Tichys Einblick
Heizen mit der Ampel

CO2-Vermeidung um jeden Preis – mit der Gewalt von Gesetzen

Mit der Reform des Gebäudeenergiegesetzes schlägt die Energiewende-Betroffenheit direkt auf die Privatsphäre der Bürger durch. Kosten für andere spielen im grünen Ampeldenken keine Rolle, auch wenn man nun angesichts des öffentlichen Echos „helfen“ will. Helfen soll Steuergeld, also auch das Geld anderer.

IMAGO / Jacob Schröter

Der Sektor Wärme stand bisher im Schatten von Windmühlen und Solarpaneelen. Ihn zu „dekarbonisieren“ ist ungleich schwerer als beim Strom, die Verbraucher sind vielfältiger und kaum abschaltbar. Nun sollen die einzigen zwei Instrumente grüner Politik auch hier wirken: Verbieten und Subventionieren.

Mit der Reform des Gebäudeenergiegesetzes schlägt die Energiewende-Betroffenheit direkt auf die Privatsphäre der Bürger durch. Die Methode, CO2 um jeden Preis zu sparen, droht konkret erfahrbar zu werden. Kosten für andere spielen im grünen Ampeldenken keine Rolle, auch wenn man nun angesichts des öffentlichen Echos helfen will. Helfen soll Steuergeld, also auch das Geld anderer.

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Bisher wurden mehr als 600 Milliarden Euro für die Energiewende verbraten, stammend aus Steuern oder Umlagen, ohne dass ein merkbarer Effekt beim „Klima“ eingetreten ist. Ein Monitoring des Erfolgs der Energiewende bezüglich einer vermiedenen oder verminderten globalen Erwärmung findet nicht statt. Die aus dem Pariser Klimavertrag stammenden CO2-Budgets würden es sehr wohl möglich machen, vermiedene Emissionen in vermiedene globale Erwärmung wenigstens theoretisch umzurechnen. Diese Zahl wäre allerdings, bezogen auf den deutschen Beitrag, sehr klein und könnte die Bevölkerung verunsichern. Deshalb veröffentlichen die Energiewende-Protagonisten diese Zahl nicht.

Begründet wird die Gesetzesänderung betreffs der Gebäude mit der Pflicht, Emissionen weiter zu senken, und obendrein seien auf Dauer elektrisch betriebene Wärmepumpen im Vergleich zu Gasheizungen wirtschaftlicher. Wenn das stimmt, bleibt die Frage offen, ob die Amortisationszeit einer solchen Investition kürzer ist als die Restlaufzeit der zwangsweise zahlenden Eigentümer oder Mieter.

Sieht man sich überschlägig ein paar Zahlen an, stimmt der „Klimavorteil“ nur sehr relativ, der wirtschaftliche Vorteil überhaupt nicht.

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Der Betrieb einer elektrischen Wärmepumpe soll per se emissionsärmer sein als der einer hochmodernen und bis August 2022 noch staatlich geförderten Gasbrennwertheizung. Stimmt das?
Setzt man für ein mittleres Einfamilienhaus einen Verbrauch von 15.000 Kilowattstunden (kWh) Erdgaswärme pro Jahr an, so ergibt das etwa 3 Tonnen an CO2-Emissionen. Dabei wären aber nur die reinen Emissionen der Verbrennung betrachtet, nicht die der Vorkette aus Förderung, Reinigung, Transport und Schlupf mit der entsprechenden Freisetzung von Methan, dem eine hohe Treibhausgaswirkung zugeschrieben wird.

Der Urgrüne Hans-Josef Fell, Erneuerbaren-Lobbyist und einer der Autoren des ersten Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG) aus dem Jahr 2000, äußerte sich aus nachvollziehbaren Gründen zum nicht vorhandenen Beitrag von Erdgas zum „Klimaschutz“. Die sogenannte „Klimawirksamkeit“ der Erdgasnutzung erreiche in der Gesamtbetrachtung das Niveau unserer heimischen Braunkohle. Man kann die Zahlen quantitativ diskutieren, der Sachverhalt an sich ist richtig. Die überschlägig ermittelten drei Tonnen CO2 sind also nur ein Teil der Wahrheit.

Der Gesetzentwurf wurde nun geöffnet für die Verbrennung von Wasserstoff oder Biogas. Wir erinnern uns allerdings, dass Staatssekretär Graichen die Kommunen bereits aufforderte, den Rückbau der Gasnetze zu planen, weil künftig ohnehin alles elektrisiert werde (kurze Zeit später empfahl er den Unternehmen, sich Notstromaggregate anzuschaffen). Minister Habeck erklärte inzwischen den Wasserstoff als zu teuer zum Heizen und als noch nicht vorhanden. Offenbar bemerkte er nicht, dass er damit die Wasserstoffstrategie der Regierung generell in Frage stellt, denn Wasserstoff soll doch der Energieträger der Zukunft für mehrere Anwendungsgebiete sein.
Verglichen mit den Emissionen einer Gasheizung muss doch die Wärmepumpe um Längen besser sein?

