Während das Wirtschaftshilfsprogramm der Bundesregierung zwar mit einem Gesamtvolumen von 600 Milliarden gewaltig, aber doch auf diese Obersumme begrenzt ist, gibt es kein finanzielles Limit für Kurzarbeit, sagte der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, in einer Pressekonferenz mit seinem Chef, Arbeitsminister Hubertus Heil: „Das Geld ist kein limitierender Faktor um den Rechtsanspruch auf Kurzarbeit zu finanzieren“, sagte Scheele.
Seit Ausbruch der Corona-Krise seien 470.000 Anzeigen von Betrieben eingegangen. In normalen Monaten des vergangenen Jahres seien 1.300 Anzeigen von Betrieben eingegangen. Hinter der Zahl der Anzeigen dürfte sich ein Vielfaches an Bürgern verbergen, so dass die Zahl aus der Finanzkrise von 1,44 Millionen Kurzarbeitern aus dem Mai 2009 bald weit übertroffen werden dürfte. Eine seriöse Schätzung sei derzeit nicht möglich, sagte Scheele.
Zudem sei die Arbeitslosigkeit ja, so Heil, vergleichsweise niedrig. Noch, sollte man ergänzen. Die Zahlen jedenfalls, die Scheele jetzt präsentierte, wurden vor der Coronakrise zum 12. März erhoben und sind daher weitgehend nichtssagend. Zum nächsten Stichtag, dem 12. April, stellte Scheele 150.000 bis 200.000 zusätzliche Arbeitslose durch die Coronakrise in Aussicht.
Die Aussagen von Scheele und Heil zur Kurzarbeit harmonieren mit der jüngsten Nachricht der BA, wonach die Grundsicherung – im Volksmund „Hartz IV“ genannt – nun ohne Prüfung der Vermögensverhältnisse ausgezahlt wird. Seit Wochen ist offenbar in den Jobcentern das bisherige System der Prüfungen und Sanktion de facto ausgesetzt. Termine müssen von Antragstellern nicht eingehalten, Anträge können formlos abgegeben werden.
Die Diskrepanz zu den Krediten (wohlgemerkt: rückzahlbare Kredite, keine Geschenke), die nun Unternehmen im Rahmen des Sonderprogramms der staatlichen KfW kriegen sollen, ist offensichtlich. Natürlich, das Hilfspaket des Wirtschaftsministers ist gigantisch in seinem Umfang. Aber während soziale Sicherungsleistungen nunmehr fast bedingungslos gezahlt werden und von den Antragstellern letztlich keine oder kaum noch Nachweise ihrer Bedürftigkeit erwartet werden, bleibt der Zugang zu den Maßnahmen von Altmaier gerade für Kleinunternehmer ein bürokratischer Hindernislauf, der außerdem mit heruntergelassenen Hosen absolviert werden muss.
Fazit: In der Coronakrise offenbart sich der deutsche Staat also als sorgender Staat, der bedingungs- und grenzenlos finanziell Sicherheit bieten will für jene, die nicht mehr arbeiten und dadurch in seine Abhängigkeit geraten, aber nur bedingt und begrenzt jenen hilft, die sich als Unternehmer ihre Unabhängigkeit erhalten möchten.
Als hätte er sich mit Heil und Altmaier abgesprochen, verkündete der frühere Außenminister und bis 2005 inoffizielle Grünen-Parteivorsitzende Joschka Fischer in der Frankfurter Allgemeinen (Dienstagausgabe) seine Vision für die Post-Corona-Epoche: „Die Marktwirtschaft wird nicht abgeschafft werden, aber der Vorsorgestaat wird seine Führung in allen strategischen Fragen gegenüber der Wirtschaft beanspruchen und auch durchsetzen.“ Die beiden Regierungspolitiker von CDU und SPD arbeiten derzeit eifrig an der Umsetzung der Träume des Grünen.