Peinlich noch im Abgang: Lambrecht zeigt, wie fatal Quoten wirken können
Ferdinand Knauss
Nicht einmal der eigene Rücktritt gelingt der gescheiterten Verteidigungsministerin Christine Lambrecht ohne Peinlichkeit. Das Personaldesaster sollte als Alarmruf gegen Proporz-Personalentscheidungen verstanden werden.
Sie wird sicher nicht als eine große Ministerin in die Annalen der Bundesrepublik eingehen, aber vielleicht als die peinlichste. Dabei hatte ihre Vorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer die Latte als Verteidigungsministerin wahrlich nicht besonders hoch gelegt. Von Lambrecht wird kaum etwas im Gedächtnis bleiben als ein peinlicher Helikopterflug mit dem Sohn in die Nähe des Urlaubsortes und bizarre Auftritte im Bundestag (wo sie in naiver Sprache über die Aufgabe des Gepard-Panzers dilettierte) und in der Silvesternacht. Selten klangen Dankesworte eines Kanzlers an ein scheidendes Kabinettsmitglied so hohl wie Scholz’ Behauptung, Lambrecht habe sich mit ungeheurem Einsatz darum gekümmert, dass »jahrzehntelang ausgetrampelte Pfade verlassen werden« und man den Aufbruch bei der Bundeswehr hinbekomme.
Es ist die zweite zurückgetretene Ministerin im Kabinett Scholz in kaum einem Jahr. Anne Spiegel hatte nicht in der Bundespolitik, sondern in ihrem vorherigen Amt als Landesministerin beim Krisenmanagement der Ahr-Flut versagt und war moralisch untragbar geworden. Ihr bizarrer Schlussauftritt legt den Gedanken nahe, dass der frühzeitige Rücktritt ihr womöglich noch manche Offenbarung der eigenen Überforderung ersparte. Auch Lambrecht schaffte es nicht einmal, im Abgang einigermaßen Würde zu zeigen. Statt ihre offenkundigen Versäumnisse einzuräumen, versuchte sie in einem fast unverschämt knappen schriftlichen Statement, sich als Opfer der Medien darzustellen: Die „monatelange mediale Fokussierung auf meine Person“ habe eine Diskussion über die Lage der Soldaten, Bundeswehr und Sicherheitspolitik unmöglich gemacht. Als ob man darüber nur hätte debattieren können, indem man ihre Verantwortung für die Bundeswehr ausblendet. Und als ob die große Mehrheit des deutschen Medienbetriebes nicht grundsätzlich ausgesprochen wohlwollend mit der Ampelregierung umgingen.
Sie hat es sich selbst zuzuschreiben, dass nun sogar SPD- und Ampel-freundlichste Journalisten ihren Abgang mit Vokabeln wie „würdelos“ kennzeichnen und in den sozialen Netzwerken über potentielle Lieder für ihren Zapfenstreich witzeln.
Die Bedeutung der Personalien Spiegel und Lambrecht geht aber weit über die Feststellung persönlichen Versagens hinaus. Beide personifizieren vor allem das Versagen des Kanzlers und der ihn tragenden Ampelparteien. Sie waren letztlich Ergebnisse einer (Personal)Politik des Kanzlers und der Parteispitzen, die völlig falsche Prioritäten setzt. Es ging bei beiden Personalien (und bei weiteren noch amtierenden Ministern ebenso) nie um die „Sache“, also darum eine möglichst kompetente, politisch versierte Persönlichkeit an die Spitze eines Ressorts zu setzen. Die beiden Desaster-Ministerinnen Spiegel und Lambrecht sind unmittelbare Folgen einer schon lange grassierenden Negativauslese in den Parteiapparaten, die durch die ideologische Vorgabe des Geschlechterproporzes noch deutlich verschärft wurde.
Dieses zweite Ampel-Personaldesaster sollte nun endlich als Alarmsignal gehört werden, eine geschlechtsblinde, allein an sachlichen Kriterien orientierte Personalpolitik auf der höchsten Politikebene zu forcieren. Wenn Scholz sich nun dennoch erneut wieder in die Zwangsjacke der kabinettsinternen Frauenquote spannen lässt, nutzt das den Frauen in der Bundesrepublik Deutschland überhaupt nicht – sondern nur der begünstigten selbst. Die von Scholz ausgerufene „Zeitenwende“ zur Stärkung der Bundeswehr hat endlich Priorität verdient.
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