Tichys Einblick
Stark gegen Reichsbürger, schwach gegen China

Die Bundesregierung duldet de facto chinesische Polizeistationen

Während Innenministerin Nancy Faeser wohl vollauf damit beschäftigt war, einen Staatsstreich eines fürstlichen Rentners und zwei bis drei Dutzend Spinnern abzuwehren, begnügt sie sich gegenüber illegalen chinesischen "Polizeistationen" auf deutschem Boden mit "Austausch". In Peking wird man die Signale deuten.

Chinesische Botschaft in Berlin

IMAGO / photothek

Mit der Razzia bei sogenannten „Reichsbürgern“ zur Abwehr eines vermeintlichen „Staatsstreichs“, durchgeführt von 3000 martialisch ausgerüsteten Polizeibeamten und schon Tage vorher gegenüber zahlreichen Medienredaktionen angekündigt, wollte Innenministerin Nancy Faeser ganz offenkundig demonstrieren, wie wehrhaft der Staat ist, den sie mitregiert. Gegenüber anderen Verächtern der Souveränität dieses Staates ist ebenjene Innenministerin deutlich weniger handlungsfreudig.

Dass das chinesische Regime in zahlreichen Ländern sogenannte „Polizeistationen“ unterhält, die entgegen diplomatischer Regeln chinesische Staatsbürger bespitzeln und ideologisch kontrollieren, war schon länger bekannt. In den Niederlanden, wo die Nachricht davon zuerst aufkam, wurden diese Einrichtungen von den dortigen Behörden sofort geschlossen.

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Mehrere Landesregierungen hatten gegenüber TE auf Anfrage ihre Besorgnis über entsprechende „allgemeine Hinweise“ geäußert. Nur das Bundesinnenministerium hat zunächst nicht auf eine TE-Anfrage geantwortet und dann auf Nachhaken geantwortet: „Die Bundessicherheitsbehörden haben die Existenz derartiger Einrichtungen seit geraumer Zeit im Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeiten im Blick und gehen allen Hinweisen mit Nachdruck nach. Dies gilt auch für die Frage, in welchem Umfang, in welcher Struktur und mit welchen Schwerpunkten sie in Deutschland aktiv sind.“

Man gab also leicht verklausuliert die Existenz zu – ohne ihre sofortige Schließung zu veranlassen, wie die niederländische Regierung das getan hatte. Obwohl die Pressestelle des BMI in derselben Mail an TE auch schreibt: „Gemäß Völkerrecht gilt, dass die Vornahme hoheitlicher Tätigkeiten, denen die Bundesrepublik Deutschland nicht zugestimmt hat, gegen den völkerrechtlichen Grundsatz der Gebietshoheit verstößt und eine völkerrechtswidrige Verletzung der inneren Souveränität der Bundesrepublik Deutschland darstellt. Die Bundesrepublik Deutschland hat mit der Volksrepublik China kein bilaterales Abkommen über den Betrieb derartiger ‚Übersee-Polizeistationen‘ geschlossen. Entsprechend verfügen chinesische Stellen auch über keinerlei Exekutivbefugnisse auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland.“ Zwar behauptet das BMI: „Die Bundesregierung toleriert solche Tätigkeiten nicht.“ Aber von der sofortigen Schließung ist keine Rede, sondern: „Die Bundesregierung steht mit der chinesischen Botschaft hierzu im Austausch.“ Also nimmt sie die „Existenz“ de facto bis auf Weiteres eben doch hin.

Jetzt hat eine Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der fraktionslosen Bundestagsabgeordneten Joana Cotar genaueres zutage gefördert: „In Deutschland existieren nach Kenntnis der Bundesregierung zwei sogenannte ‚Übersee-Polizeistationen’“. Die Nachrichtenagentur DPA, der die Antwort vorliegt, zitiert weiter, die Bundesregierung gehe derzeit davon aus, dass diese „eher personengebunden und mobil organisiert sind, es wurden keine festen Büros eingerichtet“. Nach DPA-Informationen „boten fünf Gebietsverantwortliche Chinesen und Deutsche mit chinesischen Wurzeln Rechtsberatung sowie Unterstützung bei Beglaubigungen und Anträgen an. Hintergrund dieser Hilfe, die vor allem über Chats ablief, soll aber die Gewinnung von Erkenntnissen und die Verbreitung ideologischer Leitlinien sein.“ In klaren Worten: Spionage und Propaganda sind die Zweck dieser illegalen Einrichtungen des chinesischen Regimes auf deutschem Boden.

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In der Antwort an Cotar heißt es, ähnlich wie in der Antwort auf unsere Presseanfrage, die Bundesregierung stehe „mit der chinesischen Botschaft hierzu im Austausch“. DPA berichtet von einer „Protestnote“. Von Razzien, Festnahmen oder dergleichen, ist keine Rede. Mit anderen Worten: Die Bundesregierung schimpft ein wenig, setzt aber nicht die sofortige Schließung dieser illegalen chinesischen Einrichtungen auf deutschem Boden durch. Cotar nennt diesen „Austausch“ einen „schlechten Witz“.

Tatsächlich. Eine Regierung, die die Verletzung ihrer Hoheitsrechte durch ein anderes Land feststellt, diese aber nicht umgehend mit äußerster Konsequenz beseitigt, dürfte von jenen, die diese Rechte verletzen, nicht besonders ernst genommen werden. Womit wir wieder bei der Niederschlagung des Reichsbürger-Staatsstreiches wären.

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