Tichys Einblick
Bürokratie-Wachstum pur

Das ABC von Energiewende und Grünsprech 52 – Marktstammdatenregistrierungsverordnung

Bürokratie schafft und sichert Arbeitsplätze. Unklare Gesetze und Verordnungen sind die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für Beamte und der Graus für die Betroffenen.

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Täglich werden wir mit Begriffen konfrontiert, die im Ergebnis einer als alternativlos gepriesenen Energiewende verwendet werden oder durch sie erst entstanden sind. Wir greifen auch Bezeichnungen auf, die in der allgemeinen Vergrünung in den Alltagsgebrauch überzugehen drohen – in nichtalphabetischer Reihenfolge.

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Marktstammdatenregistrierungsverordnung, die

Diese wunderschöne Begrifflichkeit erfand die Bundesnetzagentur. Spricht man das Wort schön langsam aus und schließt die Augen, dann sieht man ein ordentlich gefegtes Büro mit Grünpflanzen, soliden Mahagoni-Schreibtischen, ordentlich gestapelte Ordner und Aktendullis mit Dokumenten, amtsgeheftet. Ein leichter Geruch von Linoleum liegt in der Luft und aus dem Nachbarzimmer zieht Kaffeeduft herüber. Irgendwo klingelt ein Telefon und Kerstin hat die Haare neu.

In so einem Büro und mit der oben genannten Verordnung versehen, kann man als Beamter zufrieden alt werden. Diese Folgeverordnung des EEG klingt solide und durchdacht und ist von der Aura solide funktionierenden Staatswesens umgeben.

Doch der Schein trügt, die Marktstammdatenregistrierungsverordnung (ich verkürze sie jetzt auf MaStDRV) ist kreuzgefährlich. Sie trat im März 2017 unauffällig in Kraft und soll Meldepflichten gegenüber der Bundesnetzagentur bündeln. Auf der Grundlage des Paragrafen 111f des Energiewirtschaftsgesetzes sind alle Marktakteure zu Meldungen verpflichtet. Das sind Betreiber von Erzeugungsanlagen, Speicher- und Verteileranlagen von Strom und Gas, Betreiber von EEG- und KWK-Anlagen und Weiterverteiler.

Da lehnt sich Haushaltskunde Dr. Schneider aus dem dritten Stock zurück und denkt, es gehe ihn nichts an. Dass er sich da mal nicht täuscht. Die MaStDRV enthält keinerlei Ausnahmetatbestände oder Geringfügigkeitsgrenzen. So lange Schneider selbst der Letztverbraucher ist, betrifft es ihn in der Tat nicht. Montag und Donnerstag kommt aber die Reinigungskraft – und er ist Marktakteur. Die fleißige Person, die den Staubsauger durch die Räume bewegt, hat die Entscheidungshoheit über die betriebene Maschine und Schneider liefert die Energie. Egal ob er den Strom entgeltlich oder gratis zur Verfügung stellt, er wird nach Buchstaben der Verordnung zum Weiterverteiler.

Gleiches gilt, wenn ein Hauptmieter an den Untermieter Strom liefert, in Wohngemeinschaften der Hauptmieter seine Mitbewohner nicht im Dunklen lässt oder im Krankenhaus Patienten ihre Smartphones laden.

Zivilisationsfeinde
In der Nullemissionswelt braucht es kein Auto
Im Handwerk und im Mittelstand wird es brisanter. Wenn Bäckermeister Vollkorn in seiner Backstube die Elektrik erneuern und den Raum renovieren lässt, wird er automatisch Stromlieferant für Elektromeister Watt, der eine Bohrmaschine für die Installation der neuen Verteilerdosen benutzt und für Malermeister Flachpinsel, der seine Bohrmaschine zum Aufrühren der Farbe in Betrieb nimmt. Somit wird Meister Vollkorn nach MaStDRV meldepflichtig. Nach Beendigung der Arbeiten muss er sich dementsprechend wieder als Weiterverteiler abmelden.

Der DIHK hat zum Sachverhalt inzwischen ein Merkblatt für seine Mitglieder herausgegeben. Ein Protestschreiben von DIHK und ZDH an die Bundesnetzagentur bewirkte keine Präzisierungen der Verordnung.

Die „Nichtmeldung“ ist eine Ordnungswidrigkeit nach § 95 des Energiewirtschaftsgesetzes und kann mit Bußgeld bis 50.000 Euro belegt werden.
Die auslaufende Wirtschaftsministerin Zypries (SPD) setzte die Verordnung im April 2017 in Kraft, auch hier trägt eine abdankende Ministerin in ihren letzten Wochen zum Absurdum deutscher Energiepolitik bei. Zum teuersten Strom kommt die aufgeblähteste Bürokratie.

Auf Anfrage der „Welt“ will die Bundesnetzagentur bei reinen Weiterverteilern wie Studentenwohnheimen oder Kantinen „auf die Durchsetzung der Registrierung verzichten.“ Das ist weder rechtssicher noch normenklar. Es ist ein unberechenbarer Gnadenakt in einer riesigen Grauzone, ein inzwischen typisch deutsches Verwaltungshandeln nach Gutsherrenart. Die Behörde lässt die letzte Entscheidung offen, so dass situativ und in Abhängigkeit des Wohlverhaltens des die Verordnung verletzenden Bürgers oder Unternehmers gehandelt werden kann.

Inzwischen haben die Beamten im wohl doch nicht so heimeligen Büro Stress. Ursprünglich sollte ab Juli 2017 die Registrierung von Neuanlagen erfolgen, dies verzögert sich bis Sommer 2018. Bestandsanlagen sollen bis zum 30. Juni 2019 ins Register. Dazu kämen dann noch die temporären Eintragungen. Das reicht bis zur Pensionierung.

Zum Nachlesen:

https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/V/verordnung-martkstammdatenregister.pdf?__blob=publicationFile&v=6


Frank Hennig ist Diplomingenieur für Kraftwerksanlagen und Energieumwandlung mit langjähriger praktischer Erfahrung. Wie die Energiewende unser Land zu ruinieren droht, erfährt man in seinem Buch Dunkelflaute oder Warum Energie sich nicht wenden lässt. Erhältlich in unserem Shop:www.tichyseinblick.shop

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