Überrascht hat es niemanden mehr. Aber immerhin hat Armin Laschet seinem Konkurrenten Friedrich Merz etwas die Show gestohlen, indem er wenige Stunden vor diesem seine Kandidatur für den CDU-Parteivorsitz bekannt gab. Und dann noch der PR-Clou mit Jens Spahn als irgendwie herausgehobener Vize – eine Position, die es in der CDU eigentlich gar nicht gibt, zumindest bisher.
Über die Chancen von Friedrich Merz habe ich mich hier schon ausführlich ausgelassen. Er wird es nicht werden. Merz war jahrelang der verschollene Traumprinz großer Teile der durch Merkel ihrer eigenen Spitze entfremdeten CDU-Basis. Aber wie das mit entschwundenen Traumprinzen so ist: Wenn sie tatsächlich zurückkommen, können sie fast nur noch enttäuschen, vor allem wenn sie so wenig heldenhaft daherkommen wie der Sauerländer. Und Merz hat auch in seiner heutigen Pressekonferenz kaum einen Grund dafür gegeben zu glauben, dass er irgendetwas in der CDU wachküssen will. Er sagte zwar: „Wir haben seit heute die Alternative zwischen Kontinuität und Aufbruch und Erneuerung. Ich stehe für Erneuerung.“ Aber er sagte auch, mit ihm gebe es „keinen Bruch“.
Während Merz der Kandidat ist, der sich nicht traut, einen Bruch mit Merkel anzukündigen, den doch seine eifrigsten Fans herbeisehnen, ist Laschet die personifizierte Konfliktvermeidung. Der Mann ohne Ecken und Kanten, an dem man sich kaum stoßen kann. Und vermutlich ist das aus der CDU-Binnenperspektive, zumindest derjenigen der Berufspolitiker (und der, die es werden wollen), auch die attraktivere Aussicht. „Ich erkenne nicht den Sinn darin, sich von den 15 erfolgreichen Jahren abzugrenzen“, das ist Laschet zentraler Satz. Und wenn er ihn sagt, ist er vermutlich aufrichtiger, als wenn Merz so was ähnliches zwei Stunden später auch sagt. Wenn schon kein Bruch mit dem Merkelismus, dann schon konsequent: Merkel habe, so Laschet, 2005 mit fünf Millionen Arbeitslosen übernommen, danach die Weltfinanzkrise, die europäische Schuldenkrise und dann die Flüchtlingskrise bewältigt.
Während Merz angeblich vor allem AfD-Wähler zurückholen will, diese aber kürzlich als „Gesindel“ bezeichnete (was er dann sogleich wieder zurücknahm), betont Laschet die Wählerverluste an die Grünen. Und kaum jemand beherrscht das Metier der Politikerphrasen so sicher wie Laschet: „Jetzt stehen wir vor einer neuen Zeit.“ Er sagt auch: „Unser Land braucht mehr Zusammenhalt.“ Es brauche wieder eine Idee, wohin man das Land entwickeln wolle. Nur kommt dann eben keine Idee. Aber sowas merkt vermutlich unter den Kadern der merkelisierten Kanzlerinnenpartei auch kaum mehr jemand. Und auf die kommt es im Kampf um die CDU-Spitze nun wohl in erster Linie an, da es keine Mitgliederbefragung, sondern nur eine Abstimmung auf dem Parteitag geben wird.
Laschet hat sowohl Merz als auch Röttgen vor allem eines voraus: Er ist Ministerpräsident des größten Bundeslandes. Und er macht dort vor allem auf zwei Feldern durchaus eine Politik, die CDU-Anhänger bei der Stange hält und der traditionellen Basis gefällt: nämlich eine mittelstandsfreundliche Wirtschaftspolitik einerseits und andererseits mit seinem Innenminister Herbert Reul eine öffentlichkeitswirksame Kriminalitätsbekämpfung. Merz dagegen hatte nie ein Regierungsamt und Röttgen ist als Wahlkämpfer ausgerechnet in NRW grandios gescheitert, wofür er dann auch noch mit dem Verlust seines Ministerpostens in Berlin bestraft wurde.
Als beweglicher Machtpragmatiker par excellence dürfte Laschet in der Lage sein, zu erkennen, dass eine fortgesetzte Anbiederung an Grünrotrot die Existenz der CDU zerstört. Und andere, vor allem jüngere CDU-Politiker, die an die Jahre nach Merkel denken müssen, werden vermutlich bald auch auf den Trichter kommen. Laschet ist auch zuzutrauen, dementsprechend zu handeln, wenn schon nicht aus programmatischer Überzeugung, so doch aus dem Willen, die CDU nicht völlig implodieren zu lassen. Laschet könnte derjenige werden, der den Bruch mit seiner bisherigen Herrin und Meisterin, der nach wie vor de-facto-Parteivorsitzenden im Kanzleramt, die für das ganze Elend ihrer Partei die Hauptverantwortung trägt, stets abgelehnt und schließlich doch vollzogen hat.
Wenn der künftige Parteivorsitzende die bedingungslose Unterwerfung unter die „Faschismus“-Knute von Grünrotrot fortsetzt, dürfte von der CDU ohnehin nicht viel übrig bleiben. Dann wird es letztlich auch ziemlich egal gewesen sein, wie die Delegierten am 25. April entscheiden.