Tichys Einblick
Widerspruch zu Janine Wisslers Forderung

Hausaufgaben sind sinnvoll – Deren Abschaffung macht schwache Schüler noch schwächer

Die Linken-Vorsitzende will Hausaufgaben abschaffen, da sie die Schülerschaft nach sozialer Herkunft spalteten. Sie irrt: Gerade für schwächere Schüler sind Hausaufgaben unerlässlich, nämlich als Chance zum nachträglichen Verstehen und Einüben. Für Lehrer sind sie eine Rückmeldung zum Lernstand der Klasse.

IMAGO / Westend61

Der Partei DIE LINKE steht das Wasser offenbar bis zum Hals. Anders ist es kaum zu erklären, dass die Vorsitzende der Partei, Janine Wissler, einen Ladenhüter aus dem Hut zaubert, indem sie in einem Gastbeitrag für den „Tagesspiegel“ Hausaufgaben für alle Schüler abgeschafft haben will. Wisslers Begründung: Hausaufgaben seien Stress und das Gegenteil von „quality time“, sie belasteten das Familienklima und spalteten die Schülerschaft nach sozialer Herkunft.

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Was Frau Wissler in ihrer sozialistisch-egalitaristischen Vision von anstrengungsfreier Schule offenbar nicht wissen will: Hausaufgaben sind sinnvoll und notwendiger Bestandteil schulischen Lernens. Insbesondere für schwächere Schüler sind Hausaufgaben unerlässlich, nämlich als Chance zum nachträglichen Verstehen und zum Einüben. Dagegen sind gerade die schulisch stärkeren Schüler weniger auf Hausaufgaben angewiesen. Abgesehen davon, dass bildungsbeflissene Eltern – wenn es denn keine Hausaufgaben mehr gäbe – eigenständig Schulstoff mit ihren Kindern einüben.

Hausaufgaben sind zudem ein Teil der Erziehung zu Eigenverantwortung und Selbständigkeit, Schüler lernen damit ein eigenständiges Arbeiten. Es sollte dies eigentlich ein besonders wichtiges Ziel schulischer Bildung und Erziehung sein. Dafür muss die Erledigung der Hausaufgaben freilich gut geplant erledigt werden. Werden die Hausaufgaben nur schnell hingeknallt, zwischen Abendessen und Zu-Bett-Gehen gequetscht oder im Schulbus oder in der Schulpause abgeschrieben, dann bringen sie wenig.

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Besonders wichtig: Hausaufgaben zeigen den Lehrern, was Schüler verstanden haben, was sie gegebenenfalls nicht verstanden haben und wo noch unterrichtlicher Klärungs- und Übungsbedarf besteht. Die Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die Schüler sich eigenständig mit den Hausaufgaben auseinandersetzen. Lesen Lehrer an Hausaufgaben im Wesentlichen das Ergebnis der Bemühungen der Eltern ab, fehlt die Rückmeldung zum Lernstand der Klasse. Kinder sollen deshalb nicht mit den von den Eltern geschönten Hausaufgaben in die Schule kommen, sondern mit ehrlichen. Lehrer wollen nicht sehen, wie gut Mama oder Papa Dreisatz-Aufgaben bewältigen kann. Dann sind Hausaufgaben ein wichtiges Diagnostikum, dann erst sieht die Lehrkraft: Manche Schüler meiner Klasse machen immer den gleichen Fehler, da muss noch eine Wiederholungs-, Übungs- und Erklärungsschleife eingebaut werden.

Die Vorstellung, die Hausaufgaben durch rein schulisches Arbeiten etwa in kleinen Gruppen zu ersetzen, ist naiv: Dass Schüler sich untereinander den Lernstoff erklären, kann in Maßen durchaus sinnvoll sein. Ob sie den Schulstoff verstanden haben und beherrschen, wird aber sowohl ihnen als auch Lehrern erst dann deutlich, wenn sie sich auch einmal ohne jede Assistenz von Eltern oder Mitschülern oder Lehrern damit auseinandersetzen. Denn erfahrungsgemäß „verstecken“ sich gerade schwächere Schüler in der Gruppenarbeit gerne hinter stärkeren Schülern. Müssen die Schüler dann zum ersten Mal in einer Klassenarbeit oder Klausur etwa einen bestimmten Rechenweg ganz alleine anwenden, ist das zu spät.

Fazit: Ohne außerschulisches Einüben und ohne eigenständiges Anstrengen ist Schulerfolg nicht zu haben. Im Übrigen wäre schon viel gewonnen, wenn Schüler zu Hause nicht nur stundenlang vor Bildschirmen säßen und in sozialen Netzwerken unterwegs wären, sondern wenigstens einen Teil davon auf Schularbeiten verwendeten.


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