Tichys Einblick
Solaranlagen

Glühende Landschaften: wenig beachtete Nachteile der Photovoltaik

Klimaneutral und umweltneutral – dies wird von Seiten der Energiewendeprotagonisten den „Erneuerbaren“ angedichtet. Insbesondere bei deren massenhaftem Ausbau ist dies zu hinterfragen.

IMAGO / Christian Ender

Die Photovoltaik ist das aktuelle Lieblingskind der Energiewender. Die Anlagenpreise sind stark gesunken und Widerstand aus der Bevölkerung gibt es kaum. Bei den aktuellen Strompreisen kann viel Geld mit großen Freiflächenanlagen gedruckt werden, nach heutiger Lesart „Übergewinne“. Je größer die belegten Flächen, desto mehr Profit. Welche Folgen hat das?

Unser Fixstern Sonne bestimmt maßgeblich das Wetter und die Klimaverhältnisse auf der Erde. Ohne sie gäbe es kein Leben. Freunde der Sonnenenergie führen immer wieder an, dass die Sonne 10.000 bis 15.000mal mehr Energie schickt, als wir auf der Erde verbrauchen. Da sollte es doch kein Problem sein, etwas mehr von dieser Gratis-Energie abzuzweigen und zu nutzen und dadurch auf emissionsreiche Kohle und vermeintlich gefährliche Kernenergie zu verzichten.

Der Sommer 2022 war nun der sonnenreichste seit Beginn der Aufzeichnungen vor 70 Jahren. Was steht einer sonnenenergetischen Zukunft denn noch im Weg?

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Wie so oft ist von überbordender Begeisterung abzuraten. Auch andere Energiequellen wie Geothermie, Kohle oder Erdgas bekommen wir von Mutter Erde geschenkt. Entscheidend sind die Wandlungskosten, mithin der Aufwand, den man braucht, um die Naturenergie nutzbar zu machen. Dabei sieht es für die Solarenergienutzung in unseren Breitengraden nicht gut aus. Die Energiedichte der hiesigen Einstrahlung ist niedrig und wenn man die Energie am dringendsten braucht – bei Dunkelheit und bei niedrigen Temperaturen im Winter – schenkt uns die Sonne am wenigsten. Wir leben zwischen dem 47. und 55. Breitengrad, was dem südlichen bis mittleren Kanada entspricht. Im Sommer erreichen uns bei klarem Himmel bis zu 1.000 Watt Strahlungsleistung pro Quadratmeter bei aber durchschnittlich nur 990 Vollaststunden im Jahr (in Süddeutschland bis 1.300), was einer Verfügbarkeit beziehungsweise einem Jahresnutzungsgrad von 11,3 Prozent entspricht.

Dies erklärt den riesigen Flächenbedarf, wenn man große Mengen Sonnenstrom aus Photovoltaik (PV) ernten will. Zudem ist dessen Einspeisung tagsüber schwankend, nachts fehlt sie völlig. Auch das gegenläufige jahreszeitliche Aufkommen erfordert ständiges und saisonal variables Backup. Im Winter, zu Zeiten hohen Energiebedarfs, liefert die PV am wenigsten, nur etwa 15 Prozent des Aufkommens im Mai oder September, den Monaten mit optimaler Stromproduktion. Saisonale Stromspeicher, die wir bräuchten, gibt es nicht.

Wie bei der Nutzung der Windenergie gelten auch hier die Thesen über die Naturenergie:

Was passiert durch die Sonneneinstrahlung in der Natur, zum Beispiel auf einer naturbelassenen Wiese?

Das auftreffende Sonnenlicht wird diffus gestreut und bedient die Bodenfunktionen. Nur ein geringer Teil wird reflektiert. Die Albedo (das Rückstrahlvermögen) der Grasfläche beträgt nur 10 bis 20 Prozent.

