Tichys Einblick
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Baerbock blamiert Deutschland und beschert Putin einen Propagandasieg

Mit ihrem Satz vom „Krieg“, den „wir“ angeblich gegen Russland führen, gibt Außenministerin Baerbock dem Kreml die perfekte Gelegenheit, Deutschland und den Westen vorzuführen. Trotzdem wird sie in Politik und Medien wieder in Schutz genommen.

Außenministerin Annalena Baerbock vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarats in Straßburg, 24.01.2023

IMAGO / photothek

Außenminister sind bekanntlich die obersten Diplomaten ihres Landes. Und gemeinhin gilt „diplomatisch“ als Kennzeichnung einer Sprache, die ganz besonders abgewogen und vorsichtig ist. Das kann man nun von dem Satz, den Deutschlands grüne Außenministerin Annalena Baerbock am Dienstag bei der Parlamentarischen Versammlung des Europarats in Straßburg von sich gab, nicht behaupten: „We are fighting a war against Russia and not against each other“, sagte sie in erstaunlich korrektem, eindeutigem Englisch – zu Deutsch: „Wir führen einen Krieg gegen Russland und nicht gegeneinander.“

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Ein Video-Ausschnitt davon ging im Internet viral und sorgte für Verwunderung und Kritik. Erst recht natürlich in Moskau, wo man die Aussage als Beleg dafür auszubeuten sucht, dass all die Beteuerungen nicht nur von Kanzler Olaf Scholz, sondern unzähligen deutschen und westlichen Regierungspolitikern falsch seien, die immer wieder betonen, dass die Nato und Deutschland eben gerade nicht Krieg führen. Die russischen Staatsmedien stellten Baerbocks Aussage als Beleg dafür dar, dass Deutschland und die anderen EU-Länder direkte Konfliktpartei in der Ukraine seien und gegen Russland kämpften.

Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, forderte am Freitag eine Erklärung des deutschen Botschafters in Moskau zu „widersprüchlichen“ Aussagen aus Berlin. Das Putin-Regime nutzt nun also die willkommene Gelegenheit, die deutsche Außenministerin und damit die gesamte Bundesregierung vor der Weltöffentlichkeit mit ihrer unüberlegten Plapperei zu blamieren. „Verstehen sie selbst, wovon sie da reden?“, schrieb Sacharowa im Nachrichtenkanal Telegram.

Der beste Beleg für die intellektuelle Überforderung eines regierenden Politikers ist, dass seine Aussagen nachträglich von den eigenen Pressestellen-Mitarbeitern wieder eingefangen, also erklärt und somit relativiert werden müssen, um Blamagen oder Schlimmeres zumindest zu begrenzen. Genau das ist nun geschehen. Aus dem Auswärtigen Amt ging eine Erklärung an Bild und mit offenbar gleichem Wortlaut an den Spiegel: „Die Ukraine dabei zu unterstützen, ihr in der UN-Charta verbrieftes individuelles Selbstverteidigungsrecht gegen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands auszuüben, macht Deutschland nicht zu einer Konfliktpartei.“ Letztlich bestätigt also das Auswärtige Amt selbst, dass seine Ministerin vor den Augen und Ohren der Weltöffentlichkeit dummes Zeug geredet hat.

Wie schon im Falle ihrer vorherigen Blamagen, die schon lange vor ihrer Amtsübernahme Legion waren, nahmen deutsche Journalisten und Politiker allerdings auch in diesem brisanten Fall Baerbock in Schutz. Nicht nur von SPD-Außenpolitiker Michael Roth, sondern auch von Roderich Kiesewetter von der CDU kommen besänftigende Worte: „Außenministerin Baerbock hier eine böse Absicht zu unterstellen, halte ich für falsch“, sagte Kiesewetter dem RND. Dies zu tun, „nährt nur das russische Narrativ und die russische Desinformationskampagne“, fügte er hinzu.

Screenshot / zeit.de

Roth und Kiesewetter machen es dadurch der als besonders Grünen- und Baerbock-freundlich bekannten Zeit möglich zu titeln: „Außenministerin parteiübergreifend in Schutz genommen“. Baerbock wird ganz offensichtlich in Politik und Medien weiterhin eine Art Welpenschutz zugebilligt, der sie auch schon die Affären um falsche Angaben im Lebenslauf und ein zusammenkopiertes Buch unbeschadet überstehen ließ.

Besonders Baerbock-freundlich äußert sich ZDF-Korrespondent Florian Neuhann in Brüssel. Er relativiert Baerbocks Faux Pas, indem er erklärt, dass der Satz erst nach ihrer Rede gefallen sei (als ob das irgendeinen Unterschied machte), und glaubt außerdem darüber aufklären zu müssen, dass sie damit gar nicht den Krieg erklärt habe. Das ZDF hält seine Online-Leser offenbar für so unbedarft, „dass viele nun fragen: Hat die deutsche Außenministerin mal eben Russland den Krieg erklärt?“

Screenshot / ZDF.de

Die Stimme des ZDF aus Brüssel empört sich nicht über die Unbedachtheit und Peinlichkeit der Baerbockschen Äußerung, sondern über jene, die sie dafür kritisieren. Schließlich kommen diese „von rechts“, nämlich auch von der AfD. „Dass eine Kriegserklärung kaum mal ebenso in einem Nebensatz der Außenministerin fallen würde, wird dabei geflissentlich übersehen“, wirft Neuhaus jenen Kritikern Baerbocks vor. Statt Baerbock dafür zu kritisieren, dass ihr als oberster Diplomatin Deutschlands ein solch ungeheuerlicher, sie selbst und das eigene Land blamierender und schädigender „verrutschter Satz“ entfleucht, verniedlicht er diesen zu einem „Fehler, der aber vielleicht auch dann nicht passieren sollte, wenn man frei in einer fremden Sprache formuliert“.

Schlimm findet der ZDF-Korrespondent an Baerbocks Fehler nur, dass sie „allen Kritikern eine Steilvorlage geliefert“ habe, „insbesondere jenen, die sich wenig um Fakten scheren“. Zu den „Fakten“ in der Politik gehören allerdings nicht zuletzt auch die Worte, die verantwortliche Politiker von sich geben, das sollte erst recht eine Außenministerin wissen, aber auch ein Korrespondent des ZDF.

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