Tichys Einblick
Flächendeckender Lärm

Wie krank machen Windräder durch Infraschall?

Erst eine flotte Entwarnung durch Wirtschaftsminister Peter Altmaier, dann doch wieder ernsthafte Bedenken durch Mediziner: Unzweifelhaft erzeugen Windkraftanlagen Infraschall. Wie gefährlich sind diese kaum hörbaren Druckwellen wirklich?

IMAGO / Rupert Oberhäuser

Hundert Dezibel statt 64 Dezibel? Das war die Frage, für die sich Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier dafür entschuldigt, dass von zu hohen Werten die Rede war. Es geht um Infraschall, jenen dumpfen Schall, den Windräder produzieren. Der setzt sich fort in jene tiefen Bereiche, die das menschliche Hörvermögen nicht mehr erkennen kann. Der ist dennoch vorhanden und schädigt erheblich Körper und Zellen.

Alles nicht so schlimm mit den riesigen Windrädern, wollte Altmaier ausdrücken, er hoffe sehr, dass Anwohner »eine gewisse Erleichterung« verspüren. Doch der Schalldruck ist weiterhin vorhanden, sie müssen mit den zunehmenden Gesundheitsschäden durch die Windindustrieanlagen leben. Die immer größer werdenden Anlagen produzieren überdies immer stärkeren Infraschalldruck. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) habe Schallbelastungen durch Windindustrieanlagen fehlerhaft berechnet. Darunter habe die Akzeptanz von Windanlagen gelitten, sagte Altmaier.

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Die BGR wies in einer Stellungnahme darauf hin, dass die Messungen aus einer Untersuchung aus dem Jahr 2004 stammt. Damals sollte die BGR im Rahmen der Überwachung des internationalen Kernwaffenteststoppvertrages (CTBT) den Störeinfluss von Windrädern auf hochempfindliche Infraschall-Stationen untersuchen. Die betreibt die BGR zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Rahmen des CTBT. Bei dieser Untersuchung ging es, so betont die BGR ausdrücklich, nicht um die Auswirkungen von Infraschall auf Menschen. Bei einer Umwandlung von ursprünglich berechneten Ergebnissen in eine in der Akustik gängigen Größe, so die BGR weiter, sei ein systematischer Fehler unterlaufen: »Dabei wurden sowohl die WEA-Störsignale als auch die für die BGR-Messaufgabe maßgeblichen Signale gleichermaßen um 36 Dezibel überschätzt.« Ab Mai würden neue Messungen an »modernen Windanlagen« vorgenommen.

Altmaiers schnelles Fazit jedenfalls: Eine falsche Programmierung sei schuld an Berechnungen, die einen falschen Eindruck von der Gefahr des Infraschalls von Windanlagen vermitteln würden. Nicht klar wurde, wen Altmaier um Entschuldigung bittet. Windindustrie? Anwohner und Geschädigte von Windanlagen?

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Auf die Diskussion der Abstände von Windrädern habe dies keinen Einfluss. Die ehemalige Grünen-Chefin Simone Peters sitzt jetzt auf dem Chefsessel des Bundesverbandes Erneuerbare Energie und sieht laut Welt einen Beleg für die gesundheitliche Unbedenklichkeit von Windkraftanlagen.

Altmaier kann sich mit seinem Kotau (»Es tut mir sehr leid, dass falsche Zahlen über einen langen Zeitraum im Raum standen«) aber nicht über die handfesten belegten Tatsachen hinwegdienern.

Denn widersprochen hatte in einem Interview der WamS der Direktor der Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie an der Universität Mainz, Christian-Friedrich Wahl. Er leitet die »Arbeitsgruppe Infraschall« und erforscht seit langem die Wirkung auf Organe und Zellen. Er lässt aufhorchen: »Nach der BGR-Korrektur werden die Beschwerden der Betroffenen nicht mehr im Bereich von größer 90 Dezibel geäußert, sondern bereits im Bereich zwischen 60 und 70 Dezibel.« Denn der tatsächliche Infraschalldruck bleibt gleich, die Gesundheitsschäden ebenso. Weiterhin seien die Anlagen der Windindustrie viel größer als vor 20 Jahren, deswegen müssten dringend neue Untersuchungen über die größeren Auswirkungen dieser gigantischen Windräder gemacht werden. Die erzeugen deutlich höhere Infraschalldrücke mit entsprechend gefährlichen Auswirkungen auf Organe und Körperzellen.

