Der Abendvortrag des Zukunftsforschers vor etwa 150 anwesenden Unternehmern gipfelt in der Prognose, bis 2040 wären die gegenwärtigen Energieprobleme gelöst. Denn dann – unter Verweis auf die Kernfusion – würde die Menschheit erstmals mehr Energie produzieren als sie benötige.
Dieser Ausblick beruht jedoch auf einer Fehlinterpretation der Gegenwart. In der sich die Welt des energetischen Überflusses längst hätte einstellen können, global, für alle und zu jedem beliebigen Zeitpunkt. Eine neue Technologie braucht es dafür jedenfalls nicht. Es würde genügen, den gegenwärtigen politischen Willen zu überwinden, der dieses Paradies mit aller Macht zu verhindern trachtet.
Was sich in der strategischen Schlüsselstellung ausdrückt, die die Grünen in den letzten drei Jahrzehnten erringen konnten. Wie keine andere Partei verbinden sie kompromisslosen Dogmatismus mit gleichzeitig höchster Flexibilität hinsichtlich möglicher Partner. Deswegen führen mittlerweile fast alle Wege zur Macht über sie, und das induziert hemmungslosen Opportunismus auf Seiten von Union, SPD, FDP und Linken. Man gibt den Grünen, worauf sie zum Erhalt ihrer inneren Integrität bestehen müssen, und bekommt dafür einen Mehrheitsbeschaffer zur Bewahrung der Chance auf Posten und Ämter. Nur überlässt man ihnen dabei ausgerechnet die Kontrolle über das Fundament einer modernen Volkswirtschaft, nämlich über deren Energieversorgung.
Ja, es ist Absicht. Denn niemand kann so töricht sein, nicht zu verstehen, welche Folgen staatliche Eingriffe in den Energiemarkt haben, die einerseits das Angebot an Primärquellen reduzieren (Kohle, Kernenergie) und andererseits mit zahlreichen Steuern und Abgaben die verbliebenen Optionen (Erdöl, Erdgas) belasten. Niemand kann so dumm sein, nicht zu verstehen, welche Zusatzkosten Windräder und Solarzellen verursachen. Die Subventionen, ohne die es sie nicht gäbe, die von ihnen induzierten häufigen Netzeingriffe, die Notwendigkeit, ein konventionelles System zur Netzstabilisierung und zur Versorgung bei Flaute und Dunkelheit vorzuhalten und der erforderliche Netzausbau treiben die Strompreise immer weiter in die Höhe.
Ja, es ist Absicht. Energiewende bedeutet immer weniger Energie zu immer höheren Kosten. Dafür wurde sie konzipiert und etabliert.
Der russische Angriff auf die Ukraine hat nur beschleunigt, was früher oder später ohnehin eingetreten wäre. Der grünen Taktik, die Bevölkerung schleichend an Mangel, Verzicht und Wohlstandsverluste zu gewöhnen, folgen die Regierungen im Bund und in den Ländern auch weiterhin. Keine der umgesetzten oder diskutierten Maßnahmen, ob Tankrabatt oder 9-Euro-Ticket, ob Steuererleichterungen oder Energiegeld, zielt auf die Ursachen der Krise. Alle dienen nur der Abschwächung von Symptomen und damit der Verlangsamung eines Prozesses, an dessen Ende dennoch unabwendbar die Verarmung einer ganzen Gesellschaft steht.
Wer nach wie vor hofft, die Grünen und auch die ergrünten Angehörigen anderer Parteien wären ökonomischen und technischen Argumenten zugänglich, unterliegt einer Täuschung. Denn die grüne Energiepolitik ist nicht rational begründet. Sie folgt einem moralischen Dogma. Kurz gesagt gefällt den Grünen nicht, was die Menschen mit einem Überfluss an Energie anfangen würden. Produktivitäts- und Wertschöpfungssteigerung, Expansion durch Innovation, mehr individuelle Freiheit zur Selbstverwirklichung, ja letztlich ein besseres, längeres, gesünderes und glücklicheres Leben für alle halten sie für verwerflich. Weil dies unbestreitbar Auswirkungen auf die Umwelt hätte.
