Die Überzeugung vieler, man müsse zur Begrenzung einer potentiellen Erderwärmung die anthropogenen Emissionen von Treibhausgasen deutlich senken, stellt die derzeit größte Bedrohung unserer Freiheit und unseres Wohlstands dar. Trotzdem sind dem Klimaschutz dienende Forderungen nach wie vor ungebrochen populär und werden hierzulande von einer übergroßen Koalition politischer Kräfte aus Union, Freien Demokraten, Grünen, Sozialdemokraten und Linken propagiert.
Das kann nur mit dem Unwillen erklärt werden, sich die Welt so auszumalen, wie sie nach Umsetzung wirklich wirksamer Maßnahmen tatsächlich aussähe. Kaum ein Fahrzeug könnte mehr eingesetzt werden, kaum eine Heizung noch wärmen, kaum ein Stahlwerk mehr produzieren, hätte man all dies mit biogenen oder synthetischen Substituten für die fossilen Primärenergieträger zu betreiben. Es gibt keinen Ersatz für Kohle, Erdöl und Erdgas, weder hinsichtlich der erforderlichen Menge, noch hinsichtlich der Einsatzflexibilität oder der einfachen Handhabung. Der propagierte Umbau der globalen Versorgung unter der Prämisse der „Klimafreundlichkeit“ ist notwendigerweise immer mit einem umfassenden Verzicht auf Energie verbunden.
Die deutsche Energiewende stellt hierfür ein exemplarisches Beispiel dar, sind ihre Ziele doch nur erreichbar, wenn wir unseren Primärenergiebedarf um die Hälfte und unseren Strombedarf um ein Viertel senken. So jedenfalls sieht es das noch immer gültige Energiekonzept der Bundesregierung aus dem Jahr 2010 vor, an dem sich seitdem alle energiepolitischen Entscheidungen orientieren. Eine durch die Bevölkerung induzierte Abkehr von dieser Politik scheint vorerst unmöglich, obwohl sie doch angesichts explodierender Strompreise und gefährlich reduzierter Versorgungssicherheit dringend notwendig wäre. Aber wo der Wähler zu gleichgültig und zu träge agiert, um sich selbst zu helfen, wird ihm vielleicht unverhoffte und unerwartete Rettung aus einer ganz anderen Richtung zuteil.
So unabdingbar eine Maßnahme aus der Perspektive ihrer Unterstützer auch erscheinen mag, sie werden sie dennoch nicht ergreifen, sollten die ihr innewohnenden Risiken eine ertragbare Schwelle überschreiten. Und keine Gefahr scheuen Politiker mehr als die des Machtverlustes. Wer schnitzelessende Autofahrer zu veganen Radfahrern umerziehen will, wird seinem Untergang an der Wahlurne nicht entgehen können. Auch wenn ein in allerlei Umfragen erhobenes Stimmungsbild den Erfolg einer umfassenden staatlichen und medialen Propaganda belegt, die den Bürgern dieses Landes mit der „Klimakrise“ ein nichtexistentes Problem als bedeutende Bedrohung verkauft: Sobald es die Möglichkeiten der individuellen Lebensgestaltung betrifft, wird der Hedonismus immer gewinnen.
Menschen, die sich durch Bilder von Wirbelstürmen oder Überschwemmungen zur Abschaffung von Kühlschränken oder Fernsehern bewegen lassen, stellen eine höchst seltene Spezies dar. Mit jeder weiteren Innovation, die uns die Wirtschaft zur effektiveren Erfüllung unserer Bedarfe anbietet, wachsen die Hürden für die Etablierung eines wirklich wirksamen Klimaschutzes. Denn erstens ist immer mehr Energie erforderlich, um diese Produkte herstellen und einsetzen zu können und zweitens werden wir ihrer Verwendung immer weniger entsagen wollen. Manches könnte noch verboten werden, rein theoretisch, obwohl wir mit ihm bereits in Symbiose leben, man denke an SUVs oder Smartphones. Manches könnte noch verhindert werden, rein theoretisch, obwohl seine Geburt unmittelbar bevorsteht, man denke an fliegende Autos oder Raketenflugzeuge. Manches aber ist bereits da, am Rande unserer Wahrnehmung auftauchend, gegen das selbst eine totalitäre Ökodiktatur völlig machtlos wäre. Man denke an die Blockchain.
