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Kohlekommission: Deutschland steigt aus der Vernunft aus

Die Kohlekommission wird für den Ausstieg aus der Kohle gefeiert. Doch der lebensnotwendige Braunkohlestrom kommt zukünftig aus Polen, und die stillgelegten Kraftwerke sollen abgebaut und in Afrika oder Asien erneut ans Netz gehen.

Tobias Schwarz/AFP/Getty Images

Strom wird zum teuren Luxusgut. Die Kohlekommission hat getagt und in einem Abschlußbericht die Ziele formuliert, wie Deutschlands Stromversorgung künftig aussehen soll. Alle Kohlekraftwerke weg – Kernkraftwerke sowieso. Also kurz: Einen gigantischen Park an teuren Industrieanlagen, der in Jahrzehnten aufgebaut wurde, einfach – zack – abschalten.

Die Kraftwerke standen bisher nahe an den Zentren, in denen der Strom gebraucht wurde. Er musste nicht verlustreich quer durchs Land transportiert werden. Überlandleitungen dienten als Ringversorgung, um Ausfälle auszugleichen. Das funktionierte hervorragend und zuverlässig, Strom war preiswert. Das soll nicht mehr sein.

Jetzt soll viel Geld verpulvert werden, um irgendetwas anderes zu machen. Was – ist noch nicht so ganz klar, aber neue Lösungen müssen her. Und Geld. Die Rede ist von 40 weiteren Milliarden, die den Milliarden für die Energiewende hinterhergeworfen werden sollen. Wo die künftig herkommen sollen, kann denen egal sein, die jetzt so groß von einer neuen Zukunft erzählen. Dann sind sie schon lange nicht mehr auf ihren Posten.

Stanislaw Tillich (CDU), Co-Vorsitzender der Kohlekommission, meinte, die Leute in den Regionen hätten nun Gewissheit und eine klare Perspektive und fügt im Klartext hinzu, dass sie allerdings auf die »Solidarität aller Deutschen angewiesen« seien. Sprich: Kohle her für Kohle weg.

Für RWE ist klar, dass dieser Beschluß einen »signifikanten Stellenabbau« bedeutet. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier kündigt schon einmal Milliarden aus den Kassen an: »Wir sind bereit, einen sehr schnellen Start der Finanzierung zu machen. Dafür steht Geld im Bundeshaushalt zur Verfügung.«

Vorzeigeland? Nicht in Fragen der Logik

Heidewitzka, Herr Kapitän! klingts auch aus dem Munde von Finanzminister Olaf Scholz: »Wenn wir uns alle anstrengen und das gemeinsame Ziel nicht aus den Augen verlieren, können wir Deutschland zu einem energiepolitischen Vorzeigeland weiterentwickeln.«

Nur Bundesumweltministerin Svenja Schulze hat – oje – ausgerechnet, dass Studien ihres Ministeriums ergeben hätten, dass »keineswegs« mit einem Preisanstieg zu rechnen sei.

»Wir brauchen Ehrlichkeit«, mahnt Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) an. »Wenn wir aus der Kohle aussteigen, dann ist es automatisch, dass der Strompreis steigt. Er wird auf 35, 40 oder auch 50 Cent steigen.«

Ein paar Kilometer weiter in Tschechien kostet der Strom 15 Cent, in Frankreich 16 Cent und in Ungarn 11 Cent.

Spätestens in 20 Jahren soll das letzte Kohlekraftwerk in Deutschland vom Netz gehen. Das hat die Kommission mit dem wohlklingenden Namen »Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung« als Handlungsempfehlung beschlossen. Sie wurde einberufen, »um einen breiten gesellschaftlichen Konsens über die Gestaltung des energie- und klimapolitisch begründeten Strukturwandels in Deutschland herzustellen.«

Der Abschlussbericht hält fest: »Die Mitglieder der Kommission stellen einen breiten Querschnitt der gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Akteure dar. Das schafft die Grundlage für einen tragfähigen gesellschaftlichen Konsens, auf den sich alle Beteiligten in den kommenden Jahren verlassen können.« Genau das ist sie nicht. Sie ist eine manipulativen Einrichtung, die die Beschlüsse des Bundestags vorweg nehmen soll. Demokratie wird von oben verordnet und mit einer gefällig zusammengesuchten Kommission manipuliert.

