Letzte Woche habe ich eine Kugel aus Glas erhalten, die auf geheimen Kanälen aus dem Orient zu mir gekommen ist. Schon die alten Assyrer sollen dort hineingeschaut haben und jedem gewährt diese Kugel nur einen Blick, der viel mit einem selber zu tun hat.
Nun habe ich hineingeschaut und danach die Kugel den selben dunklen Gestalten wieder mitgegeben, die sie mir zur einmaligen Nutzung gebracht haben. Fragen Sie nicht, wie ich überhaupt darangekommen bin, ich kann Ihnen das nicht sagen, die Antwort könnte Sie verunsichern.
Aber ich kann Ihnen erzählen, was ich gesehen habe. Denn vor mir breitete sich der Ablauf der nächsten großen Börsenkrise aus, nicht die technischen Details und Börsenstände – was bedauerlich ist, denn sonst könnte ich darauf wetten – , sondern wie wir sie als Anleger erleben werden. Alleine das Jahr war nicht zu erkennen, aber ich sah auf den Bildern etwas älter als heute aus, es sollte also noch ein paar Jahre dauern, aber vielleicht bin ich ja auch nur durch den Druck der fallenden Kurse schneller gealtert, wer weiß, die Wege des Marktes sind unergründlich.
Das Top – ein ruhiger Tag im Juni
Es wird auf jeden Fall ein ruhiger Tag im Juni sein, an dem der Markt sein langjähriges Top erreicht. Nichts wird darauf hindeuten, dass das der Wendepunkt ist, es schließt sich ein heißer Sommer voller Trägheit an, in dem so recht nichts mehr vorangehen will.
Die Mitgliederzahl in der Mr-Market Community hat sich gegenüber heute mehr als verdreifacht, weil doch immer mehr Anleger in den Markt gezogen werden, denn die Phase der Nullzinsen und Alternativlosigkeit bei den Anlagen wird immer länger und der Druck immer größer, während der Cash auf den Konten langsam zerbröselt und Lebensversicherungen in die Notverwaltung übergehen.
Auch in Immobilien kann man in diesem Jahr nicht mehr investieren, denn abseits vom selbstgenutzten Wohnraum greift die Politik so massiv in den Markt ein, um die Mieten zu senken, dass man von einem Markt nicht mehr reden kann. So ist der Druck, sich dem Aktienmarkt zu nähern, immer größer, denn die internationalen Konzerne sind auch in der Zukunft resistent gegen alle Eingriffe und die Kurse dieser Aktien steigen und steigen, irgendwo muss das Geld ja hin.
Wenn der Druck im Kessel steigt
Gerne würde man es ja in einer Cryptowährung parken, nur sind die auch alle verboten und daher ein Tausch in legale Zahlungsmittel unmöglich, ohne sich strafbar zu machen. Es gibt eine von der Notenbank „genehmigte“ Cryptowährung, die ist aber nur ein mit der Währung verknüpftes elektronisches Zahlungsmittel, weil sie an den Wert der Währung gekoppelt ist. Ach ja und den Euro gibt es auch noch und Italien und Griechenland sind auch noch drin, es hat sich aber politisch Einiges getan, aber das ist eine andere Geschichte, die mir die Kugel nur bruchstückhaft offenbart hat.
Tja und wie das halt so ist, wenn der Druck im Kessel steigt und diverse Ausgänge verbaut werden, dann pfeift er aus den verbleibenden Ausgängen umso intensiver und deshalb steht der S&P500 näher an 4.000 als an 3.000 und der DAX nähert sich den 20.000 an. Und es gibt eine merkliche Bewegung hin zu Aktien in der Bevölkerung, ich werde von immer mehr Leuten im Umfeld angesprochen, ob sie nicht auch noch einsteigen sollten und was ich denn zum Markt meine, gerade weil ich in den Jahren zuvor durch meine immer wieder grundlegend bullische Haltung Recht behalten habe. So bis Anfang 2018 war das noch anders, da überwog die Skepsis und dann setzte langsam doch der Run ein.