Vordergründig ist eine Blockchain nicht viel mehr als eine redundant betriebene, dezentrale Datenbank, deren Aufbau jede Manipulation praktisch unmöglich macht. Alle in ihr gespeicherten Einträge sind für alle Nutzer jederzeit einsehbar. Alle Nutzer können zudem jederzeit neue Einträge hinzufügen. Diese werden in Blöcken gespeichert, die durch clevere kryptographische Verfahren mit den bereits vorhandenen verklebt werden. Dabei weist jeder neue Block seine Gültigkeit durch die Berücksichtigung aller Daten in seinen Vorläufern nach. Eine nachträgliche Änderung seiner Inhalte unbemerkt vorzunehmen gelingt daher nur bei gleichzeitiger Überschreibung aller seiner Nachfolger. Wer diese Rechenkraft aufbringen kann, hat mehr davon, die Blockchain zu erhalten und sie weiter auszubauen.
Denn das ist ungeheuer attraktiv. Eine Blockchain bietet einen absolut vertrauenswürdigen, weil vollkommen transparenten Marktplatz im Internet, der sich selbst organisiert und ohne jede zentrale Institution auskommt. Gleichzeitig besteht für ihre Nutzer die Möglichkeit, vollkommen anonym zu bleiben. Dem „Internet der Informationen“ wird dadurch als neue Schicht ein „Internet der Werte“ hinzugefügt. Gehandelt werden kann dort alles, was aus Sicht der Anwender einen „Wert“ hat, ob Daten, Dienstleistungen, Befugnisse oder Ansprüche. Käufer und Verkäufer finden zusammen, ohne sich zu kennen, ohne sich kennenlernen zu müssen und ohne einen Vermittler oder Wächter zu benötigen. Als universelles Tauschmittel für alle Transaktionen dienen sogenannte „Coins“, rein virtuelle Recheneinheiten, die durch Zuweisung an diejenigen geschöpft werden, die den Rechenaufwand zur Erstellung neuer Blöcke und damit zur Validierung neuer Transaktionen auf sich nehmen.
Um Missverständnisse zu vermeiden, sollte man diese Coins nicht als „Geld“ bezeichnen oder gar als „Währung“. Schließlich steckt keine Notenbank dahinter, die sie produziert und für ihren Wert garantiert. Sie sind auch nicht in irgendeiner Weise in der Blockchain repräsentiert, etwa durch bestimmte Zeichenketten. Sie sind schlicht eine Vorstellung von „Geld“, repräsentiert durch in der Blockchain niedergelegte Besitzrechte. Im Jahr 2009 startete die erste Blockchain überhaupt, deren einzige Funktion in der Generierung und Verbreitung der sogenannten „Bitcoins“ bestand. Sie demonstriert bis heute überaus erfolgreich die Potentiale des Systems und hat zahlreiche Nachahmer inspiriert. Immer neue Blockchain-Anwendungen werden erdacht, realisiert und erprobt, von Insellösungen für einzelne Firmen, über Plattformen für spezifische Wertschöpfungsketten bis hin zu universellen, allgemein verfügbaren Ansätzen.
Diese Technologie vermag die Grundlagen unseres Wirtschaftssystems radikal zu verändern. Sämtliche Intermediäre, ob Banken, Anwälte, Notare oder Makler, sind nicht mehr erforderlich, wenn einander fremde Parteien problemlos miteinander handeln können, ohne die Möglichkeit, sich gegenseitig zu hintergehen. Blockchains sind programmierbar. Sogenannte „Smart Contracts“, in „wenn-dann“-Algorithmen programmierte Verträge, ermöglichen die Automatisierung vieler Prozesse etwa in der Logistik, der Produktion oder der Finanzwirtschaft. Virtuelle Firmen ohne einen in der realen Welt existierenden Sitz können sich ad hoc bilden und sich auch ebenso schnell wieder auflösen. Selbst Maschinen vermögen als Unternehmer tätig zu werden.
Einem autonomen Robotertaxi sollte man beispielsweise durchaus zutrauen, auch Transaktionen in der Blockchain abzuwickeln. Die Abrechnung eines Beförderungsauftrags erfolgt dann über die Blockchain mittels eines an Geodaten gekoppelten „smarten Vertrags“. Mit den auf diesem Weg erhaltenen „Coins“ tankt das Auto selbstständig nach und zahlt Versicherungen, Reparaturen und Parkgebühren ebenfalls eigenständig. So entstehen völlig vom herkömmlichen Fiatgeld entkoppelte Ökonomien. In denen nicht nur die Notenbanken entmachtet wären, sondern auch wichtige Einnahmequellen für den Unterhalt zahlreicher öffentlicher Institutionen wegfielen. Denn der Staat sieht zwar, was gehandelt wird, aber nicht mehr, von wem. Wie will er dann noch Steuern erheben?
Zu erheblich sind die Vorteile der Blockchain, als dass ein freiwilliger Verzicht auf ihre Nutzung denkbar wäre. Erzwingen ließe ein solcher sich ohnehin nur durch die Abschaltung des Internets. Wer unterhalb dieser Schwelle reguliert und verbietet, sorgt nur für eine territoriale Verlagerung von Hardware-Komponenten, zur Not auf schwimmende Plattformen in internationalen Gewässern oder gleich in den Erdorbit. Die Blockchain selbst ignoriert Grenzen, althergebrachte Rechtsordnungen oder das Handeln von Regierungen und Behörden. Ihre Resilienz gegen jeden behördlichen Eingriff bezieht sie aus der Rechenleistung, die sie trägt. Und das Lösen der in ihre Architektur eingearbeiteten komplexen mathematischen Aufgabenstellungen, das ihre Integrität gewährleistet, bedarf einer ziemlich großen Rechenkraft und damit einer ziemlich großen Menge elektrischer Energie. Tatsächlich steht der Bitcoin für den direktesten Weg, Energie in Werte umzuwandeln, den die Menschheit bislang gefunden hat. Und je mehr Energie man einsetzt, desto höher der Ertrag.
Während ich dies schreibe, liegt der geschätzte Jahresenergiebedarf der Bitcoin-Blockchain bei fast 47 Terawattstunden. Eine gerade mal 150 Gigabyte große Datenbank, die auf einigen zehntausend Computern gespiegelt wird, benötigt für ihren Erhalt und ihren Ausbau eine Strommenge, durch die sie, wäre sie ein Land, auf Platz 53 der Weltrangliste läge, zwischen dem Irak und Singapur! Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht abzusehen. Um 2020 könnte sie, mit dann vielleicht 200 Gigabyte und Kopien auf hunderttausend oder mehr Knoten, Deutschland eingeholt haben. Sicher, Computer werden effizienter, was allerdings erfahrungsgemäß zu einer weiteren Beschleunigung des Wachstums und damit des Strombedarfs führt.
Natürlich wird über andere, weniger Energie verschlingende Verfahren zur Erstellung neuer Blöcke nachgedacht. Aber jeder dieser alternativen Ansätze würde den zur nachträglichen Manipulation von Daten erforderlichen Aufwand und damit die Vertrauenswürdigkeit einer Blockchain vermindern. Nein, wir steuern auf eine Zukunft zu, in der abertausende von Blockchains für die unterschiedlichsten Zwecke miteinander konkurrieren werden. Und die mit dem höchsten Sicherheitsniveau, also die mit den anspruchsvollsten kryptographischen Systemen, also die mit dem höchsten Energiebedarf, die gewinnen diesen Wettkampf.
Noch bevor die Blockchain-Technologie ihr disruptives Potential in Bezug auf Fiatgeldsysteme oder staatliche Strukturen aller Art entfaltet, zerstört sie endgültig die politische Illusion, es wäre trotz aller damit verbundenen Schwierigkeiten grundsätzlich möglich, zur Bewältigung lokaler oder globaler „Energiewenden“ in großem Umfang Energie einzusparen. Sie verbannt dadurch auch die Idee vom „Klimaschutz“ endgültig in die von der realen Welt abgekoppelten Reservate luxuriöser Konferenzräume, in denen sich Aktivisten mit bunten Präsentationen nur mehr abwechselnd ihrer eigenen Bedeutung versichern.
Investoren, die gerne von der Blockchain profitieren möchten, aber dem Bitcoin und anderen virtuellen Tauschwerten aufgrund ihrer sprunghaften Kursentwicklung in Bezug auf staatliche Währungen misstrauen, sollten vielleicht Anteile an Kohle- und Uranminen erwerben. Schließlich ist die Blockchain nicht allein. Das ganze andere Zeug, von künstlichen Intelligenzen über virtuelle Realitäten bis hin zu Quantencomputern, kommt ja noch hinzu. Da freut man sich doch glatt über eine Regierung, die unter „Digitalisierung“ nicht viel mehr als die Verlegung von Glasfaserkabeln versteht. Weil sie ihren eigenen Untergang nicht verzögern kann, wenn sie ihn nicht sieht.