Der gegenwärtigen Klimaschutzpolitik fehlt jede wissenschaftliche Legitimation. Auch die Sachstandsberichte des IPCC bieten keine solche. Tauchen in diesen doch Begriffe wie „Klimakatastrophe“ oder „Klimakrise“ aus gutem Grund nicht auf. Wer nämlich die auf tausenden von Seiten vorgenommenen Zusammenfassungen und Analysen der zum Thema verfügbaren Forschungsergebnisse mit dem ideologisch unvoreingenommenen Blick des Naturwissenschaftlers betrachtet, erkennt in der Forderung nach Emissionsreduzierungen einerseits den Unwillen, zwischen Fakten und Fiktionen sauber zu trennen. Und andererseits Ignoranz gegenüber der Methodik, mit der denkbare Zukunftsbilder gezeichnet werden. Letztere ist besonders gefährlich, verleitet sie doch zu mindestens kontraproduktiven, wenn nicht gar gefährlichen Schlussfolgerungen.
Ein weiterer Aspekt, der die unwissenschaftliche Natur des Klimaschutzes entlarvt, ist die ständige Gleichsetzung von „Szenario“ und „Prognose“ in Politik und Medien. Die zukünftige Entwicklung komplexer, rückgekoppelter, von zahlreichen inneren und äußeren Faktoren beeinflusster Systeme ist nicht vorhersehbar. Allein schon, weil man niemals die Anfangsbedingungen in ausreichendem Umfang und mit ausreichender Güte kennen kann, um einen Ist-Zustand in einer Genauigkeit zu definieren, die es wenigstens gestattet, bestimmte Tendenzen auszuschließen. Da hilft auch kein noch so mächtiger Computer, dessen diskrete Arbeitsweise zudem immer Parametrisierungen, also Abschätzungen, von Vorgängen erfordert, die sich auf Skalen unterhalb der rechentechnisch möglichen Auflösung abspielen. Manche solcher Prozesse, beispielsweise den so wichtigen Vorgang der Wolkenbildung, hat man ohnehin noch nicht wirklich gut verstanden. Klimamodelle sind geeignete Werkzeuge für Laborexperimente. Sie unterstützen die Entschlüsselung von Zusammenhängen. Sie gestatten es, die Reaktion eines virtuell konstruierten Klimasystems auf die Variation von Faktoren und Zusammenhängen zu beobachten und diese mit der Realität zu vergleichen, um neue Hypothesen zu formulieren und zu prüfen. Klimamodelle sind aber keine Glaskugeln, die einen Blick in die Zukunft erlauben. Wer Gegenteiliges behauptet, verlässt den Boden der Wissenschaft und darf sich Astrologe schimpfen.
Das IPCC verbirgt den fiktiven Charakter klimawissenschaftlicher Szenarien hinter einer sprachlichen Struktur abgestufter Behelfseinschätzungen. Diese entstehen aus der Kombination von Begriffen wie „wahrscheinlich“ („likely“) mit „Vertrauen“ („confidence“) in Abstufungen wie „niedrig“, „mittel“ und „hoch“ („low“, „medium“, „high“). Welche politische Relevanz aber kommt einer Entwicklung zu, die die Autoren der Sachstandsberichte als „sehr wahrscheinlich“ einschätzen, sich aber nicht einig sind, ob sie wirklich ein Risiko darstellt („medium confidence“)? Offensichtlich keine. Was fängt man nun damit an, wenn man sich als Journalist dem Klimaschutz verschrieben hat? Man wischt natürlich alle Unsicherheiten beiseite und schreibt, das IPCC prognostiziere das Ende der Welt. Darf man so machen. Hat zwar nichts mehr mit Wissenschaft zu tun, ist aber von der Meinungsfreiheit gedeckt. Der methodisch zwingend erforderliche Konjunktiv verschwindet auf dem langen Weg, der vom IPCC-Bericht zunächst in dessen Zusammenfassung, dann in offizielle Pressemitteilungen und über die von diesen induzierte mediale Berichterstattung schließlich in politische Agenden führt.
Um dies zu verstehen, genügt ein einfaches Gedankenexperiment. Zu dem man testweise trotz aller berechtigten Zweifel die düstersten Szenarien der Klimaforschung akzeptiere. Man gehe also von einer Erwärmung von vier oder fünf Grad im weltweiten Durchschnitt bis zum Ende des Jahrhunderts aus. Die mit einer spürbaren Zunahme von Extremwetterlagen einhergeht, mit mehr und längeren Dürren ebenso, wie mit kurzen Phasen überaus heftiger Niederschläge. Man stelle sich Monsterstürme vor, die Schneisen der Zerstörung durch Siedlungen und Städte bahnen. Man denke an Überschwemmungen und an einen Meeresspiegelanstieg, der nicht nur pazifische Atolle, sondern auch dichtbesiedelte Küstenregionen in Asien, Europa und Nordamerika betrifft. Schmelzende Gletscher, sich verschiebende Klimazonen, ständige Hitzewellen selbst in den gemäßigten Breiten und das Aussterben zahlreicher Tier- und Pflanzenarten aufgrund des Verlustes von Lebensräumen sind nur einige weitere Entwicklungen apokalyptischer Qualität, die man für den Moment als realistisch, ja sogar als überaus wahrscheinlich ansehen sollte.