Der größte Teil der Energie führt zur Erwärmung der Fläche, bewirkt die Verdunstung von Wasser und bildet eine der Grundlagen der Photosynthese. Bei Dunkelheit wird Wärme wieder abgegeben, was die Temperaturschwankungen dämpft und ausgleichend auf das regionale Klima wirkt.

Die Spiegelenergie

Was passiert mit der Sonneneinstrahlung auf einer PV-Freiflächenanlage? Der photoelektrische Effekt führt zur Umwandlung eines Teils der Energie in elektrischen Strom. Dies geschieht mit einem Wirkungsgrad von unter 20 Prozent. Und der Rest? Durch die Verschattung erreicht das Licht nicht die Erdoberfläche, sondern wird an der glatten Oberfläche reflektiert und absorbiert.

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Die Reflexion erfolgt im infraroten Bereich und trägt damit zum Treibhauseffekt bei. Da dieser maßgebend die Theorie des menschengemachten Klimawandels begründet, würden PV-Anlagen prinzipiell zur globalen Temperaturerhöhung beitragen, auch wenn es quantitativ unbedeutend sein dürfte. Dies tun auch alle anderen reflektierenden technischen Flächen mit größerer Albedo wie Gewächshäuser, Dächer, Verkehrsflächen und so weiter. Es gäbe also prinzipiell zwei Möglichkeiten der Verstärkung des Treibhauseffekts:

Während das Augenmerk der Klimaschützer und der ihnen weitgehend unkritisch folgenden Medien und Politiker bisher ausschließlich der Senkung der Treibhausgasemissionen galt, wurde die Entwicklung der reflektierenden Flächen bisher weder diskutiert noch erforscht.

Die Absorption des Lichts führt zur Erwärmung der Paneele, ihre Temperatur übersteigt deutlich die Umgebungstemperatur. Im Hochsommer werden 60 Grad und mehr erreicht. Meist liegt die Paneel-Temperatur rund 20 Grad über der Umgebungstemperatur. Dieser Effekt tritt auch an anderen technischen Flächen auf. Unbekannt, aber unbestritten ist in dieser Hinsicht die Wirkung der weiter zugebauten, immer größeren PV-Freiflächenanlagen. Brandenburgs größte Anlage bei Werneuchen soll eine Größe von 164 Hektar haben, was etwa 230 Fußballfeldern entspricht.

Foto: energiedetektiv.com

Über dieser Fläche entsteht tagsüber eine Warmluftglocke, die aufsteigt und feuchte und kältere Bodenluft aus der Umgebung nachzieht. Es entsteht eine Luftzirkulation, die Wärme und Feuchtigkeit transportiert und damit das regionale Klima beeinflusst. Da aus der Umgebung bodennahe Feuchtluft abgezogen wird und die Paneele ihrerseits verhindern, dass das Regenwasser vollständig den Erdboden erreicht (ein Teil davon verdunstet auf den Paneelen) wird insgesamt die Grundwasserbildung verringert. Die kühlende und ausgleichende Wirkung natürlicher Vegetation entfällt. Auch dazu gibt es keine öffentliche Diskussion, geschweige denn eine zielgerichtete Forschung.

PV-Anlagen sind ökologisch tote technische Flächen. Der Schattenwurf der bei uns immer schräg stehenden Sonne führt dazu, dass die beschattete Fläche größer ist, als die schattenwerfende Paneel-Fläche. Im Winter ist die Schattenfläche 2,5mal so groß. Auf dem Paneel findet de facto eine Konzentration der Strahlungsmenge statt, die sonst einen entsprechend größeren Teil der Erdoberfläche erreichen würde. Dadurch werden die Paneele stärker erwärmt.

Ein Gegenargument besteht darin, dass PV-Paneele keine Energiewandler wie fossile Anlagen sind, die zusätzliche Wärme-Energie emittieren. Das ist richtig, jedoch wirkt das eingefangene Licht anders als im natürlichen Umfeld. Die PV-Felder sind Hotspots und Quellen trocknender Wärme als Folge des Umstands, dass man Solarenergie der Natur vorenthält.

