Tichys Einblick
Deutsche Interessenvergessenheit

Deutschland übernimmt 25.000 von 40.000 in die EU umzusiedelnden Afghanen

Die EU verkündet die Umsiedlung von 40.000 Afghanen. Deutschland übernimmt alleine 25.000. Und Deutschlands alten und neuen Regierenden war das kein Wort wert. Auch der deutschen Öffentlichkeit scheint diese völlige Interessenvergessenheit kaum berichtenswert zu sein.

Ylva Johansson, EU-Kommissarin für Inneres

imago images / Xinhua

Die Meldung hat es heute morgen kaum auf eine erste Zeitungsseite, ja überhaupt nur auf wenige deutschsprachige Nachrichten-Websites geschafft: „15 EU-Länder einigen sich auf Aufnahme von 40.000 Afghanen„, meldet der österreichische Standard. Man sollte eigentlich meinen, dass die Nachricht in Deutschland ein großes Thema würde. Denn von diesen 40.000 Afghanen sollen 25.000 nach Deutschland „umgesiedelt“ werden, wie EU-Innenkommissarin Ylva Johansson am Donnerstag bekannt gab. Nach Österreich – bislang eines der Lieblingszielländer auswandernder Afghanen – kommt kein einziger.

Wir erfahren im Standard: „Die Niederlande wollen demnach etwas mehr als 3.000 Afghanen aufnehmen, Spanien und Frankreich rund 2.500, andere Länder eine geringere Anzahl. Laut Johansson soll der Schritt zur kontrollierten Einwanderung beitragen und „irreguläre Einreisen“ verhindern. Unklar ist, wann die Menschen umgesiedelt werden sollen.“

Auf Tagesschau.de, wo die Nachricht immerhin gemeldet wird, erfährt man zwar einiges über die üble humanitäre Lage in Afghanistan, aber nichts über die Umstände, unter denen diese geradezu absurde Überbelastung Deutschlands zustande kam, oder darüber, wie die 40.000 Menschen auf die entsprechenden Listen kommen.

Am Tag dieser Bekanntmachung weilten die neue deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und die neue deutsche Innenministerin Nancy Faeser (SPD) übrigens in Brüssel. Faeser hatte an der Innenministerkonferenz teilgenommen, nach der Johannson die Umsiedlung der 40.000 Afghanen bekannt gab. Doch die 25.000 Afghanen, die künftig in Deutschland, also voraussichtlich auf absehbare Zeit von Transferleistungen des Steuerzahlers leben werden, waren Faeser und Baerbock kein Wort wert, zumindest keines, das in eine breitere Öffentlichkeit vordrang. Stattdessen twitterte Faeser als ersten Tweet im neuen Amt eine kaum versteckte Kritik an Polens konsequentem Grenzschutz.

Die EU-Partner, nicht zuletzt in Paris, das Baerbock gestern noch vor Brüssel besuchte, wissen also nun, wie es um die deutschen Interessen in Europa und der Welt unter der neuen Bundesregierung bestellt ist. Wo immer es eine Bürde im Namen der EU oder anderer moralisch aufgeladener Zwecke zu tragen gibt, will Ampel-Deutschland sie gerne schultern, auch wenn offensichtlich noch die Vorgängerregierung die Selbstverpflichtung eingegangen ist. So steht es schließlich auch im Koalitionsvertrag: ein „dienendes Deutschland“ für ein „souveräneres Europa“.

Mit so einem Partner verhandelt man gerne, einem Partner, der Bürden offenbar als Ehrensache versteht – oder vielleicht auch als willkommenen Aufgabenzuwachs für die eigene Partei-Klientel in Sozialstaat und NGOs.

Der französische Präsident Macron übrigens, dessen Außenminister Le Drian Baerbock traf, gab gleichzeitig in seiner Pressekonferenz zur zukünftigen EU-Ratspräsidentschaft bekannt, dass Frankreich für einen besseren Schutz der EU-Außengrenzen eintreten werde.

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