Tichys Einblick
Das Lernniveau sinkt

Zuwanderung der letzten Jahre stellt Schulen vor Probleme

Das Problem mit der nicht gelingenden Integration von Migrantenkindern ins deutsche Schulwesen wird immer größer. Doch es wird tabuisiert. Die Schulpolitik kann nicht ausgleichen, was eine nicht erst seit 2015 völlig naive, ungeregelte Zuwanderungspolitik den Schulen – und allen Schülern – zumutet.

imago Images/Michael Weber

Es gibt gewisse Tabus in deutscher Bildungspolitik und Schulpädagogik. Diese Tabus sind maßgeblich ein Grund dafür, dass es mit der Bildungsnation Deutschland seit Jahren kontinuierlich bergab geht. Beispiele von Tabus: Sag’ bloß nicht, Menschen seien unterschiedlich begabt. Sag’ bloß nicht, nicht jeder ist geeignet, das Abitur zu machen. Sag’ bloß nicht, Bildung geht nur mit Anstrengung und Eigenverantwortung. Sag’ bloß nicht, auch Eltern aus sozial schwächeren Schichten können ihre Kinder anhalten, regelmäßig in die Schule zu gehen und zu lernen …

Vor allem sag’ bloß nicht, das Niveau deutscher Schulbildung hat mit Schülern mit „Zuwanderungsgeschichte“ (früher: Migrationshintergrund, nicht-deutscher-Herkunftssprache, Ausländern …) zu tun. Das sagt man nicht, darüber redet man nicht, auch wenn man es weiß und statistisch-empirisch alle entsprechenden Daten vorliegen. Wenn man überhaupt darüber spricht, dann immer im Ton anklagender Selbstbezichtigung: Ja, das deutsche Schulwesen diskriminiere eben Kinder anderer Herkunft. Ja, das deutsche Schulwesen sei nicht bereit, diese Kinder „mitzunehmen“.

Aber damit kommen wir nicht weiter, denn das Problem mit der nicht gelingenden (oder von den Betreffenden oft gar nicht gewollten) Integration ins deutsche Schulwesen wird nachweislich immer größer. Wir wissen es und bekamen es seit der sogenannte empirischen Wende der Schulpolitik ab 2000 zigfach, wenn auch tabuisiert, belegt.

Bereits seit PISA 2003 wissen wir: Migrantenkinder in Deutschland erreichen in etwa ein PISA-Ergebnis, wie es eines der größten Herkunftsländer deutscher Immigranten ausweist, nämlich die Türkei: Diese lagen in allen Testbereichen um bis zu drei Schuljahre hinter deutschen Schülern. Aus mehreren PISA-Testungen ist zudem bekannt, dass die Leistungen in den Klassen bei einem Anteil von mehr als 30 Prozent Schülern mit Migrationshintergrund signifikant sinken. Siehe dazu TE vom 26. März 2018:

Lehrer, vor allem mutige Lehrerinnen, haben Interviews dazu gegeben und Bücher über das Problem geschrieben. Ein Beispiel von vielen: Anfang November 2017 kam über die FAZ ein Bericht der Leiterin der Berthold-Otto-Grundschule in Frankfurt-Griesheim an die Öffentlichkeit. Es ist dies eine Schule mit einem Anteil von 90 bis 100 Prozent Kindern aus zugewanderten Familien. Die Rektorin Ingrid König spricht von „schlimmsten sozialen Verhältnissen“ und davon, dass an regulären Unterricht nicht mehr zu denken sei. Sie sagte, dass Lernstoff, der noch in den 1990er Jahren in der 2. Klasse bewältigt werden konnte, heute in die 4. Klasse verschoben werden muss. Besonders beklagt die Schulleiterin, dass sich die muslimischen Familien völlig abgeschottet und durch den Islam radikalisiert hätten. Diese Eltern würden ihre Kinder nicht zum Lernen anhalten und nicht dazu verpflichten, Lehrer zu respektieren.

Alles larmoyantes Getue, alles Schnee von gestern? Nein! Wir haben uns die Anfang Juli 2022 erstmals und teilweise veröffentlichten Ergebnisse des IQB-Bildungstrends 2021 unter dem Aspekt „Schüler mit Zuwanderungsgeschichte“ genauer angeschaut. Getestet hatte man Viertklässler.

Lassen wir Tabellen sprechen:

Einige ergänzende Details:

Siehe dazu im Detail www.iqb.hu-berlin.de/bt/BT2021/Bericht/ (dort anklicken: „Präsentationsfolien zum Pressegespräch“).

Migrationspolitisch trübe Aussichten

Dass auch die Ergebnisse der Schüler ohne Zuwanderungsgeschichte rückläufig sind, hat mit zwei Gründen zu tun: Die Schulpolitik hat die Ansprüche gesenkt. Und: Je höher der Migrantenanteil, desto mehr sinkt das Niveau der ganzen Klasse. Das betrifft nicht nur die Grundschulen und die hier getesteten Grundschüler. Nein, es betrifft auch die weiterführenden Schulen, denn diese müssen auf dem mittlerweile reduzierten Leistungsplateau aufbauen, das die vormaligen Grundschüler ins Gymnasium, in die Realschule, in die Oberschule, in die Mittelschule usw. mitbringen.

Das heißt aber auch: Die Schulpolitik kann nicht ausgleichen, was eine nicht erst seit 2015 völlig naive, ungeregelte Zuwanderungspolitik den Schulen – und allen Schülern – zumutet. Nur von „Herausforderungen“ zu sprechen, wäre falsch. Denn „Herausforderung“ unterstellt, dass der Adressat der Herausforderung es gefälligst zu richten hat.

Diese Herausforderungen (vulgo: Zumutungen) werden wohl noch größer werden, wenn man sich die Eckpunkte des „ersten Migrationspakts“ von Bundesinnenministerin Nancy Faeser vom 6. Juli 2022 anschaut. Dort heißt es wörtlich: „Um den Standort Deutschland für Fachkräfte aus Drittstaaten attraktiver zu machen, werden bewährte Regelungen aus dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz entfristet. Der Familiennachzug zu drittstaatsangehörigen Fachkräften wird erleichtert, indem für nachziehende Angehörige das Erfordernis eines Sprachnachweises entfällt.“ Das heißt: Die Kinder, die mitgebracht werden, müssen kein Wort Deutsch können, aber sie müssen – siehe Schulpflichtgesetze – eingeschult werden.

Den Damen und Herren der hohen Politik wird das wohl egal sein. Denn ihre eigenen Kinder – so sie denn welche haben – schicken sie bevorzugt an Schulen in privater Trägerschaft, die üblicherweise – und rein zufällig? – einen niedrigen Migrationsanteil haben.

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