Wer sich über „Fake News“ oder „Alternative Fakten“ echauffieren möchte, braucht nicht auf Donald Trump zu zeigen. Bei uns liefert die deutsche Sozialindustrie jedes Jahr angebliche Daten, die mit der Wirklichkeit so gut wie nichts zu tun haben. Allen voran der Paritätische Wohlfahrtsverband mit dem Politiker der Partei Die Linke Ulrich Schneider als „Mastermind“. Jetzt hat er wieder zugeschlagen: Angeblich waren in Deutschland im Jahr 2015 15,7 Prozent der Menschen „arm“, mehr als jemals zuvor.
Natürlich gibt es in Deutschland Armut. Nur: Was die Armutsforscher messen, zeigt vieles – aber nicht das Ausmaß an Armut. Die Armutsquote ist „Fake News“ par excellence – und zwar aus folgenden Gründen:
1. Die Armutsquote zeigt lediglich die Armutsgefährdung an.
Gemessen wird, wie viele Menschen über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens verfügen. Dieses Konzept unterstellt, dass Menschen in dieser Einkommenskategorie in Armut geraten könnten. Deshalb sprechen seriöse Wissenschaftler auch von der Armut-Gefährdungs-Quote. Aber Armutsquote klingt halt populistischer – linkspopulistischer.
2. Die Armutsquote misst nicht Armut, sondern Ungleichheit.
Würden hierzulande alle Einkommen verdoppelt – Hartz IV-Sätze wie Arbeitnehmerbezüge und Manager-Gehälter – hätten alle Deutschen doppelt so viel Geld wie heute. Nur: Auch dann würde der Linke-Genosse Schneider über eine „Armutsquote“ von 15,7 Prozent klagen. Ja, ist denn schon wieder Fassenacht? Für manchen offenbar schon.
3. Unsinn mit Methode.
Als arm gilt, wer 2015 als Single im Monat weniger als 917 Euro zur Verfügung hatte; bei einer Familie mit zwei Kindern waren es – je nach Alter der Kinder – zwischen 1.978 und 2.355 Euro netto. Was dabei völlig unter den Tisch fällt: Mit 917 Euro im Monat kommt jemand in München oder Frankfurt nicht über die Runden, auf dem flachen Land aber schon. Noch so eine Ungereimtheit: Von den 2,8 Millionen Studierenden haben die meisten weniger als 917 Euro im Monat. Alles Arme?
4. Die Armutsforscher machen uns bewusst arm.
Wie fragwürdig die Methode zur Messung von „Armut“ ist, zeigt der internationale Vergleich. Demnach gibt es in Tschechien, Slowenien, in der Slowakei oder auf Malta weniger Arme als im wohlhabenden Deutschland. Glauben das die Akteure und Profiteure der Sozialindustrie wirklich? Offenbar sehen die Deutschen, die nicht auf der Sonnenseite stehen, das anders. Jedenfalls gibt es keinerlei Hinweise auf Abwanderung in die erwähnten ehemaligen Ostblockländer. Ja, es gibt auch Arme bei uns. Aber sie sind nicht so dumm, wie die Arbeitsbeschwörer uns weismachen wollen; sie bleiben lieber hier in unserem Sozialstaat.
Fazit: Die Armutsgefährdungsquote, als „Armutsquote“ politisch missbraucht, liefert denen Material, die dieses Land gerne als Jammertal darstellen und aus egoistischen Gründen an möglichst vielen „Armen“ interessiert sind: Je mehr „Arme“, umso sicherer die Arbeitsplätze in der Armutsindustrie. Da fällt einem der Satz des früheren Deutsche-Bank-Vorstands Hermann-Josef Abs über den betrunkenen Seemann und die Straßenlaterne ein: Der brauche diese nicht zur Erleuchtung, sondern zum Festhalten. Für Ulrich Schneider ist die „Armutsquote“ ein fester Halt. Nur den tatsächlich Armen hilft das nicht.