Tichys Einblick
Im Zweifel beides

Die CO2-Reduktion wird für die meisten teuer – oder sie findet nicht statt

Politiker, die glauben, am deutschen Klimawesen könne die Welt genesen, sollten sich endlich ehrlich machen. Wer die Kohledioxid-Emissionen über höhere Preise reduzieren will, muss die Preise entsprechend hoch treiben.

Michele Tantussi - Pool/Getty Images

Wenn der Staat den Ausstoß von Kohlendioxid verringern will, hat er zwei Möglichkeiten: Er legt eine Höchstmenge an CO2-Emissionen fest, für Unternehmen wie für den einzelnen Bürger. Oder er erhöht die Preise für den CO2-Ausstoß oder er führt auch dort einen Preis ein, wo Kohlendioxid-Emissionen den Einzelnen noch nichts kosten. Ersteres wäre freilich sehr bürokratisch und passte nicht zu einer dynamischen Wirtschaft; Letzteres aber wird teurer – für Unternehmen wie Verbraucher. Da aber so gut wie kein Unternehmen nur für sich produziert, wird jeder Anbieter von Gütern und Dienstleistungen den CO2-Preis an den Endverbraucher weiterzugeben versuchen. Falls seine Produkte dann zu teuer werden sollten, hat er eben Pech gehabt; dann muss er Insolvenz anmelden.

So weit, so klar. Die politische Debatte dreht sich derzeit nicht darum, ob der CO2-Ausstoß verteuert werden soll oder nicht. Es geht letztlich um die Frage, ob alle CO2-Emittenten Verschmutzungsrechte kaufen müssen oder ob auf den Ausstoß eine CO2-Steuer erhoben wird. Aus der Sicht der Bürger ist das ziemlich egal: Der Preis für Energie in jedweder Form – Strom, Heizöl, Benzin – wird steigen. Das macht das Leben für alle teurer. Am wenigsten werden das diejenigen am unteren Ende der Einkommensskala zu spüren bekommen: Hartz IV-Empfänger oder Bezieher kleiner Renten müssen in der Regel keine großen Villen heizen, fahren keine großen Autos, jetten am Wochenende nicht mal schnell zu einem Kurzurlaub oder einer Vernissage ins Ausland. Ganz abgesehen davon: Die oberen zehn Prozent der Einkommensbezieher können höhere Energiepreise relativ leicht verkraften, die wirklich Superreichen werden sie gar nicht spüren. Richtig zu Buche schlagen werden höhere Energiepreise nicht nur bei den viel zitierten Pendlern mit alten, Sprit fressenden Autos und schlecht isolierten Wohnungen. Getroffen wird in erster Linie die breite Mittelschicht – Arbeitnehmer wie Selbständige mit Haushaltseinkommen von 3.000 Euro im Monat bis 10.000 Euro. Nur diese große Mehrheit kann am CO2-Ausstoß wirklich etwas verändern.

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Dabei ist Ehrlichkeit angesagt. Sollte beispielsweise der Benzinpreis künftig Jahr für Jahr um ein paar Cent steigen, wird das den meisten nicht weh tun und deshalb keineswegs zu einem Rückgang des Benzinverbrauchs führen. Das hat sich ja bereits bei der Einführung der Öko-Steuer auf den Sprit vor zwanzig Jahren gezeigt. Am Anfang gab es wegen steigender Preise etwas Gegrummel. Aber schon bald hatten sich die Autofahrer daran gewöhnt, dass sie eben etwas stärker zur Kasse gebeten werden. Nicht anders wäre das bei einem weiteren Anstieg des Preises für eine Kilowattstunde um ein paar Cent.

Weil das so ist, halten sich die Politiker mit Aussagen zurück, wieviel eine neue Klimapolitik die Bürger tatsächlich kosten soll. Vielmehr beeilen sich nicht nur SPD und Grüne, sondern auch CDU und CSU, der Bevölkerung zu versichern, für die unteren Einkommen und insbesondere für die Pendler werde es einen Ausgleich geben, sei es durch eine Erstattung pro Kopf oder eine höhere Pendlerpauschale. Dann müssten nur die „Reichen“ mehr bezahlen, was aber nicht schlimm wäre; schließlich gelten diese mit ihrem großen „ökologischen Fußabdruck“ genau als die richtigen Opfer.

Klimapolitik mit Umverteilung zu verbinden, lässt grün-rote Herzen schneller schlagen. Nur: Was nützt eine CO2-„Bepreisung“, wenn die meisten Bürger davon nichts spüren? Wenn zum Beispiel der höhere Benzinpreis von einer höheren Pendlerpauschale aufgefangen wird, warum soll es sich dann lohnen, weniger mit dem Auto zu fahren? Wenn nach Vorstellung der Grünen, „die da oben“ für die Energie mehr zahlen müssen und nur die unten von der staatlichen Erstattung profitieren, dann mag sich zwar bei vielen Politikern das wohlige Gefühl einstellen, endlich etwas fürs Klima getan zu haben. Nur: Messbar in Form eines drastisch reduzierten Kohlendioxid-Ausstoßes wird dieser umweltpolitische Erfolg nicht sein.

Politiker, die glauben, am deutschen Klimawesen könne die Welt genesen, sollten sich endlich ehrlich machen. Wer die Kohledioxid-Emissionen über höhere Preise reduzieren will, muss die Preise entsprechend hoch treiben. Kompensationen – von wenigen echten Härtefällen abgesehen – stehen dem erhofften Effekt von höheren Energiepreisen entgegen; sie wirken kontraproduktiv. Politiker, die mit höheren Preisen den Klimawandel wirklich aufhalten wollen, sollten offen darüber reden, dass das ohne Wohlstandseinbußen bei der breiten Mitte nicht möglich ist. Wer das nicht will oder nicht wagt, der sollte nicht länger mit Placebo-Lösungen zu punkten versuchen.

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