Gleich nach seinem Amtsantritt als US-Präsident werde er dafür sorgen, so hat Joe Biden versprochen, dass die USA dem Pariser „Klimaschutzabkommen” wieder beitreten, das sie mit Wirkung zum Wahltag 4. November dieses Jahres verlassen haben. Die „Klimapolitik” ist wohl das Feld, auf dem Biden am radikalsten mit Trump brechen wird. Oder es zumindest versuchen wird, soweit ein weiterhin von den Republikanern dominierter Senat dies zulässt. Dementsprechend positiv sind nicht nur unter deutschen Regierungspolitikern und Klimaaktivisten die Reaktionen auf seinen Wahlsieg. Beglückt zeigen sich nicht zuletzt auch die Vertreter einer Wissenschaftsdisziplin, die in den letzten beiden Jahrzehnten zu den großen Gewinnern der so genannten Klimakrise gehört, oder besser gesagt: die dieser ihre schiere Existenz verdankt.
Aber fehlt da vielleicht noch was in der Zusammenfassung? Und was versteht Biden unter „sauberer Energie“. Dazu gleich mehr.
„Wünschenswert wäre“, sagt Petersen, dass Biden bei der Umsetzung der Ziele „auch auf zentral von prominenten US-Ökonominnen und Ökonomen nachdrücklich geforderte Bepreisung von Treibhausgasen setzt.“ Ein Preismechanismus für CO2 in den USA könnte, so Peterson, „dem Instrument weltweit neuen Schwung verleihen und würde auch verhindern, dass die EU im Zuge des geplanten Grenzausgleichs Importe aus den USA mit einem CO2-Preis versehen müsste.“
Da ist sich Peterson mit dem Doyen der „Klimaökonomik” einig. Ottmar Edenhofer nämlich, der frisch mit dem „Deutschen Umweltpreis“ gekrönte Direktor und Chefökonom am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) sagte im Spiegel-Interview: „Wir haben jetzt die Chance, die Stabilisierung des Klimas zu erreichen, indem wir die CO2-Preissysteme in den USA, Europa und China verknüpfen.“ Und Europa, so Edenhofer, „müsste Vorschläge für ein System von CO₂-Preisen machen, das andere Weltregionen einbezieht. Beispielsweise könnte ein Teil der Einnahmen aus dem Emissionshandel dazu verwendet werden, Länder in Afrika, Asien oder Lateinamerika zum Ausstieg aus der Kohle zu bewegen.“
Den eigentlichen Knackpunkt der zu erwartenden Bidenschen „Klimaschutz”-, also eigentlich Energiepolitik ließen allerdings beide, Peterson und Edenhofer unerwähnt. Und an diesen werden vermutlich auch die regierenden deutschen Politiker und all jene deutschen Bewunderer von Kamala Harris nicht gerne erinnert: Auch unter Biden und Harris bleiben die USA im Gegensatz zu Merkels Deutschland im Besitz einer energiewirtschaftlichen Rückversicherung, die den Rückbau der fossilen Quellen kompensieren kann: In Bidens „Plan for a new Energy Revolution and Environmental Justice“ spielen nämlich zwei Energiequellen eine Hauptrolle, die in Deutschland als Teufelswerk gelten. Einerseits die CCS-Technologie, also die Abspaltung von Kohlenstoff aus der Luft und dessen Speicherung im Boden: „capturing carbon dioxide from power plant exhausts followed by sequestering it deep underground or using it make alternative products“ steht da in Bidens Plan als eine der angestrebten technologischen Lösungen, während die Bundesregierung solche Ideen längst verdammt hat. Und andererseits, noch viel brisanter für deutsche „Klimapolitiker”, die Kernenergie. Nicht nur will Biden die existierenden Reaktoren weiter laufen lassen. Er will neue, kleinere und kosteneffizientere entwickeln und bauen lassen: „small modular nuclear reactors at half the construction cost of today’s reactors“.
Die Kernenergie ist für Biden kein Auslaufmodell. Die Zukunft der Kernkraft aufzuzeigen („Identity the future of nuclear energy“) steht da als eine der zentralen Aufgaben. Es gehe darum, auf alle Technologien zu schauen, die wenig oder gar kein CO2 freisetzen.
Ja, wenn sich das einmal in Berlin herumspricht, dass Biden ein Anhänger der Kernenergie ist!
Und nicht einmal die mögliche künftige Vizepräsidentin Kamala Harris, Liebling aller Social Justice Warriors auf beiden Seiten des Atlantiks, die kennenzulernen sich Angela Merkel nach eigenem Bekunden freut, ist auf klarem Antiatomkraftkurs. Den hatte nur der zweifach gescheiterte Kandidat Bernie Sanders verfolgt. Harris dagegen hat sich zu einem klaren Jein zur Kernenergie entschieden. In einer CNN-Debatte im Herbst 2019 nach ihrer Position zur Kernenergie gefragt, rettete sie sich aus der Affäre, indem sie sagte, dass sie nicht zulassen werde, dass die Regierung in Washington den Bundesstaaten aufzwinge, wo Atommüll deponiert werden soll. Mehr war aus ihr nicht herauszubringen. Beim Kennenlernen mit Merkel wird man sich also für den Smalltalk wohl ein anderes Thema suchen müssen.