Tichys Einblick
"Größter Wasserstoffdeal aller Zeiten"

Robert Habecks neue Strom-Pläne – weitere Milliardenkosten für Steuerzahler

Wirtschaftstätigkeit und Bedürfnisse des Einzelnen haben sich dem Primat der 100-prozentigen Versorgung mit erneuerbaren Energien unterzuordnen. Freiheit und Wohlstand zählen dabei nicht. Warum dieser Umbau scheitern wird, zeigt der erste Versuch von Habeck, Wasserstoff für Deutschland zu akquirieren.

picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka

Nach Robert Habecks Vorstellungen hat der deutsche Strommarkt vier wichtige Säulen:

Was im Papier „Strommarktdesign der Zukunft“ technisch daherkommt, ist nichts anderes als „der vollständige Umbau der Energieversorgung“ und „betrifft letzlich nahezu die gesamte Gesellschaft und Volkswirtschaft“ (Zitat Seite 11 des Papiers).

Die Grünen wollen die Art und Weise, wie wir leben, produzieren und arbeiten, vollständig umkrempeln. Wirtschaftliche Tätigkeit, aber auch die Bedürfnisse des Einzelnen haben sich dem Primat der 100-prozentigen Versorgung mit erneuerbaren Energien unterzuordnen. Freiheit und Wohlstand zählen dabei nicht mehr. Warum dieser Umbau scheitern wird, zeigt schon der erste Versuch von Robert Habeck, Wasserstoff für Deutschland zu akquirieren.

Der angeblich größte Wasserstoff-Deal aller Zeiten

Selbst die sonst energiepolitisch kritische „Welt“ feierte Robert Habecks überraschenden Wasserstoff-Coup: „Die Bundesregierung ist bei ihrem Ziel eines klimaneutralen Landes wieder ein kleines Stück weitergekommen“ (Welt vom 17. Juli 2024).

Die Bundesagentur H2Global hat ihre erste Ausschreibungsrunde für grüne Wasserstoffderivate abgeschlossen. Sie importiert nun ab 2027 rund 259.000 Tonnen grünes Ammoniak aus Ägypten. Der Lieferant Fertiglobe, ein Unternehmen mit Hauptsitz in den Arabischen Emiraten, sagte einen Produktionspreis von 811 Euro pro Tonne Ammoniak zu.

Robert Habecks „Coup“ bedeutet, Ammoniak für 210 Millionen Euro einzukaufen, dessen Wasserstoffgehalt bei direktem Einsatz als Erdgasersatz neunmal so teuer wie Erdgas ist. Wenn man 210 Millionen Euro für einen Energieträger mit einem Marktwert von 23 Millionen Euro ausgibt, wird kein Industriebetrieb noch ein Kraftwerk mehr als diesen Marktwert bezahlen. Also müssen 187 Millionen Euro durch Robert Habeck subventioniert werden. Wenn dieser dann auch noch von der Presse überschwänglich gelobt wird, dann kann es ja so weitergehen mit der Veruntreuung von Steuergeldern.

Beim nächsten angekündigten Wasserstoffeinkauf in Höhe von 3,5 Milliarden Euro reden wir dann über eine notwendige Subvention von rund 3,1 Milliarden Euro. Wie sagte Robert Habeck noch bei Maischberger: „Am Ende ist es nur Geld“. Ja – unser Steuergeld.

Warum ist diese hohe Subvention erforderlich? Eingekauft wird das Ammoniak für 811 €/t. Das sind umgerechnet 16 €ct/kwh Energieinhalt. Das Wirtschaftsministerium unterschlägt dabei die Kosten für den Transport, die Aufspaltung in Wasserstoff (Cracken), die Kosten des Crackens sowie die Verluste bei der Stromerzeugung. Und diese Kosten sind gewaltig: 189 €/t für den Transport des Ammoniaks, 1,23 €ct/kwh für die Kosten des Crackens und 25 Prozent Verluste bei der Wiederaufspaltung des Ammoniaks verteuern den Wasserstoff auf 27 €ct/kwh. Wie unten gezeigt, ist der auf diesem Weg erzeugte Strom mit 49 €ct/kwh fünfmal teurer als der heutige deutsche Börsenstrompreis von 9 €ct/kwh.

