Zum dritten Mal wird der Film „Fack ju Göhte“, diesmal eben als Nr. 3, zum Kinokassenschlager. Gut zwei Wochen nach seinem Kinostart vom 26. Oktober 2017 ist er schon der meistgesehene Film des laufenden Kinojahres in Deutschland. Aktuell hat er 4,75 Millionen Zuschauer. „Fack ju Göhte Nr. 3“ knüpft damit an seine Vorgänger an, die bis zu 7 Millionen Zuschauer einheimsten.
Und das ist die Story: Zeki Müller, ein Mann mit großer Klappe und rambohaftem Auftreten, kommt in Film Nummer 1 frisch aus dem Gefängnis. Eines Tages landet der vormalige Knasti als Aushilfslehrer in der „Chaosklasse“ 10b. Und siehe da: Er hat gigantischen Erfolg. Sofort lieben die Schüler ihn und seine unkonventionellen Methoden. In der Folge Nummer 3 nun steht die Klasse vor dem Abitur. Aber die Schüler sind nicht so richtig motiviert, das Abitur zu bestehen. Eine Frau vom Berufsinformationszentrum hat den Schülern die Zukunft als wenig rosig dargestellt. Frust greift um sich, bis eben Zeki Müller unkonventionell und am Ende segensreich eingreift.
Weil man in Deutschland immer tiefschürfende Gedanken haben muss und sich nicht einfach mehr oder weniger über einen Klamaukfilm amüsieren kann, halten führende Medien diesen Film für eine notwendige pädagogische Provokation, nämlich für eine Absage an eine Schulbildung, die auf Lernen, Wissen, Anstrengung und geregelten Unterricht setzt. Manche meinen sogar, dieser Film sei ein Plädoyer, auf dass Schule endlich statt auf Lernen auf „Anverwandlung von Welt“, statt auf Pflichtverfüllung auf „Selbstwirksamkeit“ achten müsse.
Aber auch Specht’sche Schule ist ebenso wie die „Fack ju- Göhte“-Schule nicht von dieser Welt, so wenig wie Schwarzwaldklinik nicht von dieser Welt war. Vielleicht geht es mal eine Nummer kleiner. Ob solche Filme jungen Leuten helfen, Schule besser zu verstehen oder sich mehr anzustrengen, sei dahingestellt. Es ist auch nicht verwerflich, wenn diese Filme so manchen Schulfrust kanalisieren und bei der Katharsis (der Reinigung) von Affekten helfen, wie Schiller das der Schaubühne zutraute.
Aber das Volk der Dichter und Denker, das ja zugleich ein Volk der großen Pädagogen war (!), muss aufpassen, dass es sich nicht in ein Zerrbild von Lehrern verliebt, das die jungen Leute nicht weiterbringt. Gewiss sind nicht alle fast 800.000 Lehrer in Deutschland pädagogische Helden und Heilige. Aber weder die Pink-Floyd-Attitüde „We don‘t need no education“ von 1979, noch ein Dr. Specht oder ein Rambolehrer Zeki Müller, noch überhöhte Erwartungen an die Lehrer bringen Schule in Deutschland weiter. Sonst wollen immer noch weniger junge Leute Lehrer werden.
Bleiben wir auf dem Teppich. Ich bin kein wissenschaftlicher Bildungsempiriker. Aber ich habe mehr als zwanzig Jahre ein Gymnasium geleitet. Auch das ist Empirie. Zum Beispiel habe ich regelmäßig Diskussionen mit Klassen zur Frage geführt, was einen guten Lehrer ausmacht. Verallgemeinert kamen dabei – alterstypisch unterschiedlich formuliert – immer fünf Merkmale zum Ausdruck: Erstens ist ein guter Lehrer einer, der gut erklären kann. Zweitens ist er gerecht. Drittens hat er einen Plan und weiß, wo es langgeht. Viertens interessiert er sich für seine Schüler persönlich, aber auch nicht zu viel. Und vor allem fünftens: Er hat Witz und Humor. Dass es im deutschen Sprachraum kein Werk über die Bedeutung des Humors als Erziehungsmittel und Erziehungshaltung gibt, ist wahrscheinlich wiederum typisch deutsch.
Josef Kraus war Oberstudiendirektor, Präsident des deutschen Lehrerverbands, wurde mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet und als „Titan der Bildungspolitik“ bezeichnet. Er hat Bestseller zu Bildungsthemen verfasst und sein jüngstes Werk Wie man eine Bildungsnation an die Wand fährt erhalten Sie in unserem Shop: www.tichyseinblick.shop.