Tichys Einblick
Gegen Klimaketzer

Konstanz rettet das Weltklima und schafft Seenachtfest ab

Konstanz hat seit den Gemeinderatswahlen vor zwei Wochen einen deutlich grüneren Gemeinderat, der schwarze Oberbürgermeister will 2020 wieder gewählt werden und versucht, die Grünen grün zu überholen.

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Die Konstanzer machen ernst mit der Weltrettung. Sie schwören Lust und Laster ab und wollen jetzt als erstes einmal eine der größten Festlichkeiten beenden, das legendäre Seenachtfest.

Der Südkurier, der als erster darüber berichtete, warnt seine Leser, dass es sich bei der Geschichte nicht um einen Witz über Klimanotstand handelt: »Achtung, kein Klimanotstand-Witz: Das Konstanzer Seenachtsfest wird dieses Jahr wohl zum letzten Mal in bekannter Form stattfinden.«

Es ist auch kein verspäteter April-Scherz. Die Stadt arbeitet tatsächlich an der vorzeitigen Auflösung der Verträge mit dem Veranstalter. Ein Sprecher der Stadt bestätigte gegenüber dem SWR, dass Gespräche zwischen der Stadt und dem privaten Veranstalter stattfinden. Ziel: den Vertrag vorzeitig aufzuheben.
35.000 Besucher feierten im vergangenen Jahr das Konstanzer Seenachtsfest. Comedy, Live Musik und viele Aktionen und eine riesige »Hocketse« – so wird seit 67 Jahren am Bodensee zur Freude und zum Wohlgefallen aller gefeiert.

Bis, ja, bis einige »Fridays-for-Future«- Kiddies dem Glauben verfielen, das Weltklima gleichermaßen am Bodensee retten zu müssen. Jetzt ist auch der Oberbürgermeister der Auffassung, es passe nicht mehr nach Konstanz. Bereits in diesem Jahr soll das Fest in verkleinerter Form stattfinden – danach überhaupt nicht mehr.

Höhepunkt des Festes war immer ein riesiges, großartiges Feuerwerk, das sich prächtig über dem Bodensee entfaltete mit glänzenden Spiegelungen auf der Wasserfläche. Weg damit. Zu viel CO2 und der Feinstaub gar. Das soll, so verspricht es die Agentur, »klimafreundlicher« gestaltet werden, ohne zu verraten, wie das gehen soll.

Oberbürgermeister Ulrich Burchardt ist übrigens von der CDU und brachte seine Stadt vor kurzem in die Schlagzeilen, in dem er mit dem Gemeinderat den »Klimanotstand« für die Stadt beschloss – ohne rot zu werden.

Konstanz hat seit den Gemeinderatswahlen vor zwei Wochen einen neuen deutlich grüneren Gemeinderat, der Oberbürgermeister will im kommenden Jahr wieder gewählt werden und versucht offenbar, die Grünen grün zu überholen. Er zeigte sich auch schon gemeinsam mit den »Fridays for Future«- Kindern besorgt um das künftige Klima.

Er hat ihnen allerdings nicht auf die Finger geklopft und ihnen ihre Handys, Tablets und Spielecomputer nicht weggenommen. Das wäre ein erster konkreter Schritt zur Welt-Klimarettung – und sofort machbar. Wir haben ja keine Zeit. Immerhin verbrauchen sämtliche Handys auf der Welt den Strom von 14 großen Kraftwerken.

In Konstanz wurde bekanntlich schon einmal so etwas wie die Welt gerettet beziehungsweise heftig um eine Vormachtstellung gekämpft. Vor 600 Jahren fielen hunderte von Klerikern, tausenden Köchen, Dienern, Gehilfen und zehntausende von Kurtisanen in die damalige Reichsstadt am Bodensee ein. Vier Jahr lang dauerte dieses Konzil von Konstanz (1414-1418), bei dem um reine Lehre, Vorherrschaft von Glaubens- oder weltlicher Macht gestritten wurde. Gleichzeitig sollte Ketzerei bekämpft werden. Der tschechische Prediger Jan Hus wendete sich gegen eine verweltlichte Kirche, wetterte heftig gegen Lasterhaftigkeit, Lebensgefühl und Mode und wollte nur die Bibel anerkennen, nicht aber Papst und Bischöfe. Die Unfehlbarkeit des Papstes war ihm ein Graus. Irgendwann wurde es seinen Feinden beim Konzil zu viel, sie ließen ihn festnehmen und kurzerhand auf dem Schindanger in Konstanz 1415 verbrennen. Mit Ketzern kennt man sich in Konstanz aus.

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