Unter den 31 Mitgliedern der Kommission saß kein einziger Vertreter, der etwas mit der Energieversorgung eines Noch-Industrielandes zu tun hatte. CDU, SPD und grüne Politiker dominierten neben einem Geschäftsführer der Greenpeace NGO, die gern mal mit gelben Farbanschlägen Bürger in Berlin terrorisiert, daneben eine Aktivistin, die »seit über 12 Jahren bürgerschaftlich und klimabewegt als Netzwerkerin im Rheinischen Revier« aktiv ist, der unvermeidliche Ex-Potsdam Instituts-Mann Hans Joachim Schellnhuber, ein Bundesvorstandsmitglied des DGB (dass es den noch gibt, Gewerkschaft zählt jetzt für „Wirtschaft“), und ein Verdi-Mann. Sie haben alle Mühe, Gigawatt nicht mit Giga-byte zu verwechseln.

Vorbild: Jene unselige Kernenergie-Kommission, die 2011 den Ausstieg als ethisch geboten nachträglich rechtfertigen sollte und in der auch kein einziger Fachmann saß. Ein bewährtes Muster also für eine Regierung, sich Absolution zu holen, ohne das Parlament behelligen zu müssen. Nein, das ist keine Kommission, die einen breiten Konsens widerspiegelt, sondern mit einem klaren politischen Auftrag an die Sache ging. Die Vorsitzende Barbara Praetorius beispielsweise wird indirekt aus dem Bundesumweltministerium finanziert – Unabhängigkeit ist etwas anderes.

Historische Aufgabe: Ein Industrieland abschalten

Die Kommission mit Ronald Pofalla an der Spitze berauschte sich erkennbar an der Größe ihrer Aufgabe: »Die schrittweise Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung ist eine historische Aufgabe.«, schreibt sie in den Bericht.

Immerhin ist zu ihnen vorgedrungen, wie wichtig Kohle ist: »Seit Jahrzehnten ist die Kohle wesentlicher Bestandteil der sicheren Energieversorgung in Deutschland. Sie hatte so entscheidenden Anteil an der wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands zu einer weltweit führenden Industrienation.«

Verwundert schaut man aus dem Ausland auf den Haufen ›absurdes Theater‹ Spielender, die trunken ob ihrer »Vorbildfunktion« für teures Geld Stuss verbreiten: »Die für einen erfolgreichen Klimaschutz notwendige Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung kann nur dann erfolgreich und mit Vorbildfunktion gelingen, wenn eine Reihe von Anforderungen in Einklang gebracht werden.«

Letztlich ist es eine Umverteilung von Geld in irrsinnigen Dimensionen. Vorwand: Klimaschutz. »Die Folgen des Klimawandels sind in Deutschland bereits heute spürbar«, erzählt der Bericht. »Die Zahl extremer Wetterereignisse in Deutschland hat sich in den letzten 50 Jahren mehr als verdoppelt.«

Dann müssen die Märchenerzähler aus Potsdam wieder herhalten: »Wissenschaftliche Studien zeigen, dass infolge der anthropogenen Erderwärmung Wetterextreme zunehmen, sowohl mit Bezug auf Trockenheit und Hitze, als auch auf Starkniederschläge.« (siehe hier, auf Seite 18)

Der Abschlssbericht lobt: »Der Ausbau der Erneuerbaren Energien ist mit einem Anteil von inzwischen gut 38 % am Brutto- Inlands-Stromverbrauch bereits stark vorangeschritten.«

»Der aktuelle Koalitionsvertrag formuliert das Ziel, dass der Anteil erneuerbarer Energien im Jahr 2030 auf 65 % steigt. Der Ausbau der erneuerbaren Energien soll netzsynchron erfolgen. Die erneuerbaren Energien sind das zentrale Element des neuen Stromerzeugungssystems, um das vorhandene, auf fossilen Energieträgern basierende, zu ersetzen.«

An Sprache und Grammatik hapert es lesbar im Bericht, das ficht den Willen zur Veränderung nicht an.

Eine Monsteraufgabe

»Der Zubau installierter Leistung von erneuerbaren Energien allein reicht allerdings nicht aus, um die Nachfrage jederzeit zu decken. Daher ist eine Reihe von Herausforderungen zu bewältigen:

»Für den Ausbau der erneuerbaren Energien auf 65 % ist eine ausreichende Flächenausweisung notwendig. Insbesondere müssen für Windenergieanlagen und Freiflächen-PV-Anlagen Flächen in relevanter Größe ausgewiesen, akzeptiert und genehmigt werden.«

Im Klartext: Die rund 30.000 Windanlagen, die millionenfach Vögel, Fledermäuse und Insekten umbringen und das Land verschandeln, reichen nicht. Und: „müssen akzeptiert werden“ – heißt das: Gegner der Landschaftsvernichtung werden verbal niedergeknüppelt, um das Phantasiestromland zu retten?

