Nachhaltig soll sie sein, die Energiewende. Nur noch ein schwacher Veilchenduft in der Luft und eine naturbelassene Erde zu unseren Füßen, nur etwas angekratzt für sparsam verwendete Rohstoffe. Für die Lieblingstechnologien hauen wir den Spaten allerdings ganz tief rein.
Die neue Energiewelt wünscht man sich voll smarter Lösungen, die wenig Aufwand verursachen und wenige Ressourcen verbrauchen. Nachhaltigkeit wird verschieden definiert, drei Strategien nachhaltiger Entwicklung sind in der Diskussion: Suffizienz (Verringerung Aufwand), Effizienz (optimale Ausnutzung von Material und Energie) sowie Konsistenz (umweltverträgliches Material, Kreislaufwirtschaft, Müllvermeidung). Keiner dieser Ansätze kommt beim exzessiven Ausbau der Windkraft zum Tragen. Immer größere Anlagen verschlingen immer mehr Material und produzieren dennoch nicht verlässlich, nicht nachhaltig die Ware Strom.
Die Zahlen sind eindrucksvoll. Für eine Anlage des Typs Enercon E-82 mit 3,2 Megawatt Nennleistung und 130 Meter Nabenhöhe ist folgender Materialaufwand nötig:
- Verbundmaterial (Rotorblätter): 29 t
- Kupfer: 12 t
- Aluminium: 1,3 t
- Gusseisen: 73 t
- Stahl: 283 t
- Beton: 1.750 t
- Masse: ca. 2.150 t
Der Jahresstromertrag beträgt bei unterstellten 2.000 Volllaststunden etwa 6,4 Gigawattstunden (GWh). Zwei MAN V10-Dieselmotoren mit je 18 Litern Hubraum, 500 Kilowatt Dauerleistung und 8.000 Betriebsstunden würden im gleichen Zeitraum etwa 8 GWh erbringen. Konstant und im Bedarfsfall regelbar, jedoch mit laufenden Emissionen verbunden. Ihre Gesamtmasse: 3 Tonnen.
Die für die heute üblichen Windkraftanlagen erforderlichen 1.000- bis 1.300-Tonnen-Kräne stehen nicht so einfach auf den Höfen der Montagefirmen herum, sie sind ausgebucht und werden auch anderweitig in der Industrie gebraucht. Zudem können sie nur bei niedrigen Windgeschwindigkeiten die Turmsegmente, Rotorblätter und Gondeln heben, sodass ein durchgehender Montageablauf nicht gesichert ist.
Der Kern aus Eisen
Ein gewichtiges Teil jeder Anlage ist die Nabe, die die Rotorblätter aufnimmt und die Kraft an die Welle überträgt. Hier beispielhaft ein solches Bauteil für eine 2,5-MW-Anlage. Masse: 16,3 t (Wehner/Sonntag „Neue Dimensionen – Windenergie fordert die Gießereibranche“ Konstruieren+Giessen 30, 2005).
Ebenfalls aus Stahlguss bestehen die Verbindungsstücke zwischen Nabe und Turm (Grundrahmen einer 2-MW-Anlage, 8,65 t):
Die Gießereikapazitäten in Deutschland sind ausgebucht. Die Firma Siempelkamp („Wirtschaftswoche“ vom 21. Januar 2022, Seite 6), die größte Handformgießerei des Landes in Krefeld, gibt an, dass sie ihre Produktion um das Fünffache steigern müsste, um den Ausbau zu sichern. Auch Gießereien in Spanien und Italien, die solch große Teile herstellen können, seien ausgebucht. In Deutschland wurden seit 2007 erhebliche Kapazitäten reduziert. Dass die Produktion wieder ausgebaut wird, hält Dirk Howe, Geschäftsführer von Siempelkamp, für unwahrscheinlich: „Explodierende Energiekosten, Umweltauflagen und Bürokratie lassen Investoren vor dem energieintensiven Gussgeschäft zurückschrecken.“
Auch das andere materielle Hinterland schwindet. Europaweit sinkt die Produktion von Aluminium und Zink, Hüttenkapazitäten wurden vor allem in Frankreich, Spanien, Rumänien und Deutschland aus Kostengründen stillgelegt. Dies ist auch ein Ergebnis deutscher Abschaltpolitik und europaweit verminderten Energieangebots. Dazu kommt ein globaler Anstieg der Nachfrage nach Lithium, Kobalt, Nickel und Kupfer, den sogenannten Schlüsselelementen der Energiewende.