Die Gewinnaussichten riesiger PV-Anlagen sind so groß, dass Investoren sogar beantragen, Waldflächen für PV-Großanlagen zu roden, mithin sogar CO2-Senken zu vernichten. Im brandenburgischen Hohensaaten sollen sogar 370 Hektar Wald fallen, hier gibt es jedoch Widerstand aus der Bevölkerung.

Sonne im Netz

Prinzipiell ist es gut, wenn Strom zu niedrigen Gestehungskosten wie derzeit durch PV hergestellt werden kann. Die inzwischen riesigen Mengen an PV-Strom müssen jedoch ins Netz integriert und ausgeregelt werden können. Dieser Fakt wurde bisher völlig vernachlässigt, so dass im Sommer zur Mittagszeit zum Teil erheblicher Überschuss zu Stande kam, der am Ende den Stromkunden durch EEG-Umlage und negative Strompreise sehr teuer zu stehen kam. Inzwischen ist der Angebotsmangel im Netz so groß, dass es fast keine negativen Börsenpreise mehr gibt. Die Kehrseite ist, dass bereits nachmittags bei beginnendem Sonnenuntergang die Gaskraftwerke hochfahren müssen und zeitweise der Stromexport zum -import umschlägt. Hier sei der Hoffnung Ausdruck verliehen, dass unsere Nachbarn uns auch künftig werden helfen können – und dass wir immer Gas für unsere Kraftwerke haben werden. Die Aufgabe der Ausregelung der Last, mithin der bedarfsgerechten Sicherstellung von Versorgung, haben wir bereits in Teilen an die Nachbarländer ausgegliedert. Noch können sie uns helfen.

Diese Umstände sind logische Folge einer Energiepolitik, die seit 20 Jahren Lieblingstechnologien hofiert und sich um den Rest des Systems kaum Gedanken macht. Eine zeitgemäße Anpassung des anarchischen EEG aus dem Jahr 2000, die Investoren von Wind- und Solaranlagen zum Bau von Stromspeichern verpflichtet, hätte zu einem maßvolleren Ausbau und vor allem zu geringeren Systemkosten geführt.

Landwirtschaft und PV

Eine mit kaum zu steigernder Begeisterung begleitete Idee ist die kombinierte Nutzung von Freiflächen-PV-Anlagen bei gleichzeitiger landwirtschaftlicher Bewirtschaftung, die so genannte Agri-PV. Hier werden die Paneele entweder in größeren Abständen aufgestellt, aufgeständert oder senkrecht montiert. Dadurch bleibt in Zwischenräumen oder unter den Modulen Platz für den Pflanzenanbau oder Weidetierhaltung. Diese Option verringert die oben beschriebenen Effekte.

Auch wenn man diese Variante medial hypt, wird hier ebenfalls der Natur Licht vorenthalten. Dies ist im Sommer sogar von Vorteil, da eine starke Erwärmung des Bodens und eine Austrocknung vermindert werden, in den lichtärmeren Jahreszeiten ist allerdings mit schwächerem Pflanzenwachstum und Moosbildung zu rechnen. In geringerem Maße werden auch hier die Bodenfunktionen reduziert.

Hinsichtlich des finanziellen Ertrages ist diese Variante für die Landeigentümer ein optimales Modell. Zur Pacht des PV-Betreibers kommen Einkünfte aus einer weiterhin möglichen, wenn auch eingeschränkten Landwirtschaft hinzu.

Zuweilen hat das aber ungeahnte Folgen. Sobald auf einer Fläche PV-Anlagen stehen, egal in welcher Anordnung, dürfen die Eier der darunter scharrenden Hühner nicht mehr als Freilandeier verkauft werden, sondern nur noch billiger in der Kategorie „Bodenhaltung“. Ähnlich dürfte es sich mit dem Fleisch so gehaltener Weidetiere verhalten, das dann nicht mehr als „bio“ durchgeht, weil die Tiere auf einer Industriefläche grasten.

