Überraschen konnte es nicht wirklich, dass diese Forderung kommt. Nach der Frauenquote für die Aufsichtsräte ist es nur konsequent, auch eine Frauenquote für Vorstände von Unternehmen einzuführen. Die frühere Gleichstellungsministerin Katharina Barley hatte das schon 2017 gefordert. Jetzt verkünden ihre Nachfolgerin Franziska Giffey und Justizministerin Christine Lambrecht, beide SPD, dass in ihren Ministerien an Gesetzesinitiativen gearbeitet wird. Zwar gab es anschließen gleich Kritik vom Koalitionspartner, aber diese kam nur aus der zweiten Reihe, vom CDU-Wirtschaftsrat. Der öffentliche Dialog über das Thema ist schon lange eher ein kollektiver Monolog, in dem die Sinnhaftigkeit der Quote nicht begründet, sondern vorausgesetzt wird.
Wer die jüngsten Ereignisse rund um die Grundrente und ganz generell die Regierungspraxis der Angela Merkel verfolgt hat, kann nicht ernsthaft daran zweifeln, dass die Vorstandsfrauenquote kommen wird. Steffen Seibert hat darauf schon in schönstem Regierungssprecher-Deutsch vorbereitet: „Die Unzufriedenheit über die äußerst geringe Zahl weiblicher Vorstandsmitglieder eint uns alle in der Bundesregierung.“ Am Ende – diese Prognose ist wenig gewagt – wird die CDU höchstens kosmetische Korrekturen an den Maximalforderungen der SPD-Ministerinnen durchsetzen.
Ein seltsamer Auswuchs linker Identitäts-Ideologie ist es, aufgrund des Geschlechts vermeintliche gemeinsame Interessen zu unterstellen. Doch was haben die im Vergleich zu Topmanagerinnen so viel zahlreicheren Kassiererinnen, Kindergärtnerinnen oder Sachbearbeiterinnen davon, dass ihre wenigen Geschlechtsgenossinnen im Topmanagement künftig gegenüber männlichen Topmanagern privilegiert werden? Sie haben davon ebenso wenig wie ihre männlichen Kollegen am Band, auf der Baustelle oder im Großraumbüro etwas davon haben, wenn ihre Chefs drei bis vier Hierarchieebenen und Gehaltskategorien über ihnen sich tatsächlich oder vermeintlich mit „Männerseilschaften“ und „gläsernen Decken“ gegen weibliche Konkurrentinnen abschirmen – so wie es von Quotenbefürwortern immer unterstellt wird.
So gering im konkreten Fall der Vorstandsquote die Zahl der profitierenden Frauen (und der dadurch diskriminierten Männer) ist, so grundlegend ist doch der Eingriff. Der Quotenstaat, auf den wir zusteuern, verletzt das Leistungsprinzip und die Vertragsfreiheit, die beide für die soziale Marktwirtschaft zentral sind. Bezahlen wird dafür die gesamte Gesellschaft, nicht nur durch die volkswirtschaftlichen Effizienzverluste, die jede Verletzung des Leistungsprinzips mit sich bringt. Sie bezahlt auch durch die Aufweichung eines kostbaren Verfassungsprinzips: Die Quote hebelt den Gleichheitsgrundsatz aus. Der fordert, dass am Beginn jedes Verfahrens gleiche Rechte stehen und der Ausgang offen ist.
Aber vielleicht ist genau das ja auch ein unausgesprochenes Motiv der Quotenpolitik. Wieviel angenehmer regiert es sich doch in einer Privilegien- statt einer Leistungsgesellschaft.