International ist die Lage eindeutig: Die Kernkraft wird ausgebaut. Die IAEA stellte gerade ein weltweit neues Interesse an der Kernenergie fest und berichtete, dass insgesamt 441 Kernkraftwerke in 32 Ländern in Betrieb sind. Die liefern etwa 10 Prozent des weltweiten Stroms. In 17 Ländern werden zurzeit 53 neue Reaktoren gebaut. Das hat gerade der Direktor der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, Rafael Grossi, in Wien zur Eröffnung der jüngsten vierteljährlichen Sitzung des Gouverneursrats mitgeteilt.
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine habe auch eine intensive Debatte um Energiewende, Versorgungssicherheit und künftige Energieträger ausgelöst, stellt die grüne Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fest und beauftragte das Meinungsforschungsinstitut Forsa mit einer repräsentativen Umfrage. »Laut forsa-Erhebung für den DBU-Umweltmonitor ›Energiewende und Wohnen‹ erteilt eine klare Mehrheit der Deutschen (75 Prozent) der Renaissance von Atomkraft eine Absage; breite Unterstützung (65 bis 75 Prozent) finden hingegen erneuerbare Energien (EE).« Doch sie kommen auch nicht an dem Ergebnis ihrer Umfrage vorbei: »Kernenergie schien trotz des in Deutschland beschlossenen Atomausstiegs an Zuspruch zu gewinnen.«
Auslöser des Meinungsumschwungs ist offenbar der Krieg in der Ukraine, der die dramatische einseitige Energieabhängigkeit Deutschlands deutlich gemacht hat. Kraftwerke radikal abschalten und Kühltürme im Morgengrauen in die Luft sprengen, wie das der baden-württembergische Ministerpräsident Kretschmann tun ließ, ruft offenbar bei immer mehr Bürgern ein erhebliches Unwohlsein hervor. Jedermann deutlich wird dabei die Vernichtung von Milliardenwerten und die Zerstörung von technisch einwandfreien, funktionsfähigen Kraftwerken, die noch 20, 30 Jahre das Land mit Strom versorgen könnten.
Wobei diese statistischen Mittelwerte nichts über die aktuelle Verfügbarkeit aussagen. Während wochenlanger Flauten, herbstlicher Hochnebelwetterlagen und nachts kommt eben kein Strom von Wind und Sonne. Dann nutzt der durchschnittliche Anteil von 47,1 Prozent nichts, wie wir das regelmäßig auch im TE-Wecker über die Windverhältnisse und mögliche Stromproduktion oder »Nichtproduktion« berichten.
Da hilft künftig vermutlich nur Vorsorgeleistung, wie sie die Stadt Mönchengladbach vorhat. Sie will sich darauf vorbereiten, wenn es kein Licht, keine Heizung, kein Handynetz, kein Internet als Folge eines langanhaltenden, flächendeckenden Stromausfalls gibt. Sie will sich für solch ein Szenario rüsten und zum Beispiel »beleuchtete Anlaufstellen« in allen Feuerwachen der Stadt einrichten. Dafür sollen auch mobile Einheiten mit Notstromgeräten ausgerüstet werden.
Das würde die Stadt um die 700.000 Euro kosten. Weiter sollen sechs Schulen und Turnhallen als Notunterkünfte für rund 3000 Menschen eingerichtet werden. Für 1 Million Euro sollen dort nun Strom-Generatoren eingebaut werden. Damit die Feuerwehr und Rettungsfahrzeuge fahren können, soll auch die Treibstoffversorgung gesichert werden.
Gerade Mitte Mai hatte dort wieder jüngst ein Stromausfall am frühen Morgen für dunkle Straßen gesorgt. Die neue Normalität in »Dunkeldeutschland«.