Die vom Menschen unbeeinflusste Natur aber ist der angebetete Götze der grünen Ideologie, dem Ökologismus. Der unberührten Wildnis wird allein aufgrund ihrer Existenz ein Recht auf Bestand zugebilligt, gegenüber dem menschliche Wünsche nur nachgeordnet zu berücksichtigen sind. Jeder Eingriff in die Umgebung, seien es die Land- und Forstwirtschaft, sei es der Bergbau, sei es die Errichtung von Gebäuden und Straßen oder allgemein gesprochen die Entnahme und Einbringung von Stoffen aller Art ist aus dieser Perspektive ein Fehlverhalten, eine schwerwiegende Sünde. Und dem Menschen die Energie zu nehmen, stellt die wirkungsvollste Methode dar, ihn an der Ausübung eines solchen Vergehens zu hindern. Wind- und Solarenergie werden seitens der Ökologisten nur deswegen propagiert und akzeptiert, weil diese das angestrebte Ziel andauernder Knappheit zu verschleiern helfen.
Manchen Grünen genügt das Dogma in der beschriebenen Form schon ohne weitere Begründungen. Die meisten aber rechtfertigen es mit der Idee einer Erde, die wie eine großmütige Amme den Menschen ernährt und hegt und pflegt. Jede anthropogene Einmischung in natürliche Strukturen und Abläufe nimmt in dieser Vorstellung der gütigen Übermutter einen Teil ihrer Fähigkeiten, gefährdet mithin die „natürlichen Lebensgrundlagen“. Ein sich trotz gegenteiliger Evidenz wacker behauptender Aberglaube.
Den Ökologisten gefällt diese Entwicklung nicht. Sie wollen die Menschheit durch Energieverzicht dazu nötigen, sich wieder der Willkür einer gleichgültigen Natur zu unterwerfen, statt sich weiter von dieser zu emanzipieren. Horrorszenarien über eine die Erde unbewohnbar machende Klimakatastrophe sollen von diesem Plan überzeugen. Es ist schon peinlich, wie in diesem Zusammenhang Trockenheiten und Dürren als scheinbare Menetekel des Untergangs geradezu freudig begrüßt werden. Auf einem Planeten, der zu zwei Dritteln von Ozeanen bedeckt ist. Als ob man nicht dazu fähig wäre, Meerwasser in großem Stil zu entsalzen, aufzubereiten und zu verteilen.
Dieses Beispiel, die noch immer große Verletzlichkeit vieler unterentwickelter Länder und die Situation hierzulande, in der exorbitant steigende Energiepreise zu einer Massenverelendung ungeahnten Ausmaßes führen werden, entlarven den Ökologismus als eine Ideologie neuen Typs. Bislang waren inhumane Gesinnungen wie Rassismus, religiöser Fundamentalismus oder Homophobie immer auf bestimmte Gruppen bezogen. Nun aber hat man mit einer Weltanschauung zu kämpfen, die der Menschheit in ihrer Gesamtheit feindlich gegenübersteht. Und die von Eliten in Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Medien willfährige Unterstützung erfährt.
Dieses Leitbild verlangt die Ausweitung unseres Zugriffs auf Energie statt dessen Begrenzung, verlangt die Nutzung von mehr fossilen Quellen, von mehr Wasser- und mehr Kernkraft statt weniger. Und es verlangt die rasche Entwicklung neuer Optionen. „Immer mehr und immer billiger“ lautet das humanistische Paradigma, das die etablierte, despotische Vorstellung vom „immer weniger und immer teurer“ ablösen muss. Denn sonst werden die grünen Ideologen sogar versuchen, die Kernfusion zu blockieren. Ein Vorhaben, das nicht umgesetzt werden darf, damit die anfangs zitierte Vorhersage des Kollegen auch wirklich eintrifft.