Tichys Einblick
Was zu Asyl und Flüchtlingen noch gesagt werden darf

„Neue deutsche Medienmacher“ als Sprachpolizisten

Wie mit Sprache Politik für unbegrenzte Zuwanderung gemacht wird und Kritiker zu Rechtsextremen abgestempelt werden sollen.

Die Broschüre trägt den Titel: „Glossar der Neuen deutschen Medienmacher – Formulierungshilfen für die Berichterstattung im Einwanderungsland“. Diese Woche lag sie in Berlin im Haus der Bundespressekonferenz aus, 3. Auflage vom 1. Oktober 2015. Wer glaubt, der deutschen Sprache nicht mächtig und auf Formulierungshilfe angewiesen zu sein, kann sich bedienen. Wer nicht weiß, ob seine Terminologie politisch korrekt ist, erst recht.

I  als Signal

Die „Neuen deutschen Medienmacher“ sind nach eigenen Angaben „ein bundesweiter unabhängiger Zusammenschluss von JournalistInnen mit und ohne Migrationshintergrund.“ Das große „I“ in Journalistinnen verrät gleich, aus welcher Ecke der publizistische Wind weht. Weiter heißt es: „Unser Netzwerk versteht sich als Interessenvertretung für Medienschaffende mit Migrationshintergrund und tritt für eine ausgewogene Berichterstattung ein, die das Einwanderungsland Deutschland adäquat wiedergibt.“

Was diese Interessengruppe unter einer „ausgewogenen“ Berichtserstattung versteht, wird deutlich, wenn man sich mit dem Glossar beschäftigt, das in nüchterner, scheinbar wissenschaftlicher Diktion erklärt, dass der Begriff Asylant „negativ konnotiert“ sei, und Worte wie Asylantenflut oder Asylantenstrom „von Experten“ als „emotional aufgeladene Angstmacherei“ kritisiert würden. Die neuen deutschen Medienmacher sagen nicht nur, was man nicht schreiben soll, sie machen auch Vorschläge für eine bessere, das heißt politisch-korrekte Wortwahl: Zuzug statt Asylantenstrom, Schutzsuchender statt Asylant, Geflüchtete statt Wirtschaftsflüchtlinge.

Politik mit Wortwahl

Natürlich geht es hier gar nicht um die richtige oder falsche Wortwahl. Das Netzwerk will mit Worten Politik machen. Wer sich an das Glossar hält, propagiert allein durch seine Wortwahl eine Flüchtlings- und Zuwanderungspolitik, die den mehr oder weniger unregulierten und unbegrenzten „Zuzug“ von „Schutzsuchenden“ zum Ziel hat. Demnach steht auch das Wort „Asylmissbrauch“ als „Kampfbegriff von Rechtsextremen“ auf dem Index der verbotenen Begriffe. Hier die trickreiche Begründung: „Hinsichtlich der Begriffe Asylmissbrauch oder Sozialmissbrauch ist zu beachten: Ein Recht einzufordern bzw. zu beantragen, ist kein Missbrauch, selbst wenn das Begehren erfolglos bleibt. Missbräuchlich ist erst der Betrugsversuch.“ Wenn nach dieser Logik ein Arbeitssuchender aus Mazedonien hierher kommt und Asyl beantragt, obwohl er weder politisch noch aus anderen Gründen verfolgt ist, fordert er nur ein Recht ein. Alles klar? Alles klar!

Noch ein paar Kostproben, was man nicht mehr schreiben und senden soll, wenn man nicht gegen die Vorschriften dieser Spracherzieher verstoßen will. Ausländerkriminalität darf nur für solche Gesetzesverstöße verwendet werden, die ausschließlich von Ausländern begangen werden können wie Visavergehen. Werden Asylbewerber dagegen untereinander gewalttätig, dann ist das „allgemein unter Kriminalität“ einzuordnen. Die politische Absicht ist klar: Kein Leser soll erfahren, ob „Zugezogene“ straffällig werden oder nicht.

Die Bezeichnung „ausländischer Mitbürger“ wird immerhin als „wohlmeinend“ eingestuft, sogleich aber als widersprüchlich verworfen. Wer aus dem Ausland gekommen ist und inzwischen einen deutschen Pass hat, ist demnach kein Ausländer. Weiter heißt es: „Soll die nicht-deutsche Staatsbürgerschaft betont werden, ist ausländischer Bürger passender, da beim ‚Mit-Bürger‘ ein unnötiges ‚Othering‘ stattfindet, d.h. ein Mitbürger ist damit scheinbar anders als ein Bürger.“ Auf die Idee muss man erst mal kommen: „ein unnötiges Othering.“

Asylkritiker sind Rechtsextreme?

Unsere „Medienmacher“ lehnen die Worte Asylkritiker und Asylgegner als „Euphemismen“ für Rassisten und Rechtsextremisten ab. Heißt das etwa, dass jeder, der die aktuelle Asylpolitik kritisch sieht, automatisch ein Rassist oder Extremist ist? Das verrät das Glossar nicht; doch man merkt die Absicht. Überdies vermeldet die Initiative einen sprachpolitischen Erfolg: „Die Nachrichtenagentur dpa verwendet die Begriffe Asylkritiker/Asylgegner seit Juli 2015 nicht mehr, weil sie beschönigend sind.“ Na also: Es klappt doch schon ganz gut mit dem „Neusprech“.

Noch ein Beispiel, wie dieses Netzwerk die Sprache in ihrem Sinn zu politisieren versucht. „Illegale Migranten“ oder gar „Illegale“ gehen gar nicht, da Illegalität mit Kriminalität assoziiert werde. Was aber, wenn sich Menschen tatsächlich illegal im Land aufhalten, was derzeit sicher auf einige Hunderttausend zutrifft? Da wissen die Medienmacher Rat: „illegalisierte Migranten.“ Das heißt übersetzt: Der illegale Zuwanderer ist eigentlich nicht illegal hier, er wird nur zum Illegalen gemacht. Kein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Natürlich ist es das gute Recht von „JournalistInnen mit und ohne Migrationshintergrund“ für eine Asylpolitik nach dem Motto „Lasst alle zu uns kommen“ einzutreten. Aber wäre es nicht ehrlicher, sich als „Neue deutsche Medienmacher“ zur eigenen politischen Agenda zu bekennen, statt die wahren Ziele hinter dem Schutzschild scheinbar neutraler Sprachkritik zu verbergen? Das Gegenteil ist jedoch der Fall: Die neuen deutschen Sprachpolizisten (pardon: PolizistInnen) tarnen sich als gutmeinende Lehrbeauftragte für die Reinheit der deutschen Sprache. Ein nettes, aber allzu durchsichtiges Manöver.

Immer dabei: Der Steuerzahler

Übrigens: Die zuwanderungsfördernde Tätigkeit der „Neuen deutschen Medienmacher“ liegt offenbar im Interesse der Bundesregierung. Jedenfalls führt das Netzwerk auf seiner Homepage gleich zwei Regierungsinstitutionen als Unterstützer auf: die direkt im Kanzleramt angesiedelte „Beauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration“ sowie das dem Innenministerium unterstellte „Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)“, jeweils mit dem Bundesadler als offiziellem Gütestempel. Man kann es auch so sehen: Bei den „SprachpolizistInnen“ ist der Steuerzahler mit dabei – als Zahlmeister.

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