Die teilweise 200 Meter hohen Anlagen der Windindustrie überziehen das Land mit einem deutlichen Schallteppich, der von der unteren Hörgrenze bis in den nicht hörbaren Bereich reicht. Doch unser Körper spürt ihn. Biologe Wolfgang Müller hat in seinem Buch »Krankmacher Windkraftanlagen? – Auswirkungen des Infraschalls auf unsere Gesundheit« die wesentlichen Ergebnisse aller weltweiten Untersuchungen zusammengefasst.

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Denn es gibt molekulare Mechanismen, mit deren Hilfe Körperzellen mechanische Kräfte erfassen und biochemische Vorgänge in den Zellen anstoßen. Auch Infraschall der Windräder gehört zu solchen mechanischen Kräften. Das bedeutet: Der Körper reagiert äußerst sensibel auf Druckereignisse auch ohne, dass wir es direkt merken. Die Wirkungen machen sich auf längere Zeit bemerkbar.

Es sind Schwankungen des Luftdruckes, die zersetzend wirken. In höheren Schwingungsbereichen nehmen wir sie als akustische Ereignisse wahr wie Sprechen, Musik und Geräusche. Unterhalb einer Schwelle von etwa 20 Hertz können wir sie nicht mehr hören, sie sind dennoch vorhanden und wirken sich auf den Organismus aus. In diesen niedrigen Frequenzbereichen haben diese Schallschwankungen zudem sehr unangenehme Eigenschaften: Sie pflanzen sich über weite Strecken nahezu ungehindert fort. Die werden über weite Strecken bis zu 20 Kilometer in der Luft übertragen. Sie werden zum Beispiel nicht durch Wände abgeschirmt. Deswegen nutzt es Anwohnern nichts, sich in abwärts gewandte Räume zurückzuziehen. Infraschall dringt dennoch hindurch.

Die gleichmäßigen Druckschwankungen entstehen beim Passieren eines Windradflügels am Turm. Hier ändern sich kurz die Druckverhältnisse am Rotorflügel und setzen sich als Welle fort.

Wer neben einem Windrad gestanden hat, wundert sich darüber, wie laut es ist. Nicht nur das Rauschen der Rotoren, sondern auch der Lärm aus dem Maschinenhaus an der Spitze ist zu hören. Doch außer diesen hörbaren Maschinengeräuschen emittieren Windenergieanlagen auch tieffrequenten Schall und Infraschall.

»Die Druckschwankungen pflanzen sich bis in die Hohlräume fort, denn die stehen mit der Außenwelt in Verbindung. Diese tieffrequenten Druckschwankungen wirken sich auf auf die festen Strukturen und Gewebe aus. Darin sind nämlich zahlreiche Rezeptoren, die auf kleinste Luftdruckschwankungen reagieren können.«

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Ständig wird das extrem empfindliche Trommelfell und Mittelohr in Mitleidenschaft gezogen. Müller schreibt: »Im Mittelohr messen ständig Rezeptoren den momentan herrschenden Luftdruck, damit ihn das Gehirn mit den Druckschwankungen der Schallwellen verrechnen kann. Dieser Verarbeitungsprozess ist unerlässlich für das Einschätzen und Vergleichen verschiedener Lautheitsempfindungen.« So wird auch das extrem empfindliche Gleichgewichtsorgan durch die Druckschwankungen des Infraschalls in Mitleidenschaft gezogen.

Nach diesen Altmaierschen Entschuldigungen und den neuen politisch angepassten »wissenschaftlichen« Aussagen, dass alles nur halb so schlimm ist, kann es weitergehen mit dem unsinnigen Windradausbau in Feld, Wald und Flur. Die Steuermilliarden können weiterhin in die Windindustrie fliessen. Allein 1000 neue Windräder sollen Baden-Württemberg gebaut und das Land mit einem Schallteppich überziehen, hat gerade die neue alte Koalition in Stuttgart beschlossen.

Gesundheitsschäden hin – Gesundheitsschäden her.


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