Nur in einem Aspekt folge man den hysterischen Dystopien nicht. Angenommen, die Wissenschaft hätte zwar all dies und mehr berechnet, aufgeschrieben und kommuniziert, aber als Schuldigen nicht etwa den Menschen ausgemacht, sondern die Natur selbst. Wie würden wir dann handeln?
Man male sich also aus, wie Kommissionen zusammengestellt werden, auf internationalen, nationalen und regionalen Ebenen. Wie Massenmedien die Aufregung in die breite Bevölkerung tragen und dadurch die Gründung von allerlei Initiativen initiieren. Wie politische Gruppierungen aller Farben die Angelegenheit behandeln. Wie Regierungen und Parlamente neue Gesetze diskutieren und verabschieden. Angesichts eines Klimawandels mit potentiell katastrophalen Auswirkungen, den nicht die Menschheit verursacht.
Man würde stattdessen Forscher und Ingenieure technologieoffen auf die Suche nach Lösungen schicken. Und die Kraftwerke und Maschinen anwerfen, um Infrastrukturen abzusichern. Man würde eine robuste und verlässliche Stromversorgung aufbauen, statt sich mit Photovoltaik und Windenergie ausgerechnet der Willkür des Wetters auszuliefern. Man würde die Küsten schützen, durch Deiche und verstärkte Anstrengungen, dem Meer Land abzuringen. Man würde neuen Technologien für die Landwirtschaft den Weg freimachen, von fortgeschrittenen Bewässerungs- und Bearbeitungsverfahren bis hin zur gentechnisch unterstützten Züchtung dürreresistenter Arten. Man würde am Ende gar untersuchen, welche Vorteile denn ein Klimawandel mit sich bringt, auf das wir diese auch zu nutzen lernen. Man würde eine Erwärmung hinnehmen – es bliebe ja auch nichts anderes übrig – und warme Tage in den dann schon lange rekultivierten ehemaligen Braunkohletagebauen einfach nur genießen. Weil eine konsequent auf Wachstum und Wertschöpfung ausgerichtete Politik den Wohlstand schafft, den es braucht, um den erwarteten Stürmen zu trotzen. Man würde schlicht die Zivilisation vor dem Klima schützen – und nicht andersherum.
Zumal dreißig Jahre einer in verfehlter Weise auf die Minimierung konstruierter Risiken fokussierten Klimapolitik nichts bewirkt haben. Außer stetig steigenden Emissionen und der nutzlosen Alimentierung ganzer Horden eigentlich kluger Menschen, die ihre Zeit unproduktiv in überflüssigen Gremien mit der Erzeugung von Bergen nutzloser Papiere verschwenden. Ein natürlicher Klimawandel ist unvermeidbar, weil dessen Treiber nicht menschlicher Kontrolle unterstehen. Für einen menschgemachten gilt aus anderen Gründen ebenso. Denn der Preis der laut IPCC dazu erforderlichen umfassenden Dekarbonisierung der Weltwirtschaft wäre schlicht zu hoch in einer Welt, die ihren immer größeren Energiehunger zu mehr als achtzig Prozent aus fossilen Quellen deckt. Man kann Kohle, Öl und Gas nicht schnell genug ersetzen, ohne weitgehend auf die Segnungen der Moderne zu verzichten. Was die industrialisierten Länder in eine Mangelwirtschaft zurückwerfen und den Entwicklungs- und Schwellenländern den Weg aus dieser verbauen würde. Am Ende fänden „klimafreundliche“ Gesellschaften lediglich spirituelle Erfüllung in erzwungener Askese, stünden aber überaus verletzlich da, wenn die Natur ihr Ding macht und die Erderwärmung einfach eigenständig inszeniert.
Wobei, auch das zeigt die Forschung, weder ein natürlicher, noch ein menschgemachter Klimawandel die Menschheit mit Risiken konfrontiert, die sie nicht schon kennt und auf die sie sich nicht schon eingestellt hat. Der nächste Tornado, der nächste Hagelschlag, die nächste Flut kommen auch ohne jeden Klimawandel. Und nie zuvor war die Fähigkeit der menschlichen Zivilisation, sich vor den destruktiven Kräften der Natur zu schützen, größer als heute.
Wer trotzdem jeden Sturm, jede Trockenheit, jeden schönen Sommer zu einem Menetekel für die nahende Apokalypse erklärt, der hat sich gegen wissenschaftliches Denken immunisiert. Es ist natürlich nicht verboten, die Klimaforschung politisch zu instrumentalisieren. Um unberechtigte Ängste zu schüren, die bei der Mobilisierung von Wählern helfen. Oder um Kapitalismus und Marktwirtschaft zu verteufeln und kollektivistische Gesellschaftsmodelle als erstrebenswert anzupreisen. Aber die Behauptung, dieser Aktivismus wäre wissenschaftlich begründet, ist eine propagandistische Lüge, ist reine Desinformation.