Irgendwie fällt der Kommission auch auf, dass ohne Leitungen kein Strom übertragen werden kann: »Im letzten genehmigten Netzentwicklungsplan (NEP 2017) war der Netzausbau auf einen Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch von bis zu 52,5 % (Szenario B) ausgelegt.«

Nur klappt das mit dem Ausbau der Übertragungsnetze mit einer Gesamtlänge von 7.700 km nicht so recht: »Realisiert waren im 3. Quartal 2018 erst 950 km, davon 30 km im Jahr 2017, genehmigt sind 1.800 km, noch zu genehmigen 5.900 km (77 %), noch umzusetzen 6.750 km (88 %). Deshalb sind der weitere Ausbau und die Optimierung der Stromnetze sowie die weitere Flexibilisierung des Energiesystems Voraussetzung dafür, dass die Systemsicherheit auch künftig gewährleistet bleibt.«

Nur wer nach über 10 Jahren festen Glaubens an einen neuen Flughafen auf dessen Fertigstellung hofft, kann von einem Ausbau der Überlandleitungen in diesen Größenordnungen träumen.

Es fallen häufig die Hohlfloskeln »Modernisierung« und »Digitalisierung«, um die vorhandenen Netze besser zu nutzen, »innovative Netzbetriebsmittel« und »flexibler Betrieb fossiler Kraftwerke« ebenso wie das Zauberwort der »Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitungen«, mit der Windstrom aus dem Norden nach Süden geführt werden soll. Die gibt es noch nicht.

Die Staatssender klatschen jedenfalls begeistert Beifall: »Ein guter Kompromiss« meint eine Tagesschau-Kommentatorin, die Bundesregierung müsse »entschieden dafür einstehen und viel Geld lockermachen.« Klar, das Prinzip ist ihr bekannt, das Geld kommt von Zwangsgebühren.

Die Kraftwerke laufen weiter – nur woanders und mit Kohle

Dazu quillt immer wieder das totalitäre »Verpflichtung« auf: »Deutschland hat sich dazu im Rahmen der EU-Vereinbarungen für das Paris-Abkommen verbindlich verpflichtet.« Sogar verbindlich verpflichtet, ein einfaches »verpflichtet« reicht nicht.

Außer »Vorbild« fällt ihr nicht viel ein: »Es ist ein Kraftakt, wenn ein Industrieland aus Atom und Kohle aussteigt. Ob Deutschland damit gleich wieder »Klimavorreiter« und »Vorbild« für so viele andere werden kann, ist offen. Aber so groß wie jetzt war die Chance selten«, schwärmt sie.

Die stillgelegten Kraftwerke können einem anderen Geschäftsmodell dienen, das schon seit einiger Zeit erfolgreich praktiziert wird: Gebrauchte Kraftwerke abmontieren und nach China exportieren. Die Demontage der modernen Kokerei Kaiserstuhl in Dortmund vor 15 Jahren markierte den Anfang eines neuen Industrie-zweiges, dem Export deutscher Spitzentechnologie. Jetzt sind noch fast neue Dieselautos dazugekommen.

Strom soll nur noch Reichen vorbehalten bleiben, hat sich die SPD auf die Fahnen geschrieben. Umweltministerin Schulze fügte bei Twitter hinzu: »Der Kohleausstieg ist übrigens nur EIN Teil dessen, was insgesamt beim Klimaschutz passieren muss. Auch in anderen Bereichen wie Verkehr oder Landwirtschaft brauchen wir Kompromissfähigkeit und Lösungswillen.« Und drohend: »Das werden wir mit einem Klimaschutz-Gesetz sicherstellen.«

Im Klartext: Verkehr und Landwirtschaft sollen als nächstes teuer gemacht werden.
Und Energiewende üben können jetzt schon mal die Schüler, deren Schule zur Zeit häufig ausfällt, weil zuvor die Heizungen ausgefallen sind. Sind die Kraftwerke weg, gibt es auch keine Fernwärme mehr.

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