Hagel ist kein seltenes Wetterereignis. Aber was vor zwei Jahren über unser Dorf hereinbrach, verdient schon das Etikett außergewöhnlich. Tennisballgroße Eisstücke fielen vom Himmel, hinterließen Dellen in Autos, zerschmetterten Dachziegel und zerbrachen Fensterscheiben.
Ist dies eine Folge des Klimawandels, vor dem UN Generalsekretär Ban Ki Moon in einem Gastbeitrag auf Spiegel Online jüngst mit den Worten warnte „Und wie jeden Menschen bestürzt es mich, dass Fluten, Dürren und Brände immer schlimmer wüten, dass Inselstaaten verschwinden und zahllose Tierarten ausgerottet werden.“? Stellt das Hagelereignis von 2013 nur den Auftakt einer zunehmenden Zahl zunehmend katastrophaler Wetterereignisse dar, vor denen uns die Delegierten der derzeit stattfindenden 21. UN-Klimakonferenz in Paris bewahren können, ja bewahren müssen?
Die UN-Behörde IPCC registriert keine Trends
Da die Temperatur der bodennahen Luftschichten im globalen Mittel bereits um etwa ein Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit gestiegen ist, kann man eine erste Bilanz ziehen. Wer wäre dazu besser geeignet, als die UN-Behörde IPCC, als Ban Ki Moons eigene Leute selbst? In seinen bisher fünf großen Berichten hat dieser „zwischenstaatliche Ausschuß über Klimaveränderungen“ den Stand der Erkenntnis zum Klimawandel und dessen menschgemachten Anteil zusammengestellt. Hier beziehe ich mich auf den aktuellsten, der in den Jahren 2013 und 2014 erschienen ist.
Die erste Arbeitsgruppe des IPCC formuliert im zweiten Kapitel ihrer Studie die folgenden zusammenfassenden Aussagen zu Extremwetter-Ereignissen:
- Mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 90% habe die Anzahl warmer Tage und Nächte weltweit zugenommen. Kalte Tage und Nächte hingegen gäbe es seltener. Hitzewellen seien in Europa, Asien und Australien seit 1950 häufiger aufgetreten (Wahrscheinlichkeit mehr als 66%). Zur Ableitung eines globalen Trends aber reiche die Datengrundlage nicht aus.
- Eine Wahrscheinlichkeit von mehr als 66% wird der Aussage zugeordnet, Starkregen hätte in mehr Regionen zu- als abgenommen. Aus diesen uneinheitlichen Beobachtungen wird ebenfalls kein globaler Trend abgeleitet.
- Auch hinsichtlich der Häufigkeit und Stärke von Trockenheits- und Dürreperioden gibt es keine belastbaren Erkenntnisse. Einen Mangel an Beobachtungsdaten, methodische Unsicherheiten und geographische Inkonsistenzen hindern das IPCC an einer klärenden Stellungnahme.
- Bei Wirbelstürmen zeigen die Daten lediglich eine Zunahme von Häufigkeit und Intensität der stärksten nordatlantischen Zyklone. Die allerdings sehr seltene Ereignisse darstellen. Global und in Bezug auf Tornados oder Stürme aller Größenordnungen gibt es keine bemerkenswerte Entwicklung.
- Bleiben schwerwiegende lokaleWetterereignisse wie Gewitter oder eben Hagel. Man ahnt es schon: keine Trends verlässlich registrierbar.
Keine untergehenden Inselstaaten oder Küstenstädte
Die materiellen Sturmschäden haben zugenommen. Aber rechnet man die sozioökonomischen Faktoren, also den gestiegenen Wohlstand und die wachsende Bautätigkeit auch in gefährdeten Gebieten heraus, findet sich auch hier kein Signal der globalen Erwärmung. Noch nie zuvor haben wetter- und klimabedingte Katastrophen so wenig Todesopfer gefordert wie in unserer Gegenwart.