Zum Vergleich: Der US-Strompreis liegt bei 3,5 €ct/kwh. Damit wären die Stromerzeugungkosten des Wasserstoffstroms in Deutschland mehr als 14-mal so hoch wie der US-Strompreis.

Zwar sind die wasserstofffähigen Kraftwerke eine zentrale Säule des Stromkonzeptes von Robert Habeck, aber in der Realität sind sie weit davon entfernt, gebaut werden zu können. Bislang gibt es nur einige wenige Pilotanlagen wie die RWE -Kawasaki Wasserstoffturbine mit 1,8 MW in Lingen.

Wasserstoffkraftwerke als Ersatz für den wegfallenden Backup von Kohle-, Kern- oder Gaskraftwerken befinden sich noch in der Entwicklung. Damit das Problem eines nicht vorhandenen 100-prozentigen Ersatzsystems nicht zu offensichtlich wird, schrieb dpa – und alle Qualitätsmedien schrieben es ab –, dass diese wasserstofffähigen Gaskraftwerke im Jahr nur wenige Stunden Strom liefern.

An 132 Tagen (also 4 Monate) produzieren Windkraftwerke in Deutschland weniger als 5 Prozent ihrer Leistung. In den Wintermonaten November bis Januar fällt die monatliche Produktion einer Solaranlage auf 2 Prozent ihrer Jahresleistung zurück. An 4380 von 8760 Stunden eines Jahres scheint in Berlin keine Sonne, weil es Nacht ist. Wie kann man die Wirklichkeit so verzerren?

Fünfmal so viel Wind- und Solarstrom

Die zentrale Säule des Habeckschen Energiekonzeptes ist es, Wind- und Sonnenenergie so auszubauen, dass 2045 fünfmal so viel Wind- und Solarstrom produziert wird wie heute, um auch die zukünftigen Bedarfe für E-Autos und Wärmepumpen abzudecken. Dass der weitere Zubau von Solar-und Windenergie immer höhere Subventionen erfordert, kann der Bericht nicht in Abrede stellen. Dort heißt es, dass „Wind – und PV-Strom oft gleichzeitig mit hohen Volumina im Markt sind, so dass die Strompreise günstig sind, gleichzeitig aber die Erneuerbaren keine Marktwerterlöse haben“ (Seite 5). Deswegen müssen sie auch an solchen Tagen aus dem Haushalt mit 20 Milliarden pro Jahr in 2024 subventioniert werden. Dafür sorgt die gleitende Marktprämie, eine wunderbare Wortschöpfung für eine Milliardensubvention. Die gleitende Marktprämie bedeutet: Sinkt der Börsenpreis unter diesen Wert, zahlt der Bundeshaushalt die Differenz, liegt der Börsenpreis über dem Basiswert der EEG-Vergütung (Wind 7,35 €ct/kwh) kassiert der Betreiber den Zusatzprofit.

Diesen Zusatzerlös will die EU ab 2026 abschaffen. Die Wind- und Solar-Lobby ist schon ganz nervös. Aber sie kann sich auf Habeck und Ursula von der Leyen verlassen. Im Konzeptpapier des Wirtschaftsministers heißt es: „Perspektivisch werden Erneuerbare Energien keine Förderung erhalten, sobald der Strommarkt ausreichend flexibel und ausreichend Speicher zur Verfügung stehen“ (Seite 6). Also niemals.

Die deutsche Industriegesellschaft soll sich an die Schwankungen von Wind- und Sonnenenergie anpassen

Und damit kommen wir zur beunruhigendsten Botschaft der dunklen Robert-Habeck-Vision: „Das Stromsystem geht von inflexibler Nachfrage und ihr nachfolgender Erzeugung über in ein System flexibler Nachfrage, die variabler Erzeugung folgt ( Zitat Seite 13). Den Satz soll wohl niemand verstehen. Er bedeutet: Bislang wurde jeder Strombedarf durch das Herauf- und Herunterfahren von Kraftwerken gedeckt. Wenn aber nur noch schwankende erneuerbare Energien vorhanden sind, muss sich der Strombedarf der Kunden flexibel an die Erzeugung von Wind- und Sonnenstrom anpassen. Als Instrument der Umgestaltung sehen Robert Habeck und sein grüner Parteikollege Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, die Netznutzungsgebühr.  „Unflexibles Abnahmeverhalten ist gesamtökonomisch zunehmend nachteilhaft und kann die Integration der Erneuerbaren Energien in den Strommarkt hemmen“, so die Bundesnetzagentur bei der Vorstellung ihrer „Eckpunkte zur Fortentwicklung der Industrienetzentgelte im Elektrizitätsbereich“.

