Mit der Änderung des Paragrafen 14a des Energiewirtschaftsgesetzes hofft man, eine weitere Schieflage auf dem Weg in die dakarbonisierte Zukunft zu beseitigen. Die Bundesnetzagentur (BNA) erinnerte in einer Pressemitteilung an das Inkrafttreten des Paragrafen zum 1. Januar 2024. Es gelten neue Regeln für die Steuerung ortsfester Verbrauchseinrichtungen wie Elektroheizungen, Wärmepumpen und Ladestationen der E-Mobilität.
„Wir treffen heute Vorsorge, dass Wärmepumpen und Ladeeinrichtungen für E-Autos zügig angeschlossen und sicher betrieben werden können“, so Klaus Müller, ehemaliger Banker, grüner Umweltminister in Schleswig-Holstein, Vorsitzender des Verbraucherzentrale-Bundesverbandes und heutiger Chef der BNA in einer Pressemitteilung am 27. November.
Bisher sind Wärmepumpen und Ladestationen erfolgreich betrieben worden, warum muss nun Vorsorge getroffen werden? Zunächst wirkt es vertrauenerweckend, wenn sich eine Behörde vorsorgend um die oft so genannten „unseren Menschen“ kümmert. Es ist ja auch nur für den Fall, dass, also wenn überhaupt, wovon eigentlich nicht auszugehen ist, „in zwingenden Ausnahmen“ die Energiezufuhr zu Haushalten gedrosselt werden muss wegen zu vieler E-Mobile und Wärmepumpen, die gleichzeitig Strom ziehen. Unter der Überschrift „Integration steuerbarer Verbrauchseinrichtungen“ soll der Überlastung der Niederspannungsnetze vorgebeugt werden.
Auf einen schnellen Hochlauf von Wärmepumpen und privaten Ladeeinrichtungen sei der größte Teil der Niederspannungsnetze noch nicht ausgelegt, erklärte die Behörde. Die Netze müssten daher in einem hohen Tempo optimiert, digitalisiert und ausgebaut werden. Wieder ist Glaube und Hoffnung an ein hohes Tempo die Grundlage von Entscheidungen. Das ist regelmäßig der Fall, wenn man die Folgen seiner Entscheidungen nicht vorher bedenkt.
Praktisch fehlen die Voraussetzungen, den Netzausbau im Ortsbereich deutlich zu beschleunigen. In Deutschland sind die meisten Zuleitungen, selbst im dörflichen Bereich, als Erdkabel verlegt. Die Vergrößerung der Querschnitte erfordert also Tiefbauarbeiten mit entsprechendem Aufwand und Zeitbedarf für Genehmigungen und Ausführung. Dazu kommen Erweiterungen oder Neuinstallationen von Ortsnetz-Transformatoren und Schaltanlagen. Eine Übersicht, inwieweit ein schnellerer Ausbau hinsichtlich Verwaltungs-, Bau- und Materialkapazitäten überhaupt realistisch ist, gibt es nicht. Wie bei anderen Vorhaben auch werden Wünsche in Gesetze gegossen, die Plausibilität der Umsetzung bleibt ungeprüft.
So entstehen Phantasiezahlen wie „fünf Windkraftanlagen pro Tag“, 400.000 Wohnungen pro Jahr oder 15 Millionen E-Mobile bis 2030. Obwohl eingestanden wird, dass diese Ziele realistisch betrachtet nicht erreicht werden können, hält man an ihnen fest. Welchen Sinn macht das? Vermutlich traut sich niemand, das grüne Wolkenkuckucksheim kaputt zu machen. Die Illusionen von heute sind die Enttäuschungen von morgen. Dann wird man die Schuld bei anderen suchen und beklagen, dass „wir“ an der einen oder anderen Stelle Fehler gemacht hätten
Weil der Ausbau der Niederspannungsnetze also nicht wunschgemäß nachkommt, ist die Rede vom „Drosseln“ oder „Dimmen“ des Stroms, so als könne man einzelnen Verbrauchern den Stromhahn etwas zudrehen. 4,2 Kilowatt sollen gesichert sein, mehr allerdings bei drohender Überlastung eines Ortsnetzes nicht. Man kann einen Stromanschluss allerdings nicht drosseln, so wie ein Netz nicht verstopfen kann. Grüne Fachkräfte mögen das behaupten, die Physik geht anders. Bei fast allen elektrischen Verbrauchern funktioniert nur die digitale Form „ein“ und „aus“ oder L und 0. Es bedürfte regelbarer und fernsteuerbarer Einrichtungen wie bei Lademanagementsystemen für die E-Mobilität.
Wärmepumpen und E-Heizungen lassen sich nicht eindrosseln. Wie dann genau verfahren wird, ist noch nicht genau erkennbar, denn abschaltbare Verbraucher wie Wärmepumpen und Nachtspeicherheizungen gibt es seit langem, allerdings orientieren sich die Abschaltungen an täglich festen Uhrzeiten und realisiert mit Funk-Rundsteuerungen. Ziel ist hier die Vermeidung des Strombezugs in Spitzenzeiten, also von für den Versorger teuren Stroms. Für kürzere Zeiträume ist dies problemlos, denn die oft mit Fußbodenheizungen kombinierten Wärmepumpen verhindern eine merkbare Abkühlung. Dafür sind Wärmepumpen-Stromtarife dann günstiger als der allgemeine Haushaltsstrom.
Erforderlich sind digitale Zähler, Gateways (zur Datenübertragung an den Versorger) und vom Versorger betriebene Schalteinheiten. Diese Bedingungen sind im Neubau am ehesten herstellbar, die Nachrüstungen gestalten sich erfahrungsgemäß zäh, wenn man an den Umstieg auf die digitalen Zähler denkt.
Für die Betroffenen soll es dann ähnlich eine Ermäßigung auf die Netzgebühren geben. Das ist sachlich richtig, erfordert aber weiteren Aufwand. Zeitbezogen variabel müssten nun die Netzentgelte für jeden Verbraucher berechnet und teils rückvergütet werden. Eines kann man der Organisation der Energiewende wirklich nicht absprechen: Sie fördert die Bürokratie in erheblichem Maße und gibt so Arbeit und Beschäftigung, Lohn und Brot für viele Arbeitsstellen, die es früher nicht gab.
Es besteht jedoch berechtigte Hoffnung, dass die örtlichen Engpässe weit weniger dramatisch ausfallen als befürchtet. Der Absatz von Wärmepumpen brach nach dem Beschluss des Gebäudeenergiegesetzes ein, ebenso der Verkauf von E-Mobilen nach der Reduzierung der staatlichen Förderung und vor allem dem Entfall der Förderung für Firmenkunden. Vermutlich wird die Vorsorge durch diesen geänderten Paragrafen im Energiewirtschaftsgesetz nicht in Anspruch genommen werden müssen. Die Bevölkerung handelte intuitiv oder bewusst richtig, sich nicht auf vorschnelle Entscheidungen zu Heizung und Mobilität einzulassen. Dazu brauchte sie keine Gesetzesänderung.