Erinnern Sie sich noch an den Koalitionsvertrag, liebe Leser? Das waren die 5 Tonnen Gutmenschenphilosophie, Euromantik und Küchenökonomie auf 160 Seiten salbadernde Sprache abgefüllt, die wir alle viel zu wenig ernst genommen haben. Das Ding hätte ich vor ein paar Monaten gründlicher lesen sollen, dann wäre mir aufgefallen, dass die Kanzlerin den Deutschen damit gedroht hat, das Thema Digitalisierung zur Chefsache zu machen. Jetzt ist es dafür fast zu spät, denn Merkel hat ihr schwerstes Geschütz in der Sache in Stellung gebracht: Die Gerechtigkeit.
Und die Munition liegt auch schon daneben: Das Steuerrecht, Merkels liebstes Instrument zur Herstellung derselben. Das geht im Kanzleramt wie am Fließband, kann ich Ihnen sagen. Ständig neue sozialistische Produktionsrekorde für in Flaschen abgefüllte Gerechtigkeit! Das geht nur so hopp, hopp, hopp!
Hä? Digital? Gerechtigkeit? „Wie geht denn das zusammen?“ werden Sie sich jetzt fragen.
Digitale Gerechtigkeit geht nämlich laut Kanzlerin wie folgt: Die bösen Internetkonzerne verdienen an den Daten, die wir, ihre Nutzer ihnen liefern, Milliarden. Und dann zahlen sie dafür noch nicht mal Steuern, weil sie sich dank derselben Milliarden die besten Anwälte und Steuerberater leisten können, die das Ausbildungssystem des Planeten hergibt und alles nach Irland verschieben, wo sie willige Helfershelfer finden, das niedrige Unternehmenssteuern gut für die Wirtschaft sind. Und die Nutzer, denen die Daten gehören, die gehen auch leer aus. So geht’s ja nicht! Haltet den Dieb!
Steuern schaffen Gerechtigkeit, Krieg ist Frieden, Hass ist Liebe
Es ist somit natürlich völlig klar, dass dies eine Frage der Gerechtigkeit ist. Die ist massiv in Gefahr, wenn nicht schon dem Meuchelmord der Silicon Valley Verschwörer von Google, Facebook und Twitter zum Opfer gefallen. Daraus folgt zwingend, dass dem unmündigen Bürger die Hilfe des Finanzamtes zur Seite gestellt werden muss, um der Gerechtigkeit Genüge zu tun. Und Merkels genialer Gedanke und zündende Idee ist – na, liebe Leser, macht`s schon Klick? – dass in Zukunft Daten besteuert werden sollten. Nein, Sie haben sich nicht verlesen, die Königin Europas möchte Daten besteuern.
Das ist, als würde man die Fenstersteuer des 16. Jahrhunderts wiederbeleben, damit die Leute ihre Guckluken zumauern (frühe Form des Steuersparmodells im Bauherrenbereich) und sich so nicht mehr aus dem Fenster stürzen können, um sich auf der Flucht vor dem Steuereintreiber das Leben zu nehmen.
Daten sind das Rohöl der Zukunft
Besteuern wir also die Daten in unserem aufstrebenden Silicon Germany. Damit schlagen wir gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Gerechtigkeit und Kohle. Gehen wir also an die Arbeit und überlegen uns, wie wir das machen könnten. Hier dazu ein paar Vorschläge:
Vorschlag 1: Die Quellensteuer. Wir besteuern die Daten dort, wo sie entstehen. Also beim unmündigen Verbraucher, dessen Nutzenfunktion und Verhaltensparameter die Zahlen unfreiwillig beim Gebrauch von Suchmaschine und Social Media ausspucken. Dieser arme kleine Wicht erzeugt etwas von Wert und liefert es, gewissermaßen im Zuge einer nicht angemeldeten scheinselbständigen Tätigkeit an die Internetkonzerne. Dafür bekommt er die kostenlose Nutzung dieser Produkte und also einen geldwerten Vorteil. Hat er den bisher denn versteuert? Nein! Und der Riesenvorteil: Er kann uns nicht entkommen, indem er bei jeder Nutzung vorher schnell mal nach Irland fliegt. Nachteil: Das werden die Bewohner von Cyberspace-Germania für ungerecht halten, im schlimmsten Fall gibt es einen kleinen Facebook-Shitstorm. Papperlapapp! Gerechtigkeit wird eh überschätzt, wenn es um fiskalische Bedürfnisse geht. Die Option bleibt erst mal auf dem Tisch.
Vorschlag 3: Die Datenpauschalsteuer, am besten auf europäischer Ebene. Wir schätzen einfach, wie viele Bits und Bytes an Daten die Kracke hier abgreift, hauen eine Steuer von X Euro pro Gigabit drauf und lassen das Ganze von Jean-Claude Busselweltmeister Juncker administrieren. Vorteil: Damit können wir dann die Fiskalkapazität für Emanuels Eurofinanzminister herstellen und das Ganze dann auch noch in protektionistischer Manier auf die Amis abwälzen. Nachteil: Schauen wir mal, wie Trump das findet und wie es sich anfühlt, wenn Google im Konzert mit Facebook, Twitter und was da sonst an Datensammlern in Kalifornien frei (!) rumläuft mal für eine paar Tage seine Dienste in Eutopia abstellt.
Vorschlag 4: Wir sehen ein, dass wir die Datenkraken aus dem ungerechten Trumpistan nicht zu fassen kriegen und konzentrieren uns bei der Besteuerung von Festplatten auf die heimische Digitalindustrie. Da wird uns schon eine Bemessungsgrundlage für einfallen. Vorteil: Heiko „ich zensiere sogar die Tonlage eurer Verdauungsgeräusche“ Maas wird bei seinem nächsten Besuch in Washington nicht in einen Schuhkarton gepackt und per Elon-Musk-Rohrpost nach Gitmo verfrachtet. Nachteil: Eine heimische Datenindustrie, die mehr kann als Fingerabdrücke beim BAMF zu katalogisieren und dann datenschutzrechtlich zuverlässig der Löschung zuzuführen wird wohl nicht entstehen und was schon da ist, wird sich schleunigst auf den Weg in die verhassten USA machen.
Andererseits: Wer würde angesichts der ökonomisch vollkommen debilitätsbeladenen Energiewende, der leistungsfeindlichen Besteuerung des deutschen Mittelstands, der von jeder wirtschaftlichen Ahnung befreiten Eurorettungspolitik und der kompletten Unfähigkeit, begangene Fehler einzusehen und zu korrigieren von dieser Kanzlerin etwas anderes erwarten, wenn es um die Schlüsselfrage unserer künftigen Wettbewerbsfähigkeit in der Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts geht? Ihre Drohung, das Thema zur Chefsache zu machen, war wohl wirklich ernst gemeint.
PS: Für künftige Manifestationen der wirtschaftspolitischen Ahnungslosigkeit und der sozialistischen Wieselworte aus Ihrem Munde verspreche ich getreu dem Zitat eines Mannes, der mit dem Thema Grenzöffnung viel Positives für unser Land bewirkt hat, dass es hier bei Tichy dazu einen Kommentar gibt. Die FAZ fällt ja dafür leider vorläufig aus. Seine Worte lauteten: „Nach meiner Kenntnis gilt das sofort, … unverzüglich.“