Tichys Einblick
Veröffentlichung Pisa-Bericht 2022

Der Pisa-Hype 8.0: Mittlerweile ein echter Gähn-Faktor

Pisa ist spätestens seit dem dritten Test im Jahr 2006 überflüssig. Pisa blendet aus, was große Teile von mündiger Allgemeinbildung ausmacht: Fremdsprachen, musische Bildung, geschichtliches, geographisches, literarisches, kulturelles Wissen. Und: Pisa hat Deutschland auf falsche bildungspolitische Fährten gelenkt.

Pressekonferenz zur Veröffentlichung des PISA-Berichts 2022, Berlin, 5.12.2023

IMAGO / Metodi Popow

Stell Dir vor, es ist wieder mal „Pisa“, mittlerweile zum achten Mal seit 2000, und keiner interessiert sich dafür. Muss man auch nicht. Die Pisa-Pressekonferenz vom 5. Dezember in der Bundespressekonferenz war jedenfalls voller gähnender, wenn auch alarmistisch daherkommender Langeweile. Am 7. Dezember ist dann wieder alles vorbei, und Deutschland ist zumindest in Dubai bei der Weltklimakonferenz wieder Weltmeister der Herzen.

Überhaupt war und ist Pisa spätestens seit der dritten Testung im Jahr 2006 überflüssig wie ein Kropf. Man hätte sich Aber-Millionen Dollar bzw. Euro sparen können. Die letzten Jahre hätte es ohnehin gereicht, TE zu lesen. Dann hätte „man“ – auch so mancher Bildungspolitiker und Bildungsforscher – Fundierteres über die (vormalige) Bildungsnation und deren Absturz lesen können als in der alle drei Jahre gehypten Pisa-„Studie“.

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Zum ersten Mal hatten wir den Hype mit Pisa 2000, veröffentlicht im Dezember 2001. Dann ging es im Drei-Jahres-Rhythmus weiter. Pisa 2021 ist wegen Corona um ein Jahr verschoben worden. Als Pisa 2022 wurden die Ergebnisse jetzt am 5. Dezember 2023 veröffentlicht.

Und Deutschland? Wo landete es? Es landete dort, wo es – außer bei der eingebildeten Rettung des Klimas – in so ziemlich allen relevanten Bereichen von Wirtschaft, Innovation, Fortschritt, Wissenschaft, Fußball/Leichtathletik (!) liegt: im Mittelfeld! Dass die Tagesschau nun schreibt „Deutsche Schüler schneiden so schlecht ab wie nie“, ist natürlich Quatsch. Denn vordere Plätze haben die Deutschen in Pisa nie eingenommen. Außerdem ist die Zahl der an Pisa beteiligten Länder mal 40, mal 80. Allein von daher sagen Ranking-Plätze nichts aus. Und die Definition der Pisa-Skala ist ziemlich willkürlich und aus den realen Ergebnissen der teilnehmenden Länder abgeleitet: als Mittelwert wird 500 angenommen. So wie beim Intelligenzquotienten der