Ein weiteres Risiko besteht in der mechanischen Beschädigung von Paneelen, zum Beispiel durch Hagelschlag. Dann können durch Regenwasser Giftstoffe wie Blei und Tellurid ausgewaschen werden und in die Erde gelangen, was die landwirtschaftliche Nutzung der Fläche verhindern würde.

Volkswirtschaftliche Kosten

Die Nutzung der PV ist sinnvoll, im großtechnischen Maßstab jedoch systemisch zu betrachten. Die Gewinne aus niedrigen Strom-Gestehungskosten werden privatisiert, die Kosten für Redispatch und Systemdienstleistungen sowie für die Bezahlung des Phantomstroms werden sozialisiert. Nach Paragraf 15 im Erneuerbaren Energien Gesetz, eines Passus aus dem Ur-EEG von 2000, wird bekanntlich nicht abgenommener Strom vergütet. Allein Windkraftbetreiber in Schleswig-Holstein erhielten im vergangenen Jahr über eine halbe Milliarde Euro, weil der Netzausbau dem Zubau von Windkraftanlagen hinterherhinkt. In Süddeutschland müssen zunehmend große PV-Anlagen aus gleichem Grund abgeschaltet werden. Warum genehmigt man dann so viele Anlagen? Weil das Management der Energiewende ein Missmanagement ist und das höhere Ziel im Wohlergehen der Investoren besteht. Am Ende bleibt ein Turbo für den Strompreis. Gewinne werden privatisiert, Kosten werden sozialisiert und treffen vor allem den ärmeren Teil der Bevölkerung. Die Energiewende bleibt ein unsoziales Projekt.

Die aktuellen Diskussionen um den absehbaren Energiemangel drehen sich aus gutem Grund nicht um Wind- und Solaranlagen. Sie spielen keine Rolle für die Versorgungssicherheit.

Vorteilhaft ist die private PV-Nutzung für Eigenheime, wenn die Randbedingungen wie Lage, Dachneigung und Verschattung günstig sind. Der für den Eigenbedarf erzeugte Strom ist inzwischen deutlich billiger als der Haushaltsstrom aus dem Netz. Zudem nehmen Dach-PV-Anlagen keine natürlichen Flächen in Anspruch, sie bedecken mit dem Dach eine andere technische Fläche, so dass die oben beschriebenen Wirkungen nicht in dieser Form auftreten.

Solarenergie ist eine Quelle, die man nutzen kann. Vor allem die Potenziale der Solarthermie sind bei weitem nicht ausgeschöpft. Da man Wärme im Gegensatz zum Strom gut und günstig speichern kann, hat sie nur geringe daraus folgende Systemkosten. Wärme hingegen aus Strom zu gewinnen (P2H) ist in Zeiten einsetzenden Strommangels völlig kontraproduktiv. Die Sektorenkopplung wie auch eine Wasserstoffproduktion aus Elektrolyse werden in Deutschland nicht realisiert werden können, weil es den oft angeführten „Überschussstrom“ nicht geben wird. Jedes Kilowatt Strom wird im Netz gebraucht und das immer dringender, vor allem im Winter.

Neue Weichenstellungen für die Versorgungssicherheit sind nötig. Die gelingen nicht mit einer Regierung, die wie bisher vor allem die Wünsche entsprechender Branchen und Lobbyisten erfüllt. Zur Erhaltung unserer Lebensgrundlagen gehört auch, die Umweltauswirkungen der „Erneuerbaren“ zu erforschen und zu berücksichtigen.

Weitere Informationen gibt es über die Homepage des „Energiedetektivs“ in Graz:
https://www.energiedetektiv.com/


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