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Eine Luft-Wasser-Wärmepumpe in einem vergleichbaren Einfamilienhaus verbraucht im Jahr etwa 6.000 kWh Strom. Legt man die spezifischen CO2-Emissionen unseres Strommixes der vergangenen 12 Monate zu Grunde (417 Gramm pro kWh, Quelle: electricitymaps), so würden dafür etwa 2,5 Tonnen CO2 emittiert. 500 Kilogramm weniger, also ein klarer Sieg? Nein, denn am 15. April gehen die drei verbliebenen Kernkraftwerke (KKW) vom Netz. Der entfallende emissionsarme Strom wird durch fossilen Strom oder Importe ersetzt werden. Die gepriesenen „Erneuerbaren“ können ihre Leistung nicht hochregeln, denn über den Einspeisevorrang im EEG speisen sie ohnehin so viel Strom ein, wie ihnen die Natur gerade bietet.

Im Jahr 2022 produzierten die drei deutschen KKW noch 34,7 Terawattstunden (TWh) Strom. Die fast 29.000 Windkraftanlagen (WKA) brachten es auf etwa 125 TWh. Das heißt, die nächsten noch zu bauenden zirka 4.000 WKA (Annahme: 5-MW-Klasse, 1.800 Volllaststunden) werden gebraucht, den entfallenen Atomstrom zu ersetzen, und das nur im Jahresdurchschnitt und ohne Betrachtung einer bedarfsgerechten Produktion. Emissionsarmer Strom wird dann durch anderen emissionsarmen Strom ersetzt, keine einzige Kilowattstunde Kohlestrom kann durch diese neuen Windmühlen ersetzt werden, es bleibt auch nichts übrig für eine Elektrolyse zur Produktion grünen Wasserstoffs.

Für die nächsten Jahre dürfte der CO2-Fußabdruck unseres Stroms deutlich größer werden, es sei denn, wir könnten große Strommengen importieren, denn die Emissionen ausländischer Kohle- und Gaskraftwerke interessieren uns im deutschen Vorgarten nicht.

Die Gasheizung emittiert also (relativ) viel Treibhausgas, unser Strommix weniger, aber mit steigender Tendenz. Der unbestritten notwendige Ersatz von Kohle durch Gas in der Stromerzeugung dürfte ziemlich weit in der Zukunft liegen. Konsens ist, dass wir neue Gaskraftwerke brauchen, es tut sich aber in dieser Hinsicht nichts. Ob wir für 30 bis 40 neue Kraftwerke auch genug Gas haben würden, darf ohnehin bezweifelt werden.

Einige praktische Probleme werden zudem im zuständigen Ministerium standhaft verdrängt. Fachleute aus der Branche weisen darauf hin, dass das Verteilnetz, also die Niederspannungsebene in den Wohngebieten, einen starken Ausbau der Wärmepumpen (parallel zu den Ladestationen für die E-Mobilität) nicht verkraften würde. Der Vorschlag, dass der Ausbau dieser meist erdverkabelten Umfänge halt schnell gehen müsse, ist ein frommer Wunsch. Was geht in Deutschland schnell?

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Als wesentlicher Vorteil des Umstiegs auf Wärmepumpen werden die niedrigeren Betriebskosten angeführt, weil die Öl- und Gaspreise künftig stark steigen würden. Natürlich werden diese weiter steigen, aber eine Prognose zu den künftigen Strompreisen in unserer sich anbahnenden Mangelwirtschaft ist schlicht unmöglich und die Steigerungsrate könnte den Anstieg der Öl- und Gaspreise deutlich übertreffen. Derzeit berechnet beispielsweise der Regionalversorger enviaM die Kilowattstunde Wärmepumpenstrom mit 33,17 Cent plus 78 Euro jährlicher Grundgebühr. Das ergibt bei den oben angeführten 6.000 kWh Strom 2.068 Euro im Jahr.

Eine Gasheizung mit 15.000 kWh pro Jahr und 10 Cent pro kWh (Neukundenpreis laut ZEIT-Energiemonitor, 2.4.23) ergibt 1.500 Euro im Jahr. Aber auch dieser Vergleich hinkt, weil hier Kosten für den Schornsteinfeger noch hinzukommen. Bereits heute ist also eine (Luft-Wasser-) Wärmepumpe unwirtschaftlicher als eine Gasheizung. Sie bietet aber dem Versorger eher die Möglichkeit, bei Mangellagen einzugreifen und abzuschalten, was im Fall der Gasheizung nicht ohne Weiteres möglich ist.