Es beginnt mit einem Zappeln
Als wir dann aus den Ferien in diesem schwülen Sommer zurückkommen, beginnt der Markt zu zappeln. Die Volatilität steigt, etwas was man sich da kaum mehr vorstellen kann. Im Oktober kommt ein erster Einbruch um 10%, den ich nicht antizipieren kann, in dem ich aber noch darauf hinweise, dass Bullenmärkte nicht schnell sterben und auf den Rebound setze. Der kommt auch, nur schafft er keine neuen Hochs mehr, ein Umstand der mir auffällt, aber noch nicht ausreicht, um zum Ausstieg zu blasen.
Leider habe ich auch wenig Zeit, mir grundlegende Gedanken zu machen, denn die vielen im letzten Jahr hinzugekommenen Mitglieder bestürmen mich, wie es nun weitergeht. Da diese mich nicht seit Jahren kennen, hat dieser plötzliche, von mir nicht antizipierte Einbruch im Oktober auch dazu geführt, dass bei den Neumitgliedern meine Reputation leicht angeknackst ist.
Meine gebetsmühlenartigen Erklärungen, dass die Zukunft eben unsicher ist und auch ich keine Glaskugel besitze, sondern dem Markt nur folge, fruchten bei einigen nicht so richtig. Das sind eben nun zunehmend die berühmten „schwachen Hände“, die da im Blog angekommen sind, Anleger die glauben, klüger als der Markt zu sein und mit Herumraten „reich“ werden wollen. Und mir fehlt die Zeit, diese langsam zu „starken Händen“ zu machen, denn es beginnt in diesem Jahr eben zu rappeln. Aber immerhin hatte ich den Rebound ja wieder richtig auf der Rechnung, das hält die Unsicherheit noch in Grenzen und dieser Dip wird ja in den Erwartungen der Anleger auch wieder zu kaufen sein, wie immer in den letzten Jahren.
Ich bin da nicht ganz so sicher, weil der Charakter des Einbruches gefällt mir nicht, der wirkte so, als ob der Markt den Charakter ändert. Aber ich kann unmöglich aufgrund einer Ahnung zum weiteren Ausstieg blasen, so bleibe ich leicht skeptisch, aber doch noch auf die Fortsetzung der Aufwärtsbewegung setzend.
Im Januar beginnt der Markt zu fallen
Dann geht das Jahr zur Neige und der Markt mäandriert seitwärts, eine Jahresendrally ist kaum zu sehen, richtig fallen kann der Markt aber auch nicht. Mich macht das zunehmend skeptisch, es erinnert mich zu sehr an vergangene Vorboten einer Korrektur. Ich beginne auch eine gewisse Skepsis zu formulieren, habe aber dabei wieder eine Schere im Kopf, denn mir ist klar, dass da bei den Neumitgliedern ein paar „unsichere Hühner“ dazu gekommen sind und wenn ich zu skeptisch formuliere, die alles verkaufen, was auch nicht angemessen wäre. Und ich fühle ja auch eine Verantwortung bei dem, was ich schreibe, weil ich weiß. dass eben doch einige nur an meinen Lippen hängen, obwohl ich das gebetsmühlenartig über Jahre als negativ dargestellt und zur eigenen Strategie geraten habe.
Mit 4% unter den Höchstständen vom Juni gehen wir in den Jahreswechsel und dann beginnt der Markt im Januar zu fallen. Er fällt wie 2016 und ich wechsle schnell in den Defensivmodus, habe aber am Ende im Mittel mehr als 10% gegenüber den Hochs abgegeben, weil es Anfang Januar zu schnell ging. Der Markt selber taucht aber 20% nach unten und ich bin eben immer noch mit 40% meines Depots im Markt exponiert, denn noch ist es nur eine Korrektur und das schreibe ich auch im Blog.
