Leser Thomas Hellerberger nahm den Beitrag „Die EZB irrt: Die aktuellen Preissteigerungen sind nicht nur vorübergehend“ zum Anlass einer sehr grundlegenden Betrachtung. Diese könnte meiner Meinung nach gewinnbringend fortgesetzt werden. Ich bin neugierig, ob das andere auch so sehen. Denn nichts wird von allen Seiten – und darunter den Grünen am meisten – mehr ausgespart als die Frage, wie soll das mit der Asyleinwanderung weitergehen. Chris Veber hat das in einem kurzen Beitrag angetippt, aber auch bei TE ging das eher unter. Bei all den aktuellen, tagespolitischen Ereignissen bleibt leider wenig Aufmerksamkeit für Grundlegendes. Vielleicht kann ich ein paar anstiften, hier öfter mitzudiskutieren. Am besten auf der wiederholten Suche nach neuen Wegen statt guten Analysen allein. Fritz Goergen.
Auch TE und seine Autoren haben ihre blinden Flecken, teils weil sie das nicht so sehen wollen, teils weil es auch gegen ihr eigenes kulturelles Daseinsbewusstsein verstieße. Dabei gibt TE dankenswerter Weise Gunnar Heinsohn, meines Wissens einer der wenigen, die Demographie über eine Reproduktionsstatistik hinaus betreiben und sich mit politischen Implikationen von Geburtenraten beschäftigen, ab und zu Raum. Doch leider beschränkt der das in erster Linie auf seinen Kriegsführungsindex.
Es ist natürlich für Kurzfristeffekte völlig richtig, dass monetäre Staatsfinanzierung durch die EZB und das stete Ausweiten der Geldmenge (das sich längst von der Realwirtschaft angekoppelt hat) inflationstreibend wirkt. Doch diese Sichtweise, die impliziert, würde man zu konservativer Geldpolitik zurückkehren, wozu auch der Ausstieg aus dem Euro oder die Einführung eines ClubMed-Euros gehörte, würden sich die Dinge wieder normalisieren so „wie früher“, verkennt die unterliegenden Probleme der westlichen Volkswirtschaften – und, das halte ich für wichtig – auch zunehmend der ostasiatischen.
Als eine wichtige Folge zerbrach das in der sehr von Distanz und unausgesprochenen Tabus geprägten Kultur Japans komplizierte Verhältnis zwischen den Geschlechtern, was einer der Hauptgründe für die extrem niedrige japanischen Geburtenrate ist. Auf eine typische westliche Eheanbahnung ließen sich die Japaner nicht ein, aber die alte japanische existierte nicht mehr. Die Kompensationsleistung dafür, der „Salaryman“ mit 15-Stundenarbeitstag in übervollen Zügen, machte dann das japanische Wirtschaftswunder möglich und legte zugleich den Keim für die Stagflation seit den späten 1980er Jahren.
Solange noch ausreichend junge Menschen der fertilen Generationen vor 1945 zur Verfügung standen, und weitgehend befreit von Aufwendungen für Streitkräfte, die zuvor wesentliche Teile des japanischen Wirtschaftsproduktes gebunden hatten, gelang den Japanern dann ein beispielloser wirtschaftlicher Aufstieg, Toyota, Minolta, Nissan, Sony, you name it. Natürlich profitierte Japan davon, daß die USA rund 20 Jahre vor ihnen in die Phase des dekadenzgetriebenen Bildungsverfalls und der Deindustrialisierung eintraten, so konnten zum Beispiel sie weitgehend die Massenautoproduktion von Detroit übernehmen. Doch dieses Geschäftsmodell kommt dann an eine Grenze, wenn der ehemalige Produzent, der nun nur noch Konsument und Abnehmer der fremden Güter ist, sich nicht mehr verschulden kann, um damit die eingeführten Güter zu bezahlen. China macht seit ein paar Jahren nun die gleiche Erfahrung mit elektronischen Gütern – die USA sind nicht länger auszuplündern. Europa wird folgen.
Dieses Phänomen der negativen Geburtenraten gibt es auch in Europa und Nordamerika, also überall da, wo Frauen männliche Lebenskonzepte übernommen haben. Die westlichen Gesellschaften lösen dieses Problem scheinbar dadurch, indem sie ungeborene eigene Kinder mit Einwanderern zu ersetzen versuchen, so passierte im Westen ein Bevölkerungsaustausch in einer Größenordnung von je nach Land 20 bis nahe 50 Prozent. Doch da die Zuwanderung immer durch Erwachsene erfolgt und eben nicht durch die fehlenden Kinder, können die Einwanderer das Defizit an Geburten nicht ausgleichen, verfallen vielmehr meistens in ähnliche Reproduktionsschemen wie die Einheimischen. Gleichzeitig entstehen ungemütliche multikulturelle Gesellschaften mit hohen inneren Spannungen und Verteilungskämpfen um wirtschaftliche und kulturelle Binnenhegemonie. Der verzweifelte Versuch, durch immer mehr Einwanderung Linderung zu erreichen, macht alles nur schlimmer – Ähnlichkeiten zu einer Drogensucht sind nicht nur rein zufällig.
Was aber bleibt, ist die Überalterung. Und die hat Folgen. Wenn jede Generation um ca. 30 Prozent abnimmt, führt das nicht nur zu einer linearen Selbstreduktion. Gleichzeitig nimmt anteilig die Anzahl von Alten und Hochbetagten immer mehr zu. Kamen früher fünf junge Deutsche auf einen im Seniorenalter, so werden es schon am Ende dieses Jahrzehnts einer auf einen sein. Dabei wird der Senior immer älter und tritt am Ende seines Lebens, manchmal sogar über viele Jahre, als Pflegebedürftiger teilweise ohne Kinder oder Angehörige auf, von seinem Anspruch auf meist jahrzehntelange monetäre Alimentation abgesehen.
Hier liegen die Ursachen für die produktive und innovative Stagnation der Deutschen wie der Japaner und bald auch Chinesen. Nicht alles läßt sich auf die Demographie herunterbrechen, doch sie steht am Anfang von allem. Man kann daher sogar den Euro abschaffen, daß Deutschland ein überfremdetes Land „germanischer” Greise und junger Muslime wird, ändert man damit nicht, und nicht, welche Folgen das hat. Von der Notenbank kann man hierauf keine Antworten erwarten, sie ist nur eine Institution von Adlaten des Systems, die sie finanzieren soll.
Den Weg aus der Selbstextinktion des Westens wird man ohne eine grundsätzliche Diskussion unserer Lebensweise nicht finden können. Insgeheim haben das die jungen FFF-Kids sogar begriffen, auch wenn sie, so wie sie erzogen wurden, nur glauben, mit sozialistischer Askese ließe sich alles überwinden. Doch aus den Verheerungen des Wohlstandszyklus wollen sie ja gerade nicht heraus, zu verlockend das, worin sie aufgewachsen sind. Daher wird es bis zum bitteren Ende so weiter gehen. Die Drogen sind noch viel zu billig und viel zu leicht verfügbar.