Die Pressemeldungen über die Situation in dem pfälzischen Örtchen Ramstein, beziehungsweise dem dortigen Luftwaffenstützpunkt der USA, wären in einem Land, dessen Regierungspolitik sich um die innere Sicherheit schert, ein großes Aufregerthema. Doch Ramstein liegt ja in Deutschland.
Außenminister Heiko Maas hatte es mit den USA selbst ausgemacht: Ramstein wird zum „Drehkreuz“ der Afghanistan-Evakuierung. Die US-Regierung wusste wahrscheinlich schon, warum ausgerechnet Ramstein und nicht etwa einer ihrer Stützpunkte im Mittleren Osten oder in Südkorea oder Japan. Denn diese Verbündeten hätten vermutlich auf ihrem Staatsgebiet nicht zugelassen, was Deutschland ermöglicht. Natürlich geht es für die Amerikaner nicht nur ums Drehen, sondern vor allem ums Filtern. Was in Kabul auf die Schnelle nicht möglich ist, passiert nun offensichtlich eben in Ramstein: Die ausgeflogenen Afghanen werden in Ramstein überprüft, nur die unbescholtenen oder jedenfalls erwünschten werden in die USA geflogen. Nach Presseberichten sind das bislang rund 20.000 von 34.000.
Ein Außenminister eines potentiellen Einwanderungslandes, der das Sicherheitsinteresse des eigenen Landes als oberste Priorität betrachtet, hätte mit allen Mitteln verhindert, dass im eigenen Land ein solches Drehkreuz aufgemacht wird. Aber für Deutschlands Regierung und besonders seinen Außenminister hat das eben keine Priorität. Im Gegensatz dazu ist in Washington – egal ob Republikaner oder Demokraten regieren – genau zwanzig Jahre nach „9/11“ der politische Wille groß, Gefährder nicht einreisen zu lassen.
Die Vereinbarung mit den USA, von der das Auswärtige Amt gegenüber Bild spricht, „dass alle Personen, die von den Vereinigten Staaten zur Weiterreise in die USA über Ramstein dort ankommen, Deutschland auch wieder verlassen sollen“, steht auf irgendeinem geduldigen Papier. Wohlweislich sagte der AA-Sprecher „sollen“ und nicht „müssen“. Die Amerikaner verweisen nach Aussage des US-Außenministeriums jeden Afghanen in Ramstein, der einen Asylantrag in Deutschland stellen will, an die deutschen Behörden. Und sprechen – reichlich scheinheilig – von der Ansiedlung in Albanien oder Uganda. So blöd wird kaum ein Afghane in Ramstein sein, sich darauf einzulassen.
Aus dem Munde des Parlamentarischen Staatssekretärs im Innenministerium Stephan Mayer (CSU) klingt dieser Unwille so: „Selbstverständlich muss jeder Asylantrag individuell und gründlich geprüft werden. Allerdings gilt es zu berücksichtigen, dass sich die afghanischen Staatsangehörigen in der Obhut der US-Behörden befinden, die sie nicht verfolgen, sondern die sie gerettet haben.“ Aber wieso muss dann jeder Antrag überhaupt geprüft werden?
Aus diesen absurden Sätzen des Staatssekretärs wird die ganze Verzerrung der deutschen Asylwirklichkeit deutlich. Jeder weiß, dass Menschen in der Obhut der US-Behörden keinen Asylgrund haben können – aber sie werden dennoch so behandelt und können in Deutschland bleiben. Merkel selbst hat die einwanderungspolitische Grundhaltung 2015 weniger verdrechselt als der Staatssekretär und für alle Welt inklusive Amerikaner und Afghanen klar vernehmbar formuliert: „Nun sind sie halt da.“