Ein fader Rebound im Frühjahr
Im Februar zeigen sich Zeichen einer Stabilisierung, wir wetten wieder auf den Rebound wie im Oktober, ich aber mit zunehmenden Bauchschmerzen, weil mir das Marktverhalten nicht gefällt. Mit mehr als 60% exponiere ich mich also nicht mehr und schreibe das auch, andere da draußen in den Medien sind aber viel optimistischer, wie ich überhaupt aus Sicht von Einigen vom „zu optimistischen Hari“ in den vergangenen Jahren nun zum „zu skeptischen Hari“ mutiere, auch weil mir das finanzpolitische Umfeld nicht mehr gefällt.
Der Markt dreht tatsächlich nach oben, hoch bis auf 8% Minus gegenüber den Allzeithochs von letztem Juni und dann kommt ein denkwürdiger Tag im März, in dem plötzlich eine Finanzinstitution bildlich gesprochen „explodiert“, von der man das gar nicht erwartet hätte. Die Details hier zu erzählen macht keinen Sinn, weil mir die assyrische Glaskugel nur Bruchstücke gezeigt hat. Der Schock ist aber groß in Politik und Wirtschaft, dass es so überraschend kommt, hat stark damit zu tun, dass bis zuletzt von der Spitze der Deckel darauf gehalten wurde, weil halt nicht sein kann, was nicht sein darf. Hektisch wird von allen Institutionen versucht, das Problem einzudämmen.
Ein Schock der die Wahrnehmung ändert
An diesem Tag fällt der Markt um 12%, immer wieder durch Handelsaussetzungen unterbrochen. Wir alle sind und auch ich bin mit meinen 60% Exposure an diesem Tag weitgehend mit dabei, Absicherungen funktionieren nicht in so einem Umfeld. Es wird still im Forum, bei einigen wenigen höre ich da den „warum hast Du uns nicht gewarnt“ Vorwurf zwischen den Zeilen, so als ob ich der liebe Gott wäre, der explodierende Finanzriesen vorhersehen kann.
Am Ende des Tages sitze ich gegenüber dem Hoch von letztem Juni knapp 20% im Minus, wenn ich mein gesamtes am Aktienmarkt befindliche Vermögen zusammennehme. Andere Anlagen leiden aufgrund des systemischen Charakters des Problems ebenso massiv, das ist aber eine andere Geschichte. Gold steht übrigens unter 1.000 USD, es ist in den Jahren des Anstiegs weiter weggebröselt und kann auch jetzt vom Einbruch nicht profitieren, es wird mitverkauft. Das Geld rennt in Cash, konkret auch in die Cryptowährung, die mit dem Euro gekoppelt ist.
Ich mache einen inneren Sprung
An diesem Tag macht meine Markteinschätzung einen Sprung. Ich erkenne und akzeptiere den systemischen Charakter des Problems und beschließe den Komplettausstieg in die Stärke hinein. Ich schreibe auch dazu, stoße aber nur auf verhaltene Begeisterung in der Leserschaft. Denn während dessen steigt der Markt schon wieder, die Rettungsversuche wirken erst einmal psychologisch und jeder hofft darauf, seine Verluste wieder wettzumachen, Verluste die viele der zu spät gekommenen schwachen Hände sich nicht zu realisieren trauen, trotz meiner Mahnungen, aber meine Reputation ist bei denen halt noch nicht stark genug, die alten treuen Mitglieder sind dagegen dabei und ziehen ihr Geld aus dem Markt.
Und so entfernt sich meine Markteinschätzung von der Wahrnehmung eines Teils der Leser. Ich habe kaum noch positive Setups und schreibe über Abbau und Absicherung, viele hoffen aber auf den Rebound und wollen das nicht hören. Ich merke das an steigenden Abgängen in Form fehlender Verlängerungen gerade derer, die neu dazugekommen sind. Der „Ton“, den ich anschlage, passt nicht mehr, er zerstört Hoffnungen und verunsichert, statt eben Hoffnung auf Besserung zu machen.
