Einen ungünstigeren Zeitpunkt hätte sich die Konrad-Adenauer-Stiftung für die Veröffentlichung ihres Debattenpapiers „Im Glauben vereint?“ nicht suchen können. Sie hat dieses Paper wenige Tage nach der – man muss es so sagen – Abschlachtung eines französischen Lehrers durch einen achtzehnjährigen „Allahu-Akbar“-Islamisten verbreitet. An dieser Terminierung ändert auch das Ausgewogenheit und Neutralität signalisierende Fragezeichen hinter dem Titel nichts. Zumal die Telefonumfrage des Markt- und Sozialforschungsinstituts Berlin unter 3.003 Teilnehmern vom 15. Oktober bis 28. Februar 2019 datiert, die Ergebnisse also bereits seit einem ganzen Jahr vorliegen müssten.
Nun ja, wenn man die insgesamt 12 Seiten durchliest, fällt schon auf, wohin der Hase laufen sollte: auf Weichzeichnung. Namen und Begriffe wie „Jesus“, „Mohammed“, „Bibel“, „Koran“, „Frau“, “Israel“ oder gar „Kalifat“, „Islamismus“, „Terror“, „Beschneidung“, „Mehrfachehe“, „Kinderehe“ und „Ehrenmord“ kommen nicht vor. Offenbar wurden die 3.003 Interviewten danach auch gar nicht gefragt. Man hätte es tun sollen!
Schall hält zum Beispiel fest, dass der Islam im Gegensatz zum Christentum keine an der Wahrheit orientierte rationale Ordnung kenne, sondern rein voluntaristisch (d.h. an Allahs Willkür ausgerichtet) und – deshalb für viele anziehend – eine „einfache Religion“ sei. Außerdem ist es islamische Vorstellung, dass Allah reiner Wille sei und es deshalb keine Naturgesetze gebe. James Schall warnt auch vor einem blinden Pazifismus und ruft in Erinnerung: „Die meisten Kriege und Aufstände in unserer gegenwärtigen Welt haben eine muslimische Komponente.“ Vor allem die maßgebliche Differenz zwischen Christentum und Islam wolle man nicht wahrhaben, nämlich dass der Islam die Dreifaltigkeits- und die Menschwerdungslehre des Christentums radikal leugne.
Da sind sie jedenfalls wieder, auch bei der Adenauer-Stiftung, die Weichzeichnung des Islam und dessen angebliche Friedfertigkeit in der Wahrnehmung von Christen und Muslimen. Damit kehrt die Stiftung zurück zu einer Verklärung des Islam, wie sie typisch deutsch zu sein scheint.
1819 veröffentliche Goethe seine große Gedichtsammlung „West-östlicher Divan“. Diese Sammlung wurde lange Zeit so interpretiert, dass Goethe vom Orient fasziniert gewesen sei. Auf einer völlig anderen Ebene konfrontierte der durchaus Islam-kundige Karl May den deutschen Leser mit dem Islam. In seinen Orientbänden lässt er Kara Ben Nemsi (Karl, Sohn der Deutschen) mit muslimischen Begleitern reisen – darunter sein Diener und Freund Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawuhd al Gossarah. Kara Ben Nemsi kennt mehrere Suren des Korans auswendig und weiß über das Leben Mohammeds Bescheid.
Dass Nazi-Größen bis hin zu Hitler und bis zum heutigen Tag Linke vom Islam fasziniert waren bzw. sind, wollen wir hier gar nicht näher erläutern. Es eint sie der Hass auf die Juden bzw. heute auf Israel. Vor diesen Hintergründen hätte man bei einer solchen „wissenschaftlichen“ Befragung wie der genannten denn doch etwas tiefer bohren müssen.