Objektiv lässt sich daran nicht rütteln: Die AfD ist die erfolgreichste Neugründung seit 1949. Keine andere Partei – weder die Grünen noch die PDS/SED – hat so schnell so viele Stimmen gewonnen und so viele Mandate errungen wie sie. Von 4,7 Prozent bei der Bundestagswahl 2013 jetzt auf 12,64 Prozent und eine Erfolgsserie bei 14 Landtagswahlen hintereinander – das hat noch keine neue Partei geschafft.
Das Entsetzen über den Vormarsch einer Partei, in der neben Nationalkonservativen auch Rechtsradikale, Völkische und Antisemiten eine Heimat haben, ist groß – bei den etablierten Parteien und vor allem im linken Lager. Denn dort gelten – in linker Logik – nur linke Radikale als gute Radikale. Die AfD-Gegner und gleichzeitigen Opfer derer Erfolge finden seit dem 24. September Trost in der der Aussage, „87 Prozent haben nicht AfD gewählt“. Was mathematisch zweifellos stimmt.
Nutznießer der Aufregung über die AfD-Siegesserie ist groteskerweise Die Linke. Mit der 87-Prozent-Formel wird die umbenannte und reformierte SED klammheimlich in den Kreis der demokratischen Parteien aufgenommen. Wenn die „Guten“ zum Kampf gegen die „Bösen“ aufrufen, zählen die Links-Genossen jetzt automatisch zu den Guten: eine abermalige Ent-SED-isierung.
Mit ihren chauvinistischen, Anti-EU und ausländerfeindlichen Positionen stellen sich führende AfD-Politiker außerhalb dessen, was in diesem Land die „Gemeinsamkeit der Demokraten“ ausmacht. Dasselbe tun Linke-Politiker, wenn sie den Unrechtscharakter der DDR unverändert leugnen, die sogenannten Reichen teil-enteignen wollen und die Demokratie insofern einzuschränken versuchen, indem sie beispielsweise gewalttätige Aktionen der „Antifa“ wohlwollend kommentieren. Im „Kampf gegen rechts“ ist aus linker Sicht alles erlaubt. Bei allen Unterschieden gibt es auch verblüffende Gemeinsamkeiten zwischen ganz Linken und ganz Rechten: Unverhohlene Sympathien für Moskaus Expansionspolitik sowie Skepsis und Feindseligkeit gegenüber den USA. Selbst beim Thema Flüchtlinge gibt es zwischen dem Wagenknecht-Flügel und der AfD erstaunliche Überschneidungen.
In den nächsten vier Jahren werden sie gemeinsam in der Opposition sitzen, Die Linke und die AfD. Sie werden nicht nur die neue Regierung bekämpfen, sondern sich auch gegenseitig nichts schenken. Doch bei allen Unterschieden haben sie einen gemeinsamen Feind: unsere offene Gesellschaft, unsere europäische Orientierung und unsere enge Bindung zum gesamten Westen. Es sind eben nicht nur ein paar Versprengte, die eine andere Republik wollen, sondern 22 Prozent der Wähler. Genau das soll mit der 87-Prozent-Formel verdeckt werden – im Interesse der Linken.