Ein fahler, trügerischer Sommer vor der Dunkelheit
Der Markt steigt langsam bis in den Mai um 6% und reduziert das Minus, ich höre einige kaum verhohlene „siehste“ im Forum, das Gap vom März wird aber nie geschlossen und weitere Brüche an der Oberfläche werden sichtbar, die Krise beginnt im Finanzmarkt Schleifspuren zu zeigen.
Ich selber habe die Zeit genutzt, um in die Stärke hinein weiter abzubauen und die restlichen Basisbestände an Bluechips zu hedgen. So bin ich Ende Mai faktisch aus dem Markt und habe gegenüber von vor einem Jahr 15% Verlust in den Büchern des Investmentdepots stehen, kein schönes Jahr, aber auch kein Weltuntergang nach mehr als einem Jahrzehnt markanter Gewinne.
Dann beginnt ein neuer Sommer, der zu einer nervenden Seitwärtsbewegung führt, dummerweise gibt es für mich daher auch nur wenig Erbauendes zu schreiben, der Fokus liegt auf dem Kampf der Politik mit der Krise, die sie zu einem guten Teil selber verursacht hat. Der Blog verliert weitere Mitglieder, die sich woanders mehr Zuspruch und Hoffnung holen wollen, der Wunsch an den Wiederanstieg und den Ausgleich der Verluste zu glauben ist zu hoch. Dummerweise geben es die Charts und die Lage aber einfach nicht her und ich bin da, um zu sagen, was ist, und nicht, um das Ego der Mitglieder zu pampern.
Das tiefe Loch
Im August kippt dann eine weitere Finanzinstitution und das Unheil nimmt seinen Lauf. Der Markt fällt wie weiland 2008, nur durch die permanenten Handelsunterbrechungen unterbrochen. Immer wieder versuchen Mitglieder einen Rebound zu kaufen und holen sich blutige Nasen, weil die Algos nun genauso wie im Anstieg verfahren, statt BTFD (Buy the f***ing Dip) nun STFB (Sell the f***ing Bounce).
Ich selber kann dazu nicht viel beitragen, außer mich in meiner anlagentechnischen Höhle zu verkriechen und nichts zu tun und über das Nichtstun und das „warum“ zu schreiben. Ich beginne mehr in andere Themen abzugleiten, den Schmerz der Verluste derer, die keinen klaren Schnitt ziehen wollten, kann das aber nicht kompensieren.
Nebel über dem Schlachtfeld
Im Januar des Folgejahres hat der DAX 60% des Hochs abgegeben und steht wieder bei ca. 7.000. Der Euro wackelt, Regierungen auch, Notfallsitzungen finden in Reihe statt. Die Mitgliederzahl im Blog hat sich mehr als halbiert und liegt nicht mehr viel über der des Jahres 2018, alle „schwachen Hände“ wurden also abgeschüttelt, es hat aber auch ein paar „alte Hasen“ erwischt, die still und leise ohne Kommentar verschwinden, weil sie den Schmerz nicht ertragen können – was mich besonders traurig macht.
Mittlerweile steigt auch Gold stark und hat sich auf 2.000 USD fast verdoppelt, zu einem Teil bin ich dabei, aber nur zu einem Teil. Und dann merke ich in der Krise, dass die ganz großen Konzerne den Markt klar outperformen, die im letzten Quartal auch panisch auf den Markt geworfen wurden und so die Indizes in den Orkus gezogen haben. Da akkumuliert also jemand, stößt weiter Aktien ab, kauft aber die großen Weltkonzerne.
