Nein, zum Mond schießen wollte Tesla Chef Elon Musk seinen Elektroroadster nicht. Doch genialer kann ein Werbegag nicht sein: Ein Auto fliegt in einer Rakete in den Weltraum, Richtung Umlaufbahn um die Sonne, vorbei an Mars und Erde. Die Bilder sehen exzentrisch aus: Eine Raumfahrerpuppe am Steuer eines Tesla, pendelt leicht, im Hintergrund taucht immer die Erde auf, dann wieder die „unendlichen Weiten des Alls“. Eine Milliarde Jahre soll die Rakete auf der Umlaufbahn fliegen, schwärmt Musk wie immer ziemlich vollmundig. Raumfahrtexperten sind etwas skeptischer.
Der Tesla wurde im Laderaum einer Falcon Heavy befestigt. Die startete am Abend des 6. Februar 2018 um 21.45 Uhr (MEZ) von jener Startrampe 39 a im Kennedy Space Center in Florida, von der auch vor 1969 der erste Apollo Flug zum Mond abhob. Der Flug war ausdrücklich als Testflug konzipiert; üblich ist, Stahl oder Betonplatten als Last in der Ladebucht zu montieren. Diesmal die Idee, stattdessen einen kompletten Tesla als Payload einzubauen.
Die Sensation gelang acht Minuten nach dem Start. Die beiden zusätzlichen seitlichen Raketenstufen (Booster) trennten sich zweieinhalb Minuten nach dem Start und bogen auf einen Rückkehrflug zur Erde ein. Nach drei Minuten schaltete sich die Triebwerke der Hauptstufe ab, die Stufe begann ebenfalls ihren Rückflug zur Erde.
Wie in einem perfekt animierten Science Fiction Film landeten knapp acht Minuten nach dem Start die beiden Hilfsstufen nach ihrem kurzen Ausflug in eine Höhe von 60 Kilometer nebeneinander auf zwei Landeflächen. Die Triebwerke zündeten, lieferten den kräftigen Bremsschub und die Booster setzen sanft in einer gewaltigen Wolke aus Abgasen und aufgewirbeltem Staub auf – und standen. Vorher sah man, wie mit kurzen seitlichen Jetstößen die Raketen in die richtige Richtung gebracht wurden, vier bewegliche Gitterpaddel an den unteren Enden steuerten zusätzlich die langen Gebilde sauber Richtung Landeplatz. Dann klappen Landefüße aus. Zwei perfekt choreografierte Landungen.
Lediglich die dritte Stufe, das Center Core, so meldete heute die BBC, verfehlte die Landeplattform im Atlantik um rund 100 Meter. Sie konnte nicht mehr abgebremst werden, weil einige seiner Triebwerke nicht mehr gezündet werden konnten. Beim Aufprall mit rund 500 Kilometer pro Stunde explodierte sie auf der Wasseroberfläche. Dabei zerstörte sie auch Teile der Einrichtung des Landepads. Die Übertragung des Video-Signales brach dabei ab. Space X versprach, die Bilder zu veröffentlichen, wenn die Kameras dabei nicht auch zerstört worden seien. Das schmälert nicht den sensationellen Erfolg des Unternehmens. Schon im vergangenen Jahr hatte Musks Raumfahrtfirma Space X demonstriert, dass eine erfolgreiche Landung von Raketenstufen möglich ist.
Die Idee dabei: Teile von Raketen wiederzuverwenden und auch damit Kosten zu senken. Ob dieser so schön nach Umweltschonung und Kostensparen klingende Gedanke letztlich funktionieren wird, ist noch nicht ausgemacht. Wie sehr die Materialien bei einem Raketenstart mit seinen ungeheuren Belastungen ermüden und wie oft man sie tatsächlich benutzen kann, weiß man nicht genau. Zudem verbraucht die Landung viel Treibstoff, der ebenfalls mitgenommen werden muss und das Startgewicht erhöht.
Auch die Merlin Antriebe können nur eine begrenzte Anzahl Starts aushalten. Vielmehr als zwei, drei Dutzend Mal dürften es nicht sein.
Immerhin ist die Falcon Heavy die derzeit leistungsstärkste Rakete der Welt. Nur jene legendäre Saturn 5 Mondrakete lieferte einen stärkeren Schub und konnte eine höhere Ladung in den Orbit schießen. Sie flog das letzte Mal 1973. Heute sorgen 27 Triebwerke vom Typ Merlin für einen Schub von mehr als fünf Millionen Pfund. Das ist etwa so viel Power, wie 18 gleichzeitig startende Jumbo-Jets B 747 erzeugen. Damit werden die insgesamt 1420 Tonnen Startgewicht beschleunigt. Das ist ungefähr so viel, wie dreieinhalb komplette ICE-3 Züge wiegen.
Das gewaltige Gebilde kann eine Nutzlast von 63 Tonnen in seinem Laderaum mitnehmen. Dessen Entwicklung begann bereits 2005. Von Anfang an sollte das Prinzip möglichst einfacher Triebwerke gelten, die in größerer Anzahl gebaut werden. So lohnt eine Fertigungsstraße, bei der bereits Roboter eingesetzt werden können. Bei den bisherigen Produktionsmethoden bauen teure Spezialisten Triebwerke und Rakete von Hand zusammen.
Die einzelnen Raketen werden billiger; es lassen sich mehr Starts realisieren, allein in diesem Jahr sollen noch 30 weitere Falcon abheben, davon zwei in der heavy Version. Der Vorteil: So sammeln die Ingenieure schneller Betriebserfahrungen. Das ist das Teure in der Raumfahrt: Es sind viele Versuche und Tests notwendig, um Daten zu gewinnen. Bei Space X wurden meist nur die Hälfte der industrieüblichen Tests absolviert; dafür gab es mehr Starts.
Die Lernkurve beim europäischen Raumfahrtprojekt Ariane verlief auch zögerlich. Zu Beginn explodierten die Raketen reihenweise oder mussten in der Luft gesprengt werden, weil sie außer Kontrolle gerieten. Bis dann eine beispiellose Erfolgsserie mit pannenfreien Flügen begann. Heute ist die Ariane mit 82 reibungsfreien Starts Symbol für Zuverlässigkeit.
Was nicht davon abhält, immer noch technische Probleme zu bereiten. So verlief der jüngste Start einer Ariane 5 am 25. Januar dieses Jahres sehr merkwürdig. In der Bodenstation verlor man offensichtlich den Kontakt zur Rakete, die vom Startgelände in Französisch-Gyana einen anderen Kurs als geplant flog. Normalerweise muss sie in einem solchen Fall gesprengt werden. Doch das hielt die PR-Leute nicht davon ab, weiterhin eine „Live“- Sendung über das Internet zu liefern, als ob der Flug völlig normal verlaufe. Die Bilder kamen wahrscheinlich aus der Konserve. Versuch der Kommunikationsverantwortlichen, Fakenews zu produzieren.
Elon Musk vergaß trotz astronomischem Showfirlefanz nicht, vor dem Start auf die 50:50 Chance hinzuweisen, dass die Superrakete explodiert oder abstürzt. Das ist das Besondere an der Raumfahrttechnik. Es ist immer noch eine sehr risikoreiche Technologie. Scheitern inbegriffen.