CDU-Chef Friedrich Merz hat in der Generaldebatte des Bundestages einige wichtige Bedingungen für die notwendige Zustimmung der Union zu dem 100-Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr aufgestellt. Vor allem, dass das Geld ausschließlich der Bundeswehr zugutekommen müsse, ist wichtig angesichts der Tendenz sozialdemokratischer und grüner Politiker, „Sicherheit“ mit Entwicklungshilfe und Klimaschutz in einen Topf zu werfen. Aber die wichtigste Bedingung fehlte leider: Wenn seine angekündigte „Zeitenwende“ ernst gemeint wäre, also die Bundeswehr und damit die Wehrhaftigkeit unseres Landes für den Bundeskanzler wirklich höchste Priorität hätte, müsste er sofort seine Parteifreundin Christine Lambrecht entlassen und durch einen Minister ersetzen, dessen Kompetenz für dieses Amt alleiniges Kriterium wäre.
Scholz zeigte sich auch auf diesem Politikfeld als gelehriger Schüler Merkels – und berief ausgerechnet die bisherige Justizministerin Christine Lambrecht als Verteidigungsministerin. Nichts qualifiziert sie dazu. Wie soll aber eine Frau, der militärische und sicherheitspolitische Kompetenz fehlt, an das Werk gehen, die vielen Milliarden, die ihr jetzt zufließen, so einzusetzen, dass sie wirklich die Fähigkeiten der Bundeswehr stärken. Die Bürokratie der Bundeswehr und des BAAINBw (Bundesamts für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr) ist zu einem Monster degeneriert, das es im Dienste der Truppe zu bändigen gälte. Doch das könnte nur ein Minister, der weiß, worauf es der Truppe ankommt und deren Interesse (im Interesse des Landes an seiner Verteidigungsfähigkeit) absoluten Vorrang vor all den Befindlichkeiten gäbe, die in den vergangenen zwei bis drei Jahrzehnten bedient wurden.
Ein Verteidigungsminister, der tatsächlich eine Scholz’sche Zeitenwende umsetzen will, muss sich gemeinsam mit den führenden Soldaten der Bundeswehr solchen todernstenFragen stellen. Aber kann man sich Christine Lambrecht hierbei ernsthaft vorstellen? Kann und will sie das selbst?
Es gibt seit Bestehen der Bundeswehr eine Art ungeschriebenes, aus historischer Erfahrung erwachsenes Gesetz, dass kein Berufssoldat zum Verteidigungsminister werden soll. Aber es gäbe durchaus sogar in der SPD den ein oder anderen Politiker, dem diese extrem verantwortungsvolle Gigantenaufgabe zuzutrauen wäre.
Vielleicht erinnert sich Scholz noch an einen gewissen Hans-Peter Bartels. Der war einmal Wehrbeauftragter des Bundestages – und bei den Soldaten hochgeschätzt. Er verlor aus Gründen, die oben angedeutet wurden, seinen Posten und wurde von Eva Högl abgelöst, die ähnlich militärfremd ist wie von der Leyen, Kramp-Karrenbauer und Lambrecht. Auch das war ein Signal, das jeder Soldat und die deutsche Öffentlichkeit nur so verstehen konnte, dass der Bundesregierung die Bundeswehr ziemlich wurscht ist. Jetzt wäre die richtige Gelegenheit, Bartels zu rehabilitieren und zum Verteidigungsminister zu ernennen. Er weiß wie kaum ein anderer Politiker um die wirklichen Schwächen der Bundeswehr – und um die Sorgen der Soldaten, die eben nicht mit dem identisch sind, was die (viel zu zahlreichen) Generale den Staatssekretären und Ministern einflüstern.
Die wichtigste Lehre des Ukraine-Krieges ist: Noch mehr als auf die richtigen Waffen kommt es auf die Kampfbereitschaft der Soldaten und ihre Unterstützung durch die politische Führung und die Öffentlichkeit an. Das wäre das dickste Brett, das die Bundesregierung zu bohren hätte. Und sie müsste bei sich selbst und in ihren eigenen Parteien damit anfangen.