Tilman Kuban (geboren 1987) ist zwar erst seit 2019 Vorsitzender der Jungen Union und erst seit wenigen Wochen als Bundestagsabgeordneter Berufspolitiker, aber die in der Union ganz besonders beliebte Pose der Hemdsärmeligkeit beherrscht er schon sehr gut. Kuban, der bei seiner Wahl an die Spitze der Jungen Union als Hoffnungsträger der Konservativen galt, hat nun in einem Gastbeitrag für die Welt die Hemdsärmel ganz besonders energisch gekrempelt. Ergebnis ist ein Text, den man als Kampfaufruf gegen Ungeimpfte verstehen muss.
Er steigt da mit der Behauptung ein: „13 Millionen erwachsene Menschen bringen eine Industrienation wie Deutschland an den Rand der Verzweiflung. Denn sie wollen sich nicht impfen lassen und sorgen im 20. Monat der Pandemie dafür, dass unser Gesundheitssystem trotz Tag für Tag hart und häufig am Limit arbeitender Ärzte und Pflegekräfte, nahezu kollabiert.“ Um dann schließlich eine „De-facto-Impfpflicht“ zu fordern, nämlich eine konsequente 2G-Regel.
Ohne Freunde zuhause essen und trinken immerhin darf auch der Ungeimpfte noch. Wenigstens fordert Kuban nicht auch noch: „kein Bier! kein Schnitzel!“
Hausarrest also. Der ist in Diktaturen ein gerne angewandtes Mittel, um Dissidenten ohne Justizverfahren aus dem öffentlichen Verkehr zu ziehen. Aung San Suu Kyi zum Beispiel verbrachte viele Jahre ihres Lebens auf Befehl der Militärmachthaber Burmas in den eigenen vier Wänden. In verschärfter Form kann man dann auch noch Kontaktsperren verhängen. Auch in einigen demokratischen Staaten ist Hausarrest als milde Haftform möglich, zum Beispiel in den USA, Frankreich und Italien. Ungeimpfte wären damit also nach Kubans Vorstellung auf eine Stufe mit Staatsfeinden oder Kriminellen gestellt.
Kuban, in zweiter Generation Jurist, dürfte dieser Zusammenhang und die Bedeutung seiner Worte durchaus klar sein.
Das heißt also in Kubanscher Konsequenz: Eine Art Beuge-Hausarrest für 13 Millionen Menschen in Deutschland! Die ungeimpfte Minderheit ganz wegsperren, um die geimpfte Mehrheit nicht jeden Winter wegsperren zu müssen. „Die“ oder „wir“! Ohne wegsperren jedenfalls geht es nach Kubans Überzeugung nicht.
Und schließlich der letzte Satz: „Denn zur Freiheit des Einzelnen gehört am Ende auch die Verantwortung für die Freiheit und Gesundheit vieler Anderer in diesem Land.“ Der einzelne Bürger ist also für die Gesundheit des anderen verantwortlich? Welch seltsame Vorstellung von Freiheit und von Verantwortung offenbart sich hier an der Spitze der Jungen Union – und welche Aggression!