Prinzipiell sind in der Erdkruste ausreichend Bodenschätze vorhanden, aber die Erschließung neuer Förderstätten kann bis zu 20 Jahre dauern. 30 Rohstoffe gelten inzwischen „kritisch“ mit einem hohen Versorgungsrisiko, darunter das für die Windkraftgeneratoren wichtige Neodym. Die Abhängigkeit von wenigen Lieferländern, besonders China, Russland, Chile, Indonesien und den Philippinen steigt. Die Chinesen sind mit einem Anteil von 44 Prozent der Hauptlieferant für diese kritischen Rohstoffe.
Kosten und Gewinn
Folgerichtig steigen die Preise. Der Windkraft-Multi Siemens-Gamesa fuhr allein im letzten Quartal 2021 309 Millionen Euro Verlust ein. Gerissene Lieferketten und damit geplatzte Termine trugen ebenso dazu bei wie stark gestiegene Rohstoff- und Materialpreise, während die Produktpreise vertraglich schon vereinbart waren.
Für den Neubau gelten weiterhin die Ausschreibungsverfahren nach dem EEG 2017. Bisher waren die Angebote für Fotovoltaik immer überzeichnet, während im Bereich der Windenergie das ausgeschriebene Volumen meist nicht erreicht wurde. Zudem musste der Wind-Zuschlagswert der Vergütung von anfangs 6,2 auf 7,5 Cent pro Kilowattstunde angehoben werden, um überhaupt Angebote zu erhalten.
Steigenden Kosten auf Herstellerseite stehen inzwischen stark gestiegene Strom-Börsenpreise von zeitweise über 300 Euro pro Megawattstunde (€/MWh) gegenüber. Selbst Orkan Nadia schaffte es am 29. und 30. Januar 2022 nicht, mit einer Windleistung von mehr als 45 Gigawatt den Strompreis ins Negative zu drücken, sondern nur auf 2,30 Euro pro Megawattstunde. Den erwarteten „Überschussstrom“, den man künftig für die Wasserstoff-Elektrolyse verwenden will, wird es nicht geben. Mehr oder weniger Ökostrom im Netz wird nur noch weniger oder mehr Mangel bedeuten. Die Stromproduktion aus Wind und Solar kann nicht den Entfall der Produktion aus Kern- und Kohlekraftwerken ersetzen. Für die Sektorenkopplung wird nichts übrigbleiben.
Verschiedene Faktoren machen das wirtschaftliche Umfeld für die Windmüller künftig sehr unübersichtlich:
- stark steigende Herstellungs- und Montagekosten
- Standorte zunehmend in immer windschwächeren Gebieten
- Fachkräfte- und Materialmangel
- steigende Wartungs- und Entsorgungskosten
- zunehmender Widerstand aus der Bevölkerung
Demgegenüber sind weiter steigende Strompreise im Großhandel zu erwarten. Hier wirken bereits jetzt Windfall-Profits. Basierend auf der Regelung zur sogenannten Management-Prämie können die Betreiber der Ökoenergieanlagen die Gewinne aus hohen Strompreisen voll abschöpfen, während sie nach unten durch die gesetzlich zugestandene Vergütung abgesichert sind. Anstelle wie in Großbritannien die Überschüsse auf das EEG-Umlagekonto für Zeiten niedriger Marktpreise umzubuchen, darf die grüne Bourgeoisie hier voll abschöpfen. Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren – Asozialpolitik in Reinform.
Der große Vorteil der Marktwirtschaft besteht in der Selbstregulierung von Nachfrage und Angebot. In Zeiten unkalkulierbar steigender Energiepreise wird jedoch niemand in den Ausbau von Produktionskapazitäten investieren, letztendlich begrenzt die Materialfrage den wunschgemäßen Ausbau der Ökostromerzeuger.
Die planwirtschaftlich angelegte Energiewende wird auch planwirtschaftliche Erscheinungen hervorbringen. Produzenten werden wie in realsozialistischen Zeiten immer öfter sagen: „Ham wa nich“.