Um etwa 20 Zentimeter ist der Meeresspiegel im letzten Jahrhundert angestiegen. Untergehende Inselstaaten oder Küstenstädte sucht man vergeblich. Wie die die zweite Arbeitsgruppe des IPCC berichtet, stehen derartige Ereignisse auch nicht bevor. Es ist kaum möglich, Auswirkungen des Klimawandels auf den Verlauf von Küstenlinien sicher zu belegen. Weil die durch den Menschen vor Ort selbst ausgelösten Veränderungen in ihren Einflüssen alles andere überdecken. Dies wird sich nach Auffassung des IPCC in Zukunft nicht ändern. Kiribati, eine der Südseeinseln, die sich selbst immer wieder als unschuldiges Opfer unseres westlichen Lebensstils stilisiert, könnte gemäß der vorliegenden Daten einen marginalen Anstieg der Pegelstände um sechs Zentimeter in den kommenden 100 Jahren erleben. Der Bau von Straßen, Gebäuden, Brunnen und sonstigen Infrastrukturen wird einen weit größeren Effekt aufweisen.
Ban Ki Moon besteht den Faktencheck nicht
Zum Artensterben äußert sich das IPCC in Kapitel 18 des Papiers der zweiten Arbeitsgruppe. Es gibt der dortigen Darstellung zufolge nur sehr wenige Spezies, deren Aussterben von einigen Forschern zumindest teilweise dem Klimawandel zugeschrieben wird. Und in allen diesen Fällen widerspricht der größte Teil der Fachwelt vehement. „Unser Vertrauen“, so die Autoren des IPCC, „in die vorgeschlagene Verbindung zwischen Klimawandel und Artensterben ist sehr gering.“
Hinsichtlich der bereits beobachteten und vielleicht möglichen Auswirkungen eines mutmaßlich menschgemachten Klimawandels bieten die IPCC-Berichte nur eine Aneinanderreihung von Unsicherheiten. Dies ist aber nicht als Versagen der Wissenschaft zu bewerten, dies ist das Wesen der Wissenschaft. Der Mensch hat die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre deutlich erhöht. Eine Erwärmung der bodennahen Luftschichten ist die Folge: Die offensichtlich nicht so schnell fortschreitet, wie noch von zehn oder fünfzehn Jahren gedacht.
Der Meeresspiegel steigt schon seit der letzten Eiszeit. Schmelzende Gletscher und die Wärmeausdehnung des Wassers haben daran seit einigen Jahrzehnten einen zusätzlichen Anteil. Das ist das gesicherte Wissen. Ob sich daraus eine zukünftige Bedrohung für die Menschheit oder gar für die gesamte Ökosphäre der Erde entwickelt, bleibt unklar. Die klimatologische Bilanz des Industriezeitalters stützt die Katastrophen-Szenarien nicht. Die Forschung ist in Bezug auf die Entwicklung von Zukunftsprojektionen mit gleich mehreren Problemen konfrontiert.
Das erste betrifft den Mangel an Daten. Brauchbare Messungen klimatologischer Parameter existieren erst seit 100 bis 150 Jahren, in vielen Weltregionen sogar erst seit einigen Jahrzehnten. Globale Satellitenmessungen können erst seit Ende der 1970er Informationen beitragen. Diese Zeiträume sind häufig zu kurz, um valide Trends abzuleiten.
Als zweites tritt die Seltenheit genau der extremen Ereignisse hinzu, die für eine Risikoabschätzung interessant sind. Starkregen, Überschwemmungen, Stürme, Hitzeperioden und Dürren kommen nicht häufig genug vor oder wurden in der Vergangenheit nicht gründlich genug registriert, um vom Zufall abweichende Korrelationen mit Temperaturkurven valide zu zeigen.