Der Instinkt nimmt Witterung auf
In dem Moment beginne ich mich zu interessieren und habe 1,5 Jahre nach dem Allzeithoch wieder etwas Positives zu schreiben. Zum ersten Mal seit letztem Mai, exponiere ich mich wieder mit 30%, ich stelle meinen Fuß ins Wasser, 60% Verlust in den Indizes scheint auch „gut genug“ zu sein, ich taue auf, mein Ton wird positiver. Die verbleibenden Mitglieder stehen fest zum Blog, es ist eine verschworene Gemeinschaft, das Gefühl das gemeinsam durchgestanden zu haben, schweißt zusammen.
Der Markt steigt 20%, dann fällt er wieder zurück. Mir gefällt aber das Marktgeschehen, das wieder eine Charakteränderung vollzieht. Ich gebe die Parole aus, diesen Einbruch mit ein paar Risiken nach dem Motto „gut genug“ zu spielen und erst wieder zu verkaufen, wenn die Tiefs vom Januar klar um mindestens 3% unterschritten werden.
Nerven gespannt wie Drahtseile
Der Markt fällt erneut zurück, die Spannung ist immens, die Verluste sind jetzt wieder angewachsen, denn einige der neuen Positionen stehen schon unter Wasser. Der Markt testet die Tiefs und schaut darunter, einige Mitglieder geben noch auf, von denen ich dann aufgrund der folgenden Geschehnisse nie wieder etwas hören werde, weil diese „Schmach“ einfach nicht zu ertragen ist. Die Luft vor den Monitoren ist wie zum Schneiden, die Spannung spürbar.
Dann dreht der Markt im April mit einem „Undercut“ von 1% unter die alten Tiefs. Ein markantes „W“ entsteht in den langfristigen Charts und plötzlich kommen auch Nachrichten der Lösung, die Politik ist über ihren Schatten gesprungen, hat alte Glaubenssätze aufgegeben, ein „Reset“ des Finanzsystems ist in Gang gekommen.
Gewinn und Trauer
Von diesem April an, fast zwei Jahre nach dem Allzeithoch, steigt der Markt den Rest des Jahres wie ein Strich. Wir verbliebenen „Mohikaner“ gehen „All In“ und schreiben das beste Börsenjahr unserer Geschichte in unsere Bücher. Der Zusammenhalt ist enorm, aber auch die Trauer um die vielen bekannten Namen, die auf dem Weg verloren gegangen sind. Gerade die alten Hasen, die beim zweiten Schenkel des „W“ den Druck nicht mehr ertragen konnten, tun besonders weh und wir wissen, wie die sich nun fühlen. Das Ego verhindert, den Fehler schnell einzugestehen, und so wird das Delta und der Schmerz mit jedem Tag größer, den der Markt in diesem Jahr noch steigt.
Auch die Heerscharen der Blogs sind wie nach jeder großen Krise wieder von der Bildfläche verschwunden, die vorher dem langfristigen, ruhigen Akkumulieren im Sinne „Buy and Hold“ das Wort geredet haben. Ohne die Akzeptanz solcher Einbrüche schon im vorhinein, hält die große Mehrzahl der Anleger so einen Druck halt einfach nicht aus, auch wenn der Gedanke objektiv richtig ist. Die Mehrzahl verkauft aber unter Druck und schaut nicht mehr zurück, weil der Schmerz zu intensiv ist – „Börse ist Sch****“ lautet dann das Motto, dessen einziger Zweck ist, das verwundete Ego zu schützen. Grau ist eben alle Theorie, im Schlachtengetümmel zeigt sich der wahre Charakter.
Ein neuer Lebensabschnitt
Am Ende des Jahres, der Nebel über dem Schlachtfeld hat sich verzogen und ein neuer finanztechnischer Morgen hat begonnen, beschließe ich, Mr-Market in dieser Form nicht mehr weiterzuführen. Ich habe einfach keine Lust mehr, den selben Zyklus noch einmal schreibend zu durchleben und die gleichen Geschichten dabei wieder neuen Mitgliedern zu erzählen und die gleichen Fehleinschätzungen der Herde wieder zu betreuen – erst zu skeptisch, dann zu optimistisch.
