Eine Wende von der Energiewende? Mehr und mehr können sich wieder Atomreaktoren vorstellen. Vor Kernkraftwerken wird sogar wieder demonstriert – für den Fortbestand der Kraftwerke! Doch keine Chance! Kernkraft hat in Deutschland fertig.
In einer Umfrage von Civey haben sich 43,9 Prozent der Befragten dafür ausgesprochen, dass Deutschland zum – so wörtlich – »Gelingen der Energiewende wieder verstärkt auf Atomkraft setzen« sollte. Mit »Nein, auf keinen Fall« antworteten 31,3 Prozent. Mit Unentschieden 4,8 Prozent.
Atomkraft gern! Denn langsam werden die desaströsen Folgen der »Energiewende« sichtbar. Die bisherigen »Ergebnisse«: Deutschland hat die höchsten Strompreise – weltweit. Der Strom wird knapper und knapper. Die Stromqualität nimmt ab. Immer häufiger sehr kurzfristige Frequenzschankungen und Aussetzer schädigen elektronische Steuerungen in Unternehmen und verursachen Schäden in Millionenhöhe.
Mehrere EU-Länder setzen auf Kernenergie. In den Niederlanden steigt das Interesse an Kernkraft. In Frankreich legt Präsident Macron ein eine Milliarde teures Programm zu Entwicklung neuer Mini-Atomreaktoren auf. Der sogenannte »Weltklimarat« IPCC bekennt sich ausdrücklich zur Kernkraft aus Gründen der Klimaneutralität. In Deutschland dagegen liefern derzeit noch sechs Reaktoren Strom, die sollen jedoch alle bis Ende 2022 abgeschaltet werden. Woher dann der Strom kommen soll, ist keinem der »Energiewender« klar.
Technisch gesehen könnten sie weiterlaufen. Sie sind auf dem aktuellen Stand der Sicherheitstechnik. Doch gibt es so schnell keinen Brennstoff mehr. Die etwa fünf Meter langen und fast eine Tonne schweren Brennelemente kauft man nicht im Supermarkt um die Ecke, sondern muss sie Jahre voraus bei kerntechnischen Anlagen bestellen. Die entsprechenden Lieferverträge sind gekündigt. Gut, könnte man alles regeln, allein der Hauptgegner heißt: die Grünen. Deren erklärter Wille: Atomkraft, nein danke! Selbst wenn die Spitze dies wollte, sie könnte diesen ideologischen 180-Grad-Schwenk ihren Fußtruppen kaum erklären.
Atomkraft – ja bitte? Zu spät! Auch aus Sicht der Energieversorger. Deren Aussage ist klar und eindeutig: »Wir werden unsere Atomkraftwerke nicht weiter betreiben!« Das betonte gerade erst wieder Michael Müller, Finanzchef des Stromerzeugers RWE, in einem Interview mit der Börsen-Zeitung. In Deutschland sei die Diskussion durch.
Nach den Schlammschlachten vergangener Jahrzehnte kann man es den Energieversorgern auch kaum verdenken, dass sie die Nase voll von Atomkraftwerken haben. Zumal sie prächtig an Windrädern und Photovoltaikanlagen verdienen, denen so viel Geld hintergeworfen wird, dass es fast schon unanständig ist. Sie bekommen gutes Geld dafür hinterhergeworfen, dass sie ihre guten Kraftwerke abschalten. Je schneller, desto besser. Wenngleich nachdenkliche Stimmen aus den Reihen der Versorger schon hinter vorgehaltener Hand fragen, was passiert, wenn der Zug weiter so mit Volldampf gegen die Wand rauscht. Dann dürfte irgendwann auch das Geschäft mit den Subventionen für Windstrom nicht mehr funktionieren, weil einfach kein Geld mehr da ist.
Jetzt kann Müller noch aus voller betriebswirtschaftlicher Überzeugung sagen: »Es ist im übrigens wirtschaftlich viel attraktiver, in Erneuerbare zu investieren als in Kernkraft.« RWE hat sich auch frühzeitig mit reichlich CO2-Zertifikaten eingedeckt, den modernen Ablassbriefen. »Wir haben uns finanziell bis 2030 abgesichert.«
Umso wichtiger sei, dass die Politik jetzt den Ausbau der Erneuerbaren beschleunige, meint Müller. Je mehr Strom aus Wind und Sonne komme, desto weniger spielten Gas- und CO2-Preise eine Rolle. Immerhin fügt er noch hinzu, dass die Wetterabhängigkeit in der neuen Energiewelt zunehme.
Die vergangenen vier Wochen zeigten wieder einmal jene gewaltige Lücke, die zwischen Stromverbrauch und Angebot von Solaranlagen und Windrädern liegt.
Am 18. Oktober um 13 Uhr lag der Stromverbrauch Deutschlands bei 75 Gigawatt. In der Mittagszeit schien die Sonne, so konnten die Solaranlagen 12,7 Gigawatt liefern, die Windrädles leider nur 4,2 GW. Der Wind war ziemlich eingeschlafen.
Die Versorgungslücke ohne konventionelle Kraftwerke: Den Rest von 48,5 GW lieferten die konventionellen Kraftwerke. Ohne die hätte es duster ausgesehen. Und ja, es macht keinen Spaß, dieses unfassbare Experiment zu beschreiben, wie ein Land seine gut funktionierenden Kraftwerke schrottet, Milliardenwerte vernichtet und die Stromversorgung zertrümmert. Das unter lautem vielstimmigen Jubel.
Währenddessen meldet in Wien die Internationale Atomenergiebehörde eine erhöhte Nachfrage nach Kernkraftwerken. Derzeit seien weltweit 52 neue Atomkraftwerke im Bau, allein 13 in China.