Korrelation ist keine Kausalität
Drittens belegt eine Korrelation noch keine Kausalität, noch keinen ursächlichen Zusammenhang. Letzteren nachzuweisen bedarf eines physikalischen Modells hoher Komplexität, in dem viele Faktoren zu berücksichtigen sind. Deren Zusammenwirken, und hier schließt sich der Teufelskreis, kann eigentlich nur auf der Basis verlässlicher Langzeituntersuchungen entschlüsselt werden. So kennt man noch immer nicht alle Umstände, unter denen ein Tornado entsteht. Auch kann man nicht sicher vorhersagen, unter welchen Voraussetzungen er welche Stärke erreicht. Wie will man dann feststellen, ob in Zukunft mehr oder weniger dieser Wirbelstürme mit höherer oder niedrigerer Kraft vorkommen? Zudem sind Extremereignisse immer eine Folge spezifischer lokaler Wetterbedingungen. Diese aber aus globalen Klimaprojektionen mit der erforderlichen zeitlichen und räumlichen Auflösung abzuleiten, ist bis heute nicht möglich.
Die Wolkenbildung stellt ein weiteres Rätsel dar. Die hohen Temperaturen in einigen IPCC-Zukunftsszenarien sind die Folge einer Annahme über Hebelwirkungen. Man behauptet, schon eine kleine durch das Kohlendioxid verursachte Erwärmung würde über die Verdunstung aus den Ozeanen den Wasserdampfgehalt in der Atmosphäre stark ansteigen lassen und dadurch den Treibhauseffekt wesentlich verstärken. Was aber, wenn sich einfach mehr Wolken bilden, die über eine Abschirmung des Sonnenlichtes die gegenteilige Wirkung ausüben? Was aber, wenn dadurch mehr Niederschlag in den polaren Regionen fällt, wodurch sich die Eisbedeckung und damit die Rückstrahlfähigkeit der Erde erhöhen?
Das vierte und bedeutendste Problem der Klimaforschung ist der Mensch selbst. Dessen Handeln nicht nur in Bezug auf die Küstenerosion, sondern in nahezu allen Aspekten die Einflüsse sich ändernder klimatischer Bedingungen in großem Umfang neutralisiert. Arten sterben nicht aus, weil das Wetter schlechter wird. Weit kritischer ist es, wenn der Mensch sie zu stark bejagt oder ihre Lebensräume zu stark beschneidet. Und gegen „Fluten, Dürren und Brände“ kann man sich schützen, sich zur Wehr setzen oder diese gar zu seinem Vorteil nutzen.
Zu einer Katastrophe gehören immer zwei Parteien. Das Ereignis selbst und eine verwundbare Gemeinschaft, auf die es trifft. Dies kann man auf jedes einzelne Wetterextrem anwenden und damit auch auf den Klimawandel in seiner Gesamtheit. Man darf sich nicht der Illusion hingeben, „Fluten, Dürren und Brände“ würden nach einer Dekarbonisierung der Weltwirtschaft ausbleiben. Es hat sie schon immer gegeben und sie werden auch in Zukunft immer wieder vorkommen, völlig unabhängig vom Kohlendioxid-Gehalt der Atmosphäre. Es nützt einem Landwirt in einem Entwicklungsland nichts, das Risiko einer Dürre zu vermindern. Für ihn ist es wichtig, vor der nächsten Trockenheit geschützt zu sein, die auf jeden Fall eintreten wird. Wenn er robuste Pflanzen anbauen kann und über ausgereifte Bewässerungssysteme verfügt, dann ist er schlicht vor allen künftigen Dürren sicher.
Der Hagel, der im Sommer 2013 über unser Dorf hereinbrach, hätte noch 200 Jahre zuvor beträchtliche Schäden verursachen können: an Menschen und Tieren, an Gebäuden und nicht zuletzt auch an der einzubringenden Ernte. In unserer Gegenwart aber kam niemand zu Schaden. Dachziegel, Fensterscheiben und Autos waren ausnahmslos versichert. Wohlstand und Sicherheit bedingen einander und zu ersterem haben fossile Energieträger eine Menge beigetragen. Der Hagel, der im Sommer 2013 über unserem Dorf niederprasselte, stellte daher nicht viel mehr als ein aufregendes Spektakel dar. Mehr billige Energie aus Kohle, Öl und Gas kann auch den Menschen in der weniger entwickelten Welt helfen, die „Klimakatastrophe“ in dieser Weise zu erleben.