Angebotsorientierte Energiepolitik
Das ABC von Energiewende und Grünsprech 112 – Atypische Netznutzung
Stromintensive, konstante Netznutzung durch die Industrie war bislang ein Vorteil für die Netzbetreiber, da sie mit einer gleichmäßig hohen und vorhersehbaren Netzbelastung verbunden war. 400 Industriebetriebe lasteten das Netz mehr als 7.000 Stunden von 8.760 Stunden im Jahr konstant aus. Sie bekamen daher bislang einen Netzrabatt von 80 Prozent. Denn so konnte eine günstige Abnahme für die Grundlastkraftwerke (Kernenergie, Kohle) gewährleistet werden. Die Bundesnetzagentur schreibt dazu: „Der Anteil der Erzeugung an klassischen Grundlastkraftwerken nimmt durch den Ausstieg aus der Kernenergie und aus der Kohleverstromung stetig ab … durch den Zubau dezentraler Einspeisung aus Anlagen zur Erzeugung von EE-Strom wird die Einspeisung volatiler, was auch das Erfordernis flexibler Lasten wachsen lässt“ (Seite 6 der Eckpunkte).

Belohnt werden sollen demnach zukünftig diejenigen Kunden, die dann ihre Güter produzieren, wenn die Sonne scheint und der Wind weht. Dass dies für die energieintensiven Betriebe der Aluminium-, Kupfer-, Stahlindustrie, der Chemieindustrie, der Papier- und Glasindustrie, aber auch der Verarbeitenden Industrie, also aller Betriebe, die 24 Stunden, 7 Tage in Mehrschichten produzieren, nicht möglich ist, ist deren Pech. Wären sie „systemdienlich„, so die grüne Bundesnetzagentur, so müsste man die Solar- und Windkraftanlagen bei Überschussproduktion nicht abregeln (Seite 6 der Eckpunkte).

Auf den Punkt gebracht, heißt dies: Rot-grüne und früher auch schwarze Politik hat sich zum Ziel gesetzt, regelbare Stromversorgung (Kernenergie und Kohle) als Rückgrat der Industrie zu ersetzen durch schwankende erneuerbare Energien. Die Folge ist, dass die Industriebetriebe jetzt gezwungen werden sollen, ihre Produktion dem schwankenden Stromangebot anzupassen oder höhere Netzkosten zu bezahlen. Frage an unsere Industriegewerkschaften: Wie geht man in dieser grünen Wirtschaft mit Arbeitnehmern um, die in Dunkelflauten wegen zu teuren Stroms nicht arbeiten können?

Was hier aufgeführt wird, geht an die Grundfesten der industriellen Produktion, die es in Deutschland wegen zu hoher Strompreise aufgrund der Energiewende ohnehin schwer genug hat. Für die 400 energieintensiven Betriebe kann die Veränderung der Netzentgeltverordnung eine zusätzliche Belastung von 3,5 €ct/kwh an Netzkosten ausmachen (80 Prozent von 4 €ct/kwh heutiger Netzkosten). Da die Netzkosten ohnehin wegen des teuren Netzausbaus auf bis zu 10 €ct/kwh ansteigen werden, führt das für die energieintensiven Betriebe zu Netzkosten von 8 €ct/kwh zuzüglich 9 €ct/kwh für den heutigen Börsenstrompreis. Ein Strompreis von 17 €ct/kwh ist das Ende dieser Arbeitsplätze in Deutschland. Und dabei sind die zusätzlichen Kosten für den Wasserstoffstrom nicht eingerechnet (siehe Grafiken oben).

Klaus Müller weiß das. Robert Habeck weiß es auch. Olaf Scholz, der der Industrie einen Industriestrompreis von 4 €ct/kwh im Wahlkampf versprochen hatte, lässt sich vorführen.
Das Schreckensprogramm soll am 1. Januar 2026 in Kraft treten. Am 28. Sept. 2025 wird ein neuer Bundestag gewählt.


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