Der Wärmepumpenbetrieb ist also in Summe nicht vorteilhafter, nicht wirtschaftlicher und aus Sicht der Emissionen derzeit nur marginal – wenn überhaupt – günstiger als eine Gasheizung. Lohnt sich also der Gewaltritt eines staatlich durchgesetzten Heizungswechsels? Bei nüchterner Betrachtung nicht, vor allem hinsichtlich der sogenannten CO2-Vermeidungskosten. Eine marginale jährliche Emissionsvermeidung pro umgebauter Heizung bei Investitionen von einigen Zigtausend Euro lässt jede Rechnung zum Thema „Klimaökonomie“ schlecht aussehen. Der Gedanke, wir seien ein reiches Land mit lauter reichen Menschen, die alle etwas vom Wohlstand würden abgeben können, ist abwegig, aber in der Ampelregierung offenbar manifest. Überbezahlte Politiker schließen vom eigenen Wohlstand auf den Wohlstand anderer. „Klimaschutz“ um jeden Preis soll für alle verordnet werden.

Gewürfelte Zahlen

Sendung am 30. März 2023
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Die Besonderheit der Ampelpolitik und insbesondere des Habeck-Ministeriums besteht im Umsetzen von Ideologie und der Ignoranz von Zahlen. Mit denen tun sich Grüne generell schwer, sei es die 360-Grad-Kehrtwende (Baerbock), die um 100 Prozent günstigeren Solarpaneele (Göring-Eckardt) oder die 110 Prozent Sicherheit, mit denen die Ampelregierung bis zum Ende der Legislaturperiode durchhalten werde (Habeck).

Gewürzt ist dafür der Gesetzentwurf mit willkürlich gegriffenen Zahlen. 65 Prozent „Erneuerbare“ sollen genutzt werden – warum nicht 60 oder 70? Ein sachlicher Grund ist nicht erkennbar. Die Ü80-Generation soll vom Zwang verschont bleiben – warum nicht 78 oder 82? Es soll den Widerstand gegen den Gesetzesentwurf mindern, aber diese Absonderung der Alten vom Rest der Bevölkerung ist eine Stigmatisierung und Ausdruck des latenten Altersrassismus der nachwachsenden Politikergeneration.

Die Alten sind aus deren Sicht nicht würdige lebenserfahrene Menschen, sondern vor allem Schuldige – an Emissionen, Ressourcenverbrauch, Umweltverschmutzung, und strukturelle Rassisten qua Hautfarbe mit Nazihintergrund sind sie sowieso. Sie sind richtigerweise schuld an den Verirrungen großer Teile der nachfolgenden Generationen, weil sie einen Verfall und einen politischen Drall des Bildungssystems zugelassen haben.

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Praktiziert wird gegenwärtig eine im Wesen ideologische Antiatompolitik, die nur scheinbar klimafreundlich, in jedem Fall aber menschenfeindlich und unsozial ist. Die Profite der „Erneuerbaren“-Betreiber werden gesichert und privatisiert, die aus ihrem Betrieb erwachsenden, stark steigenden Systemkosten werden sozialisiert.

Kann man betroffenen Bürgern etwas empfehlen? Vielleicht hilft Gelassenheit und die Methode, die seit Jahrzehnten von Politikern angewandt wird – Probleme einfach aussitzen. Die situativen Handlungen der Regierung können schon in wenigen Monaten zu weiteren Gesetzesänderungen führen und nach den Wahlen 2025 wird es neue Wendungen geben. Zur Erinnerung: Die geplante und heiß diskutierte Gasumlage kippte innerhalb von zwei Tagen um zur Gaspreisbremse (also um 180 Grad, nicht 360).

Hier zeigt sich, warum die Energiewende deutscher Prägung scheitern wird: Es gibt keinen Masterplan, keine ganzheitliche Strategie, sondern lediglich die Fixierung auf Lieblingstechnologien und ihren maximierten Ausbau. Insofern trifft der Begriff einer grünen Planwirtschaft nicht.

Die staatliche Plankommission der verblichenen DDR schaffte es immerhin über mehrere Jahrzehnte, den Mangel zu managen. Das war auch der Tatsache geschuldet, dass Fachleute gehört und ihre Vorschläge, soweit materiell und politisch möglich, umgesetzt wurden. Die heute angestrebte ökosoziale Planwirtschaft mit dem Ziel der Großen Transformation wird an den Realitäten scheitern, weil ehemalige Fachleute in den Ministerien durch Lobbyisten und Paladine der grünen Bewegung ersetzt wurden. Die versuchen nun, bestimmte Interessen und grüne Ideologie umzusetzen.

Hilfreich für die betroffene Bevölkerung kann auch sein, den örtlichen Bundestagsabgeordneten mit Penetranz auf die Füße zu treten, wovon sie dann in den Fraktionen berichten können. Da ein weiteres Mandat nach den nächsten Wahlen das höchste Ziel der Abgeordneten ist, sind sie im nächsten Wahlkampf zudem angreifbar.

Wie wird es weitergehen? Sokrates wird der Spruch zugeschrieben: „Der Kluge lernt aus allem und von jedem, der Normale aus seinen Erfahrungen und der Dumme weiß alles besser.“ Wir haben eine Regierung, die alles besser zu wissen meint und wir Normalen werden durch ein tiefes Tal der Erfahrung gehen müssen. Wir schaffen das.

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