Images

Die Wirtschaftskrise kommt, der Automarkt hat weltweit den Rückwärtsgang eingelegt. Der Absatz sinkt nicht nur in den USA, China oder Europa, sondern auch im Auto-Mutterland Deutschland. Der Stellenabbau verschärft sich jetzt in hohem Tempo „im besten Deutschland aller Zeiten“ (CDU-Parteitag).

Der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie Bernhard Mattes kommt bei seiner letzten Jahres-Pressekonferenz als Präsident des Verband der Automobilindustrie (VDA) schnell auf den Punkt. Er spricht gleich zu Beginn über die „anstehende Herausforderung“, er hätte auch die akute Krise der weltweiten Autoindustrie sagen können. „Der Weg wird steil, steinig und beschwerlich. Der Wettbewerb wird härter, der Gegenwind rauer,“ verkündet Mattes deutlich, bevor er sein Präsidentenamt zum Jahresende aufgibt. Seine Nachfolgerin wird 2020 Angela Merkels frühere Kanzleramtschefin Hildegard Müller.

Die Aussichten für Müller als neue VDA-Chefin und vor allem für hunderttausende Beschäftigte sind düster. In einen Satz fasst Mattes zusammen, was auf der deutschen Kernindustrie lastet: „Ein fundamentaler Strukturwandel mit enorm hohen Investitionen – bei nachlassender Marktdynamik.“ Kurz: Alles ökonomisch Schlechte kommt durch Wirtschaftskrise und EU-Klimadiktat mit einem Mal zusammen.

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Die Folge: Entlassungen, Stellenabbau, Kurzarbeit und keine Verlängerung von befristeten Arbeitsverträgen. Deutsche Autohersteller stellen ihren Arbeitsbetrieb von drei auf zwei Schichten um. Zum letzten Mal wird ein VDA-Chef einen Grafikbalken mit 835.300 Beschäftigten (Stand September) gezeigt haben. Schon zum Jahresende sollen es nur noch 834.000 sein. Von nun an geht es rasant bergab. Mattes rechnet allein im Bereich der automobilen Antriebsstränge mit einem Verlust von 70.000 Arbeitsplätzen durch Elektromobilität und Markteinbruch.

Die Daten des Abschwungs sprechen eine unerbittliche Sprache:

Linderung ist nicht in Sicht: Die Talfahrt setzt sich 2020 fort.

Deutsche Autobauer fahren in die Krise

Stellenabbau allewege
Autoindustrie: weiter bergab
Zwar sind die deutschen Autobauer in diesem Jahr noch mit einem blauen Auge davongekommen. Im Gesamtjahr 2019 wird der Inlandsmarkt um 4 Prozent auf 3,57 Mio. Pkw-Neuzulassungen steigen. Aber das ist mit Sicherheit der letzte Höchststand in diesem Jahrzehnt. Umso härter trifft sie die Krise in den nächsten Jahren. 2020 gehen die Pkw-Neuzulassungen auf 3,43 Mio. runter, macht -4 Prozent. Doch es kann noch schlimmer kommen. Auto-Produktion und -Export spüren den Rückgang der Auslandsmärkte. Denn drei von vier Autos, die wir in Deutschland produzieren, gehen noch in den Export. Das heißt: Der Inlandsmarkt kann die Schwäche der Auslandsmärkte nicht kompensieren. Der VDA rechnet deswegen 2019 mit einem Exporteinbruch von beachtlichen -12 Prozent auf 3,5 Mio. Pkw. Dadurch wird auch die Inlandsproduktion 2019 mit 4,7 Mio. Pkw gleich um 8 Prozent sinken im Vergleich zum Vorjahr (5,1 Mio.).

Noch schlimmer sieht der Abwärtstrend im Zwei-Jahres-Vergleich aus: Im Zeitraum 2017 bis 2019 geht die Pkw-Inlandsproduktion um fast 17 Prozent oder 935.000 Einheiten zurück – von gut 5,6 Mio. auf 4,7 Mio. Fahrzeuge. Ähnlich düster sieht es beim Export aus: Gegenüber 2017 verringert sich die Ausfuhr 2019 um 864.000 Autos – von knapp 4,4 Mio. auf 3,5 Mio. Ein Rückgang um satte 20 Prozent!

Obendrein verschärft die Wirtschafts- und Klimapolitik von Bund und Europa die Krise der Autoindustrie. Darauf müssten die Verantwortlichen jetzt eigentlich reagieren, findet Mattes.

Erstens sei eine Reform der Unternehmensbesteuerung notwendig. Kapitalgesellschaften in Deutschland hätten derzeit eine Ertragssteuerbelastung von 31,7 Prozent. Das sei deutlich höher als der weltweite Durchschnitt (2018: 24,7 Prozent). Steuerpolitik müsse wieder Standortpolitik werden.

Zweitens lasten enorme Energieabgaben auf den Betrieben: Die Strompreise (inklusive aller Abgaben und Steuern) für die Industrie sei im europäischen Vergleich zu hoch und gegenüber den USA noch höher. 52 Prozent des Strompreises seien Steuern, Abgaben und Umlagen, lediglich 48 Prozent entfallen auf Strombeschaffung, Netzentgelte und Vertrieb. Größter Brocken dabei ist die EEG-Umlage, die 96 Prozent der Industrieunternehmen wie die Automobilhersteller in voller Höhe bezahlen müssen. Deutschland hat den teuersten Strom der Welt.

Drittens sei die Produktion zu teuer: Deutschland weist im internationalen Vergleich die höchsten Arbeitskosten in der Automobilindustrie auf (2018: 54 Euro/Stunde). Der Abstand zum zweitplatzierten Schweden habe sich weiter vergrößert.

Eine gute Botschaft für Lkw und Nutzfahrzeuge auf den Weltmärkten gibt es 2020 auch nicht – im Gegenteil. Auch hier schlägt die Autokrise in voller Härte zu. Allein für den westeuropäischen Markt rechnet der VDA 2020 mit einem Rückgang um 15 Prozent. Deutschland fährt bei Trucks ein Minus von 12 Prozent ein. Beim US-Markt für schwere Lkw wird 2020 ein satter Rückgang um 16 Prozent erwartet. Der chinesische Nutzfahrzeugmarkt ist bereits in diesem Jahr rückläufig (-6 Prozent) und bricht 2020 mit einem erneuten Minus von -5 Prozent ein.

Fazit: Diese sich verschärfende Automobilkrise kostet vor allem Deutschland und Europa hunderttausende Arbeitsplätze. Aber Grüne und SPD wollen die Energie- und Klimapolitik weiter verschärfen. Und wer weiß, ob die Union hier noch Stand halten kann oder will, denn sie ist ja dabei auch ein treibender Motor.


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