An den Märkten hat die lange ersehnte Korrektur eingesetzt, die erste ernst zu nehmende Schwäche seit Trump im November letzten Jahres Präsident wurde. Ob es diesen Sommer mehr als eine normale 5-10% Korrektur wird, oder ob sie schon wieder vorbei ist, ist noch offen – wir haben alle keine Glaskugel, besonders die nicht, die so tun. Aber es spricht doch einiges dafür, dass diese Korrektur zum Jahresende eine Kaufgelegenheit ist und der Bullenmarkt noch Luft hat. Ich erinnere in dem Zusammenhang erneut an meine Worte von letzten Sommer hier zur „Katastrophenhausse“. Das damals gezeigte Chart, das witzigerweise ziemlich genau so eingetroffen ist, sollte uns daran gemahnen, welche Urgewalt ein Markt entwickeln kann, der keine Wahl hat, als um jeden Preis in Sachwerte zu gehen.
Die neuen „Masters of the Universe“
Natürlich hat diese Urgewalt zwar nicht vollständig, aber doch zu einem guten Teil, mit der Politik der Notenbanken zu tun und auch hier auf TE sind zuletzt wieder Artikel erschienen, die diese Politik der endlosen Geldvermehrung und ihre potentiell katastrophalen Folgen thematisieren. Ich bin der Letzte, der das nicht hoch kritisch, ja mit Abscheu sieht. Mit Abscheu vor einer Kaste an Technokraten, die sich zu den neuen „Masters of the Universe“ aufgeschwungen und uns alle in ein historisch einmaliges, geldpolitisches Experiment mit mehr als ungewissem Ausgang gezwungen haben, obwohl wir als Bürger – wie zuletzt so oft – nie gefragt wurden, ob wir dieses Experiment wirklich eingehen wollen.
Aber dieses Experiment soll hier nicht Thema sein, Thema soll sein, was wir als Anleger nun tun können. Und dabei werden immer wieder zwei kardinale Fehler von den Anlegern gemacht, die durch all die Weltuntergangs-Szenarien, Crash-Gurus und Horror-Szenarien zur Geldpolitik noch befeuert werden. Ich will, um Missverständnissen vorzubeugen, dabei erneut betonen, wie wichtig die Erkenntnisse für uns als Bürger sind, in welchem Environment wir uns bewegen und auf welch dünnem geldpolitischen Eis sich die Welt mittlerweile bewegt – mit dem Risiko eine größere Krise zu generieren, als es die schnell abgewürgte Finanzkrise 2008 je war. Für uns als Bürger ist das wichtig, weil wir nur so in der Lage sind, die oberflächlichen, politischen Girlanden zu durchschauen, mit denen wir ruhiggestellt werden.
Fatale Selbstgewissheit und Janet Yellen
Einen erneuten Höhepunkt dieser Girlanden hat die FED-Chefin Janet Yellen letzte Woche generiert, als sie ernsthaft behauptete, dass es -> in unserem Leben wohl keine Finanzkrise mehr gäbe <-. Das sind Aussagen von der intellektuellen Qualität wie die, dass man Grenzen nicht mehr schützen kann. Und man fragt sich nur noch, ob andere in einer dermaßen selbstgefälligen Blase der eigenen Unfehlbarkeit leben, dass sie den Schuss der Realität schon nicht mehr hören können. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass Yellens Aussage in den nächsten 20-30 Jahren von der Realität überholt wird, ist extrem hoch. Niemand weiß, was in 20 Jahren sein wird. Niemand, auch nicht Janet Yellen oder Mario Draghi. Punkt. Und wenn man diese Demut der Zukunft gegenüber hat, würde man auch nie auf den Gedanken kommen, öffentlich solche Aussagen zu machen.
Sie sehen also, wie ich darüber denke, ich wende mich mit einer Mischung aus Grausen und Faszination ab, wenn sich die Weltbilder der Menschen offenbaren, die das Schicksal unserer Welt wesentlich bestimmen. Und trotzdem ist es für Anleger ein riesiger Fehler, sich von diesen Überlegungen leiten zu lassen. Aus politischer Sicht ist es wichtig, dass wir die Zusammenhänge verstehen, aus der Sicht eines Anlegers ist es aber ein Fehler, uns davon sofort leiten zu lassen. Genau genommen sind es eben zwei Fehler die gemacht werden und die fatale Folgen für das eigene Vermögen haben.