Ich erinnere mich an die Jahre 2015, 2016 und 2017, in denen die Gleichen vom bevorstehenden Crash geredet haben, die dann nach 2018 plötzlich bullisch wurden. Die Einbildung scheint klüger als der Markt und damit als der Rest der Menschheit zu sein, ist halt nicht auszurotten und so sind viele dazu verdammt, die gleichen Fehler in jedem Zyklus immer wieder zu machen.
Ich gebe den Blog ja aber nicht auf, die Gemeinschaft ist sehr zusammen gewachsen und das schätze ich immens, ich reduziere den Blog daher auf einen engeren Kreis von ein paar hundert Vertrauten, mit denen ich mich aber viel intensiver und persönlicher austausche. An Geld mangelt es denen nun nicht, wer diesen Weg mitgegangen und im Anstieg nach dem „W“ auch „All In“ gegangen ist, kann erst einmal für Jahre grinsen und dabei hat der neue Zyklus ja gerade erst begonnen.
Darüber hinaus investiere ich nun mehr Zeit in eine schreibende Karriere abseits des Blogs, schreibe über die Krise ein Buch das ganz erfolgreich wird und mache mir einen Namen über die Börse hinaus, am Ende engagiere ich mich auch politisch, denn mit der Krise hat nicht nur das Finanzsystem, sondern auch das politische System einen kleinen „Reset“ bekommen. Die Macht der Partei-Apparate wurde gedämpft und man hat nun auch als freier, parteipolitisch unabhängiger Kandidat Chancen Einfluss zu nehmen, was vorher unmöglich war.
Blick in die Ferne unter Freunden
Fünf Jahre später treffen sich die treuen Mitglieder der Gemeinschaft an einem herrlichen Abend wieder im Juni, an dem über dem Ammersee eine glutrote Sonne untergeht. Und wir reden von damals, von diesem unglaublichen Jahr, als wir an den Nägeln gekaut und dann gejubelt haben. Wir haben zunächst 20-30% verloren, um dann 60-100% zu gewinnen, aber ein paar graue Haare haben wir neben der Erfahrung dabei mitgenommen.
Damit verdüsterte sich das Bild der Kugel wieder. Woher und von wem die Assyrer sie bekamen, wird immer ein Geheimnis bleiben, so wie auch die, die sie mir zur Verfügung gestellt haben. Aber es war eine spannende Geschichte, die sie mir erzählt hat, ich hoffe auch Ihnen.
Nachtrag:
Wenn ich im Nachhinein darüber nachdenke, bin ich vielleicht betrogen worden – die mir erzählte Geschichte von den Assyrern und dem Weg der Kugel zu mir – die ich Ihnen, wie gesagt nicht erzählen kann, weil es Sie verunsichern würde – war einfach zu attraktiv und wohl eine Verkaufsmasche. Auch ist der in der Kugel gezeigte Ablauf zu nahe am 2008er Geschehen rund um Lehman, als dass es sich so wiederholen sollte – oder doch nicht?
Ich bin unsicher, denn ich weiß, dass sich keine Krise völlig gleicht und bei der nächsten nur Eines sicher sein wird – die Überraschung, wo die Krise sich zum ersten Mal zeigt, garantiert nicht da, wo es alle erwarten.
Außerdem weiß ich immer noch nicht, wie die Bilder von mir im gealterten Zustand in die Kugel gekommen sind. Wenn es also ein Betrug war, dann ein sehr aufwändiger und warum sollte das jemand machen? Fragen über Fragen, aber eines ist klar:
Der emotionale Ablauf, also das was wir subjektiv fühlen werden, die wir diese Krise mit unseren Depots durchleben, ist nahe an der Realität und deswegen hat es Wert, diese Zukunft gesehen zu haben.
Amen.
Ihr Michael Schulte (Hari)