Christian Wulff, damals Bundespräsident, hielt am 3. Oktober 2010 in Bremen die Rede zum 20. Jahrestag der Deutschen Einheit. Sie begann so, wie es zu erwarten war: „Wir feiern heute, was wir vor 20 Jahren erreicht haben: Einigkeit und Recht und Freiheit für unser deutsches Vaterland“. Wäre es so weitergegangen, würde sich heute niemand mehr an diesen Auftritt erinnern. Aber dann kam – im Kontext „unserer christlich-jüdischen Geschichte“ – ein Satz, eher beiläufig gesprochen, der eine heftige Diskussion auslöste, die bis heute andauert: „Aber der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland“. Bundeskanzlerin Angela Merkel stimmte schnell zu, es folgten Grüne, Sozialdemokraten und ganz Linke.
Was aber bedeutet es, wenn der Islam hierzulande nicht nur respektiert und toleriert, sondern als integraler Bestandteil von Staat und Gesellschaft angesehen wird? In Tichys Einblick 5/2018 („Gehört die Moscheesteuer zu Deutschland?“) bin ich der Frage nachgegangen, welche Folgen es haben könnte, wenn dem Islam „als Teil Deutschlands“ dieselben Rechte eingeräumt würden wie den als Körperschaften öffentlichen Rechts anerkannten beiden großen christlichen Kirchen, den Altkatholiken, den Freikirchen und den jüdischen Gemeinden. Dabei ging es unter anderem um Islamunterricht an unseren Schulen, um die Akzeptanz von Kopftuch tragenden Lehrerinnen, Staatsanwältinnen und Richterinnen oder die regelmäßige Übertragung muslimischer Rituale im Rundfunk.
Das Meinungsforschungsinstitut INSA hat diese Fragen aufgegriffen und sie einem repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung gestellt. Die Ergebnisse fielen eindeutig aus: Die große Mehrheit der hier Lebenden ist entschieden gegen weitere Zugeständnisse an den Islam. Hier die wichtigsten Aussagen und die Reaktionen:
Der Islam gehört nicht zu Deutschland
59 Prozent der Befragten lehnen die Aussage ab: „Der Islam ge hört zu Deutschland.“ 25 Pro zent stimmen zu, der Rest kann sich nicht entscheiden oder macht keine Angaben.
Gegen gleiche Rechte für den Islam wie für christliche Kirchen
58 Prozent der Befragten lehnen die Aussage ab, „der deutsche Staat solIte dem Islam als Religionsgemeinschaft die gleichen Rechte zugestehen wie derzeit den christlichen Kirchen“. 24 Prozent stimmen zu, der Rest kann sich nicht entscheiden oder macht keine Angaben.
Keine Kopftücher in staatlichen Einrichtungen und Positionen
68 Prozent der Befragten lehnen die Aussage ab, „das Tragen von Kopftüchern in öffentlichen Positionen (z. B. als Staatsanwältinnen und Richterinnen) sollte erlaubt sein“. 20 Prozent stimmen zu, der Rest kann sich nicht entscheiden oder macht keine Angaben.
Keine Burka in öffentlichen Einrichtungen
77 Prozent der Befragten lehnen die Aussage ab, „das Tragen der Burka sollte in öffentlichen Einrichtungen, (z.B. Schulen, Ämter und Behörden) generell erlaubt sein“. 11 Prozent stimmen zu, der Rest kann sich nicht entscheiden oder macht keine Angaben.
Keine „männerfreien Räume“ aus religiösen Gründen
67 Prozent der Befragten lehnen die Aussage ab, „in öffentlichen Sportstätten (z.B. Schwimm- und Turnhallen) sollte es die Möglichkeit geben, aus religiösen Gründen ‚männerfreie Räume‘ zu schaffen“. 18 Prozent stimmen zu, der Rest kann sich nicht entscheiden oder macht keine Angaben.
Gegen islamischen Religionsunterricht
48 Prozent der Befragten lehnen die Aussage ab, „an deutschen Schulen sollte es neben Ethik. Und christlichen Religionsunterricht auch die Möglichkeit geben, islamischen Religionsunterricht zu erhalten“. 36 Prozent stimmen zu, der Rest kann sich nicht entscheiden oder macht keine Angaben.
Keine Unterrichtsbefreiung aus religiösen Gründen
75 Prozent der Befragten lehnen die Aussage ab, „Schüler bzw. deren Eltern sollten die Teilnahme am Sport- und Schwimmunterricht aus religiösen Gründen ablehnen dürfen“. 13 Prozent stimmen zu, der Rest kann sich nicht entscheiden oder macht keine Angaben.
Gegen Rundfunkübertragung muslimischer Rituale
49 Prozent der Befragten fänden es schlecht, wenn die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten regelmäßig auch muslimische Rituale wie das Freitagsgebet ausstrahlten. 18 Prozent fänden das gut. Der Rest ist unentschieden oder macht keine Angaben.
Muslime sollen nicht bestimmen, wer an Hochschulen unterrichtet
41 Prozent der Befragten fänden es schlecht, wenn islamische Organisationen – wie die beiden Kirchen – bestimmen dürften, wer an Hochschulen einen Lehrstuhl für islamische Theologie erhält. 23 Prozent fänden das gut. Der Rest ist unentschieden oder macht keine Angaben.
Gegen Gleichstellung von Gebetsruf und Glockengeläut
46 Prozent der Befragten fänden es schlecht, wenn für den Gebetsruf des Muezzins dieselben Rechte gälten wie für das Läuten von Kirchenglocken. 23 Prozent fänden das gut. Der Rest ist unentschieden oder macht keine Angaben.
Verständnis für muslimische Grabfelder
39 Prozent der Befragten finden es gut, wenn Muslime ohne Sarg und auf separaten Friedhöfen oder auf besonderen Grabfeldern bestattet werden dürfen. 27 Prozent lehnen dies ab. Der Rest ist unentschieden oder macht keine Angaben.
Verständnis für seelsorgerliche Betreuung von Muslimen
In der Frage, ob islamische Organisationen das Recht haben sollen, Muslime in Krankenhäusern, Gefängnissen oder bei der Bundeswehr seelsorgerlich zu betreuen, ist das Meinungsbild unklar. Jeweils 33 Prozent der Befragten finden das gut beziehungsweise schlecht. Der Rest ist unentschieden oder macht keine Angaben.
Auch Muslime sollen „Kirchensteuer“ zahlen
54 Prozent der Befragten finden es gut, wenn der Staat bei Muslimen – analog zur Kirchensteuer – eine „Moscheesteuer“ eintreiben würde. 15 Prozent lehnen dies ab. Der Rest ist unentschieden oder macht keine Angaben.
Fazit: Mehrheit gegen Gleichstellung mit christlichen Kirchen
In Deutschland leben mehr als vier Millionen Muslime. Das Recht auf freie Religionsausübung will ihnen kaum jemand streitig machen. Aber eine große Mehrheit der Bevölkerung betrachtet den Islam nicht als prägenden Bestandteil der Bundesrepublik. Ebenso werden Sonderrechte für Muslime mit großer Mehrheit abgelehnt – und eine Gleichstellung islamischer Organisationen mit den beiden großen christlichen Kirchen ohnehin.
INSA hat zwischen dem 20. und 23. April 2.091 zufällig ausgewählte Volljährige (ab 18 Jahre) aus ganz Deutschland befragt. Es handelte sich um eine Online-Befragung.