Der erste Anleger-Fehler – Die Beharrungskräfte unterschätzen
Der erste Fehler ist, die Beharrungskräfte und damit das Timing-Problem zu unterschätzen. Denn all diese Analysen zur Notenbankpolitik und ihren Folgen hat man auch vor 5 Jahren, im Jahr 2012 schreiben können. Sie wurden auch geschrieben und auch ich habe sie geschrieben. Ich kann ihnen diverse Artikel in diesem Stil auf Mr-Market zeigen, so zum Beispiel aus 2012 zum ESM –> Ein historischer Tag, das Ende Deutschlands wie wir es kennen <-. Und wo stehen wir an den Märkten trotz dieser Erkenntnis? Viel höher als 2012 und wer beim Bullenmarkt nicht dabei war, oder noch schlimmer, sich gegen den Markt gestellt hat, weil er Crash-Gurus nachgelaufen ist, hat ein massives Problem. Wir auf Mr-Market waren aber dabei, weil wir Erkenntnis und Timing immer trennen konnten und ich die Argumentationslinie dieses Artikels hier schon seit Jahren „predige“: Wir handeln, was wir sehen und nicht, was wir uns wünschen oder befürchten.
Aber noch schlimmer, ich prophezeie Ihnen, die Chance ist verdammt hoch, dass wir in weiteren 5 Jahren im Markt noch höher stehen und der „Tag des Jüngsten Gerichts“ immer noch nicht gekommen ist. Bedenken wir, dass das ganze System davon abhängt und die Protagonisten des Systems, die Notenbanken und Politiker ganz vorne weg, werden alles dafür tun, alles und darüber hinaus, dass es fortbesteht. Geben wir uns also keiner Illusion hin, diese Spirale kann sich noch viel weiter drehen, bevor sie dann vielleicht final bricht, wobei selbst das nicht sicher ist. Denken Sie an die Katastrophenhausse, die noch gar nicht eingesetzt hat, weil noch gar keine Katastrophenwahrnehmung existiert! Wenn aber der Markt in 5 Jahren noch viel höher steht, während Geld und geldnahe Anlagen weiter entwertet wurden, was hilft es dann, heute auf all die Crash-Gurus und Weissagen des letzten Gerichts zu hören? Sie ahnen es: Nichts! Noch schlimmer, es ist völlig kontraproduktiv! Genau genommen müsste man Menschen, die intellektuelle Erkenntnis und Handeln nicht zeitlich voneinander trennen können – und das ist leider wohl eine grosse Zahl – zum eigenen Wohl verbieten, all diese Horrorgeschichten zu lesen, weil es das eigene Anlageverhalten extrem negativ beeinflusst.
Der zweite Anleger-Fehler – Mangelnde Phantasie einer ungewissen Zukunft gegenüber
Der erste zentrale Fehler ist also, die Beharrungskräfte eines Systems zu unterschätzen, von dem für die Protagonisten alles abhängt. Der zweite Fehler ist mangelnde Phantasie und Demut vor der Ungewissheit einer solche katastrophalen Umwälzung und der Zukunft generell. Da gibt es heute diverse „Ratgeber“, was man in so einem Fall tun sollte, aber mit Verlaub, das ist, wenn zu konkret, eher Unfug. Denn wenn es so Spitz auf Kopf steht, werden die Protagonisten des Systems, wie vorhin gesagt alles und noch viel mehr tun, um zu retten was zu retten ist. Kein „Gesetz“, keine „Logik“, absolut nichts wird in so einer Phase wirklich „sicher“ sein. Abgesehen davon laufen wir auch ohne Krise unter den Überschriften wie Digitalisierung, Robotics und künstliche Intelligenz in einen massiven gesellschaftlichen Umbruch, der in seiner disruptiven Kraft alles seit der frühen Industrialisierung in den Schatten stellen dürfte.
Wer das versteht, wer Demut vor der Gewalt und Unberechenbarkeit einer Entwicklung hat, die aus einem historisch einmaligen Experiment entstehen kann, der weiß, dass jede zu enge Festlegung im Vorfeld ein Fehler ist. Alles was hilft, ist im Vorfeld sinnvolle Diversifizierung betrieben zu haben, sich also auf verschiedene unabhängige Fundamente zu stellen und dann die Erkenntnis der Zusammenhänge und gedankliche Flexibilität in der konkreten Situation. Auch die Vergangenheit ist nur sehr begrenzt ein sinnvoller Ratgeber, denn wenn eine Situation historisch einmalig ist, wird es auch Folgen daraus geben, die historisch einmalig sind und die wir uns heute gar nicht vorstellen können. Es ist klug, diese Erkenntnis und Demut dem Schicksal gegenüber zu haben, es ist dumm zu glauben, man wüsste was passieren wird. Der kluge Mensch weiß eben, was er nicht weiß.
