Wer geglaubt hatte, dass die Kanzlerin, da sie nun einmal angefangen hat mit dem Benennen von Fehlern, dies nun auch jenseits der gestern zurückgenommenen „Osterruhe“ kultivieren würde, sah sich heute nach ihrer Regierungserklärung im Bundestag getäuscht. Der größte, zentrale Fehler ihrer Corona-Politik, wurde von ihr schon in den ersten Sätzen pauschal verneint: „Bei allen Beschwernissen“ – mit diesen ist wohl der Impfstoffmangel gemeint – „es war richtig, auf die gemeinsame Beschaffung und Zulassung von Impfstoffen durch die Europäische Union zu setzen.“
Vermutlich hat sie auch ganz vergessen, dass sie selbst noch vor wenigen Tagen nach dem jüngsten Impfgipfel, eine Beschaffung und Zulassung des russischen Impfstoffs im nationalen Alleingang in Aussicht stellte.
Aber das war nicht die letzte Absurdität – oder sollte man besser sagen: Dreistigkeit? – in dieser Regierungserklärung.
„Je mehr wir testen, desto weniger müssen wir einschränken“, sagte sie. Aber das stimmt ja gerade nicht, sofern die Regierung an ihrer sturen Kopplung der Einschränkungen an die Inzidenz festhält und diese weiterhin nicht mit der Zahl der Getesteten verrechnet.
Immerhin sagte Merkel aber auch noch etwas Zutreffendes. Die Pandemie habe „gravierende Schwachstellen im Funktionieren unseres Gemeinschaftswesens offengelegt.“ Sie stach dann von den Mängeln bei der Digitalisierung der Verwaltung. Pflegte die Kanzlerin tatsächlich eine vorbildliche „Fehlerkultur“, hätte sie statt solcher Details auch die tatsächlich gravierendste Schwachstelle benannt: Sich selbst und ihre Regierung.
Aber um diesen Gedanken gar nicht erst aufkommen zu lassen, und deutlich zu machen, was sie von dem Parlament, in dem sie da gerade sprach, und solchen lästigen Einrichtungen wie einer freien, kritischen Öffentlichkeit eigentlich hält, stellte Merkel klar: „Es nützt nichts, den ganzen Tag zu kritisieren.“