Tichys Einblick
Der nächste Feind

Feinstaub, eine Posse

Feinstaub gilt seit einiger Zeit als das größte anzunehmende Übel - unmittelbar nach der Kernschmelze eines KKW. Er lässt Alkohol, Zigaretten und sogar das ganz superböse CO2 weit hinter sich in der nach oben offenen Katatstropenskala.

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Schädigt Feinstaub auch das Gehirn? Schaffen es diese mikroskopisch kleinen Teilchen, durch die Lunge in das Blut, sogar die legendäre Blut-Hirn-Schranke, die letzte Bastion des Gehirns, zu überwinden und in das Gehirn einzudringen? Richten sie dort verheerende Schäden an? Wenn man die Diskussion darüber verfolgt, kommt man nicht umhin, diese Frage zu bejahen. So vernebelt klingen die Äußerungen.

Feinstaub gilt seit einiger Zeit als das größte anzunehmende Übel, der Super-Gau schlechthin – unmittelbar nach der Kernschmelze eines Kernkraftwerkes. Er lässt Alkohol, Zigaretten und sogar das ganz superböse CO2 weit hinter sich in der nach oben offenen Katatstropenskala. Feinstaub gefährdet die Gesundheit, ist einfach grauenhaft, muss weg. Feinstaub führen Grüne und selbsternannte Umweltschützer im Mund, wenn sie auf die Gesundheitsgefahren unserer Industriegesellschaft hinweisen – oder schlichtweg Geld für „mutige“ Projekte gegen den Feinstaub wollen.

Ökokriegsgewinnler wie die umstrittene Deutsche Umwelthilfe DUH überziehen derzeit Städte mit teuren Klagewellen, weil die die deutlich heruntergesetzten Grenzwerte nicht einhalten (können). Sie treiben ein teures Spiel über die Brüsseler Bande: Dort sorgt die Umweltguerilla-Lobby für niedrige Grenzwertvorgaben. Daraufhin kann Brüssel mit schöner Regelmäßigkeit Deutschland wegen grenzwertüberschreitender Feinstaubbelastung rügen. Das führt zum Beispiel dazu, dass der baden-württembergisch grüne Verkehrsminister in Brüssel mit einem Stuttgarter Feinstaubaktionsplan davon überzeugen muss, die Lage im Griff zu haben und dass im Südwesten in Sachen Umwelt etwas getan wird. Doch die Kommission verlangt jetzt »Butter bei die Fische«: »Wir wollen Ergebnisse sehen!« Zehn Jahre schon mahnt Brüssel und dringt auf Einhaltung der Grenzwerte.

Den Eiertanz kann man besonders schön in Stuttgart bewundern. Schon weit vor der Landeshauptstadt warnen Schilder über der Autobahn »Feinstaubalarm«, klingt ähnlich wie Bombenalarm. Die Bürger sollen das Auto stehenlassen, vor allem die Heizungen ausmachen. Frieren gegen Feinstaub. Über Internet lässt sich grafisch aufbereitet der Horror direkt verfolgen verbunden mit aktuellen Handlungsanweisungen: »Bitte lassen Sie Ihren Komfort-Kamin aus« und »Bitte lassen Sie Ihr Auto stehen.« Umweltverbände wie die Deutsche Umwelthilfe fordern Fahrverbote, allerdings nicht für ihren Chef, den Vielflieger und Vielfahrer Jürgen Resch. Der soll für den Schutz der Umwelt ungegrenzt fahren und fliegen dürfen.

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Nun ist in Stuttgart das Messgerät für Luftschadstoffe am Neckartor direkt an einer mehrspurigen Einfallstraße positioniert, also an der dreckigsten Stelle im gefürchteten Stuttgarter Kessel. Nach Berechnungen der Landesanstalt für Umweltmessungen Baden-Württemberg kommen an genau dieser berüchtigten Kreuzung 51 Prozent des Feinstaubes aus dem Straßenverkehr. Von diesen 51 Prozent allerdings nur 7 Prozent aus dem Auspuff der Autos, 44 Prozent davon entstehen beim Bremsen und wesentlich durch Abrieb von Reifen. Ein paar Meter weiter sieht die Situation vermutlich gleich ganz anders aus. Deshalb hatte einst die CDU-Fraktion beantragt, eine zweite Meßstelle zu installieren: »Auch – immer vorausgesetzt, im Ergebnis stellen sich die Werte besser dar – würde das Image der Stadt, die mit dem Neckartor als extrem dreckigem Ort in Sachen Feinstaub europaweit in den Schlagzeilen steht, bei einer sich möglicherweise ergebenden positiveren Gesamtdarstellung etwas weniger leiden.«

Die EU muss sich auch nicht mit den zu erwartenden Protesten der Bürger herumschlagen. Davor scheuen die Grünen im Stuttgarter Rathaus als auch in der baden-württembergischen Landesregierung denn doch zurück. Im Prinzip hieße das, das Wirtschaftsleben einzustellen. Dann gibts auch keine Steuereinnahmen mehr.

Was tun, fragen sich verzweifelt die Grünen. Sie können auch ihre letzte Wählerklientel in guter Stuttgarter Halbhöhenlage kaum in der kalten Jahreszeit frieren lassen. Sie haben jetzt erst einmal »Betriebsbeschränkungen für kleine Feuerungsanlagen« verordnet. Danach sollen sogenannte Komfortkamine bei Feinstaubalarm – na was wohl – verboten werden. Also Holzöfen, die eine »bereits vorhandene Heizung ergänzen und nicht den Grundbedarf an Wärme decken«.

Die vor der Wut der Stuttgarter Bürger zitternden Stuttgarter Grünen sind zudem auf die Idee einer blauen Plakette gekommen. Nur Autos mit einer solchen Plakette sollen in die Innenstadt fahren dürfen. Damit sollen – so der Plan – im Jahr die Stickoxidwerte um 91 %, der Feinstaub um 10 % reduziert werden. Wieder eine neue Plakette, nachdem sich schon die alte grüne als wirkungslos erwiesen hat. 16 % der Feinstaubbelastung sollen kleine und mittlere Feuerungsanlagen produzieren, 30 % Ferntransporte und 3 % Industrie, Gewerbe, Baustellen und Sonstiges. Wohlgemerkt immer bezogen auf die bundesweit bekannte Messstelle am Neckartor in der baden-württembergischen Landeshauptstadt. Die bisherigen Fahrverbote haben jedenfalls keinerlei Wirkung gezeigt. Kunststück, denn der Verkehr ist keineswegs die Hauptquelle des ominösen Feinstaubes im Stuttgarter Talkessel.

Die Deutsche Umwelthilfe hat das Ausnehmen des Staates (und von Wirtschafts-Treibenden) als probates Geschäftsmodell erkannt und klagt sich spendenheischend durch die Gerichtsinstanzen, verweist auf die EU-Richtlinien, die die Grünen wesentlich herbeigeführt haben und will PR-trächtig die Städte zwingen, Autoverkehr stillzulegen. Derzeit klagt sie unter anderem vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart. Das Land muss darlegen, wie es in der Stadt dauerhaft für saubere Luft sorgen will. Verkehrsminister Hermann wird wahrscheinlich das Gericht um Aufschub bitten.

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Diese Umwelthelfer wollen sich gern mit dem Triumph schmücken, den Verkehr in einer Stadt lahmgelegt zu haben. Natürlich nur aus Umweltgründen. Das bringt PR und Geld. Ins Feld geführt werden bedrohlich klingende Untersuchungen, nach denen allein in Deutschland jährlich 34.000 Menschen an den Folgen von Feinstaub sterben. Das wäre deutlich mehr als die 3.000 bis 4.000 Verkehrstoten, ein wenig mehr als jene 20.000 bis 30.000, die aufgrund mangelnder Hygiene in unseren Krankenhäusern sterben würden. Europaweit sollen es 430.000 Menschen sein, weltweit einige Millionen: kurzum der Schrecken der modernen Industriegesellschaft. Ob das alles stimmt, weiß niemand. Es sind wieder einmal alles nur Modellrechnungen, die keinerlei Aussagekraft haben, wie das vor kurzem hier Peter Heller herausragend dargelegt hat.

Niemand kann sagen, wie lange ein Mensch und mit welcher Konzentration ein Mensch Feinstaub ausgesetzt sein muss, damit er daran Schaden leidet. Niemand weiß das, schon gleich gar nicht lässt sich feststellen, ob jemand an einer zu hohen Feinstaubbelastung verstorben ist. Nun reicht es nicht, Autoverkehr und Heizung zu verbieten, sondern es müssen gleich auch Pflanzen und Bäume abgeholzt werden. Denn feine Staubpartikel produziert auch die Natur in ungeheurem Ausmaße. Pollen und Blütenstäube zum Beispiel wehen im Frühjahr bald wieder übers Land. Waldbrände muss man verbieten, dabei entstehen Feinstäube, und ebenso sollte man Vulkane einstellen. Was da an Staub aus dem Vulkanschlot herauspustet, übersteigt grünes Vorstellungsvermögen.

Keine Frage: Gute Luft ist ein hohes Gut, das niemand leichtfertig aufgeben darf. Aber es gilt, keine Alarmistenmaschinen einzuschalten, um noch mehr Geld aus irgendwelchen Fördertöpfen zu holen. Aber es gilt, die Kirche im Dorf zu lassen. Immerhin ist eingetreten, was Willy Brandt seinerzeit forderte: Der Himmel über dem Ruhrgebiet soll wieder blau werden. Das geschah einmal durch höhere Schornsteine, die den Dreck weiter in der Landschaft verteilten. Doch gleichzeitig brachten vor allemn neu entwickelte Filtertechnologien beachtliche Fortschritte. Anfang der 1960er Jahre wurden im Ruhrgebiet 1,5 Millionen Tonnen Staub und Russ sowie vier Millionen Tonnen Schwefeldioxid aus Kraftwerken, Stahlwerken und anderen Anlagen in die Luft geblasen. 1962 wurde in Nordrhein-Westfalen als erstem Bundesland ein Immissionsschutzgesetz verabschiedet. 1964 lag die Konzentration von Schwefeldioxid im Ruhrgebiet bei über 200 µg/Kubikmeter, 2009 sind es weniger als 10 µg.

Kraftwerke bekamen elektrostatische Rauchfilter, Katalysatoren, aufwendige Abgasreinigungsanlagen, so dass heute die Luft sauber geworden ist. Die Autos wurden mit aufwendigen Katalysatoren ausgerüstet – zuerst gegen den heftigen Widerstand der Autohersteller, Dieselmotoren wurden mit Rußfiltern ausgerüstet. Heute fällt es einem auf, wenn man hinter einem alten Auto ohner Abgastechnik her fährt.

Stickoxide braucht die Umwelt!
Die gute Seite der Stickoxide
Aber Feinstaub ist so recht ein Thema, über das man wunderbar dramatische Berichte in die Welt setzen kann. Feinstaub ist so schön geheimnisvoll, man sieht ihn kaum, er hat geheimnisvolle Eigenschaften, und kann „natürlich“ auch die Erbsubstanz schädigen. Vom Auspuff ins Gehirn – wie Feinstaub die Gesundheit schädigt – schöner kann man es nicht ausdrücken. Feinstaub ist Auslöser von Krankheiten, klar Übergewicht gleich mit, Alzheimer sowieso, die bis vor kurzem noch als ideologisch gut befundenen Heizungen mit Holz, weil so schön CO2-frei, sind plötzlich eine wesentliche Ursache des Übels, werden als Dreckschleuder Holzofen gebrandmarkt.

Auch die Industrie lernt schnell. Verkaufte sie noch bei der atomaren Superkatastrophe von Tschernobyl, die bekanntermaßen den Erdball sprengte, so viele Geigerzähler wie noch nie an Leute, die eher wenig damit anfangen konnten, so hat sie jetzt Sonderschichten für die Fertigung von Partikelmessgeräte wie das HP-5800 elf (F für Feinstaub) Messgerät angeworfen, erhältlich über Amazon. Leider verfügt das Gerät noch nicht über den neuesten Schrei und kann noch nicht den Zusammenhang messen, den die Wissenschaft gerade herausgefunden hat, dass ultrafeine Partikel auch die Herzfunktion beeinflussen.

Ein Verbot tibetanischer Räucherstäbchen haben die Grünen bisher offenkundig nicht geplant. Die lassen in den Wohnungen die Feinstaubwerte dramatisch ansteigen. Das könnte denn doch zu viele Wähler der Grünen verschrecken. Da kann es eher gegen die Kirchen gehen. Weihrauchkessel lassen die Feinstaubwerte in den Kirchengemäuern über alle EU-Grenzwerte steigen.

Früher jedenfalls waren die Stadtverwaltungen praktisch veranlagt: Sie ließen mit Wassersprengwagen die Straßen abspritzen. Das wirkte Wunder. Staub, Feinstaub, Abrieb von Bremsen und Reifen sowie Rußniederschläge aus Heizungen wurden in die Kanalisation gespült. Dafür fehlt heute das Geld. Und dann ließe sich das Thema »Feinstaub« politisch nicht so schön ausschlachten.

Und niemand darf jetzt auf die neue Elektromobilität kommen. Elektroautos produzieren ziemliche Mengen eines anderen Stoffes, der vor Jahr und Tag für große Panik sorgte: Ozon. Wehe, wenn das rauskommt.

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