So glauben zum Beispiel einige dogmatische Goldjünger, dass das Edelmetall das alleine seligmachende Mittel sei, um einem solchen Szenario wenigstens halbwegs aus dem Weg zu gehen. Das kann sein, es kann auch nicht sein, wenn Gold gnadenlos verboten wird. Und in einer Welt, in der alle Konten überwacht werden und jegliche Waren nur noch über elektronische Transaktionen ablaufen – und genau diese Welt entwickelt sich gerade – ist so ein Verbot auch effektiv durchzusetzen, was es in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts eben noch nicht war. Oder extreme Immobilienfans glauben, dass Betongold „sicher“ und das alleine seligmachende Mittel sei. Dummerweise wird es, wenn es hart auf hart kommt, auch wieder massive Zwangshypotheken geben. Ein Politiker, der mit der „Gerechtigkeit“ argumentiert, warum das so sein muss, wird sich dann schon finden und eine Mehrheit die „JA“ schreit, wenn sie selber massiv unter Druck steht, ganz bestimmt auch, da braucht es nicht einmal eine Diktatur dafür.
Beispiele für Investments
Nun stellt sich doch gleich die Frage, was man denn kaufen sollte, zumal ich Ihnen zuletzt in –> Algos, ETFs, Robo Adviser und ein Truthahn Leben <– diese passiven Konstrukte eher ausgeredet habe, gerade weil diese so boomen. Allerdings dürfte der Inhalt dieses Artikels nur Wenige wirklich erreicht haben, weil als Thema zu sperrig und anstrengend.
Deshalb will ich heute mal drei Namen als reine Beispiele konkret nennen. Drei Aktien, die in einem langfristig orientierten Depot eine gute Figur machen könnten, auch wenn sie, wie jede Unternehmensbeteiligung, natürlich Risiken und Schwankungen unterliegen werden und in einer schweren Krise ebenso fallen werden, wie jedes Asset, weit über den Aktienmarkt hinaus.
Thermo Fisher Scientific (TMO)
Die erste Aktie habe ich Ihnen nach der Logik der –> Schaufeln für den Boom <– schon genannt und brauche das hier nicht zu wiederholen, bitte lesen Sie den Artikel noch einmal. Es ist Thermo Fisher Scientific (TMO) und mit der Aktie kauft man den Biotech-Boom, ohne sich von einzelnen Studien oder Präparaten und ihren Risiken abhängig zu machen.
Die Hummel Tesla
Die Logik, in die Schaufeln des Booms zu investieren, statt sich festzulegen welcher „Digger“ beim Goldrausch am Ende das große Los ziehen wird, kann man aber auch beim großen Umbruch in der Mobilität und der Energieverteilung spielen. Kauft man BMW oder Daimler, geht man das große Risiko ein, dass diese Unternehmen den Umbruch endgültig –> verschlafen <– und in 10 Jahren schon nicht mehr selbstständig am Markt, weil von den Gewinnern aufgekauft sind.
Johnson Controls (JCI)
Wenn man all diese Risiken nicht eingehen will, dann wäre es doch gut, die zu kaufen, durch deren Technologie all diese Mobilitätskonzepte überhaupt erst funktionieren. Bei den deutschen Autobauern ist doch bei Kennern der Szene bekannt, dass diese immer mehr zu Designschmieden für Optik und Haptik werden – man könnte auch mit spitzer Zunge sagen für „Schweller und Holzintarsien“ – die technologischen Kernkompetenzen aber zunehmend bei Zulieferern wie Bosch und Continental liegen. Die Zeit, in der die „Bayrischen Motorenwerke“ noch Motoren herstellen, geht eben im Zeitalter der Elektromobilität vorbei.
Dummerweise kann man Bosch nicht kaufen, weil nicht börsennotiert und da sind wir bei Johnson Controls – hier die –> Unternehmenswebsite <– – einem US Konzern mit nach der Tyco-Übernahme 42 Milliarden USD Umsatz und den Hauptgeschäftsfeldern Batterien und Gebäudetechnik – beides hat definitiv Zukunft. Ich werde Ihnen hier Johnson Controls nicht genauer vorstellen, das ist ein Weltkonzern, das können Sie woanders besser nachlesen. Ich sage nur, schauen Sie sich das Unternehmen mal an.
Alphabet (GOOGL)
Den dritten Namen kennt jeder und auch wieder nicht, denn es ist auch eine Art „Schaufelhersteller“ und zwar für das die Welt in den nächsten Jahrzehnten umwälzende Thema der künstlichen Intelligenz. Denn –> Alphabet als Holding <– nutzt zwar die „Gelddruckmaschine“ Google, geht aber weit darüber hinaus, weil in diverse Felder massiv investiert wird, die unsere Zukunft bestimmen werden. Wer sich im Sektor der künstlichen Intelligenz positionieren will, positioniert sich mit Google bei den Basistechnologien und damit bei „Schaufeln“ und nicht bei den Endprodukten, die von dieser Technologie betrieben und daher eher austauschbar sein werden. Auch Alphabet sollten Sie sich mal genauer anschauen, es ist viel mehr als Google, auch wenn Google nach wie vor die „Cashcow“ ist. Das größte langfristige Risiko ist hier wohl Zerschlagung wegen Marktmacht, die Zukunft der Themen die Google beackert, sieht dagegen aus wirtschaftlicher Sicht „rosig“ aus.
Fazit
Ich halte mich hier bewusst kurz zu den drei Aktien Thermo Fisher Scientific, Johnson Controls und Alphabet, erstens weil der Artikel sowieso schon zu lang ist und zweitens, weil das hier nur Beispiele sind und keine Aktienanalysen und keine konkreten Anlageempfehlungen werden sollen. Und es gibt auch definitiv nicht nur die drei, die langfristig interessant sind, wenn Sie mehr und andere tiefer kennenlernen wollen, stoßen Sie doch zu uns bei Mr-Market dazu. Ich will Ihnen hier nur im Kontext des Artikels eine Idee davon vermitteln, was Aktien sind, die für eine langfristige Diversifizierung auch in Produktivkapital hinein Sinn machen könnten.
Mit der reinen Idee, mit der Erwähnung dieser drei Aktien, ist daher auch keine konkrete Timing- oder Einstiegsempfehlung verbunden. Auch wenn ich Eingangs sagte, dass wir nun mitten in einer Korrektur sind, diese aber vielleicht im Laufe des Sommers zur Einstiegschance wird, ist das ja nur ein – wenn auch das in meinen Augen wahrscheinlichere – Szenario. Ich selber bin aber, um das hier deutlich zu sagen und auch offenzulegen, in allen drei Aktien derzeit mit eigenem Geld langfristig investiert. Bei diesen Bluechips ist diese Information aber für Sie nebensächlich, weil mein kleines Investment als Privatmann den Kursverlauf dieser Konzerne mit zwei oder dreistelliger Milliardenkapitalisierung sowieso nicht beeinflussen kann.
Die Botschaft die ich Ihnen mit diesem Artikel mitgeben will ist, dass kluge Anleger die Erkenntnis zu den Risiken des Finanzsystems von ihrem Handeln im Hier und Jetzt trennen. Denn bis diese Erkenntnis auf ein reales Problem, auf eine reale Krise trifft, können potentiell noch viele Jahre vergehen, in denen solche Aktien weiter steigen und die Besitzer von reinem Geldvermögen oder geldnahen Anlagen wie Anleihen leiden werden. Und auch in der Krise werden solche Konzerne mit starker Marktstellung und dringend benötigter Technologie zu den vergleichsweise „sicheren“ Anlagen gehören. Nicht weil sie nicht auch fallen, sondern weil sie sich eher erholen, als die Anleihen eines Pleitiers.
Die Erkenntnis der Zusammenhänge und Probleme des Finanzsystems ist wichtig, um uns vorzubereiten und wenn die Situation eintritt, geistig flexibel dann das Notwendige zu tun, was immer das dann sein wird. Zu früh zu handeln, ist aber am Markt auch nur ein anderes Wort für Verlust. Und die Zukunft ist und bleibt unbestimmt, wenn Ihnen anderes erzählt wird, glauben sie es nicht, niemand hat eine Glaskugel und sicher sind nur die Überraschungen der Zukunft und am Ende unser Tod. An letzterem Problem wird aber mittlerweile heftig gearbeitet, gerade auch bei Alphabet …
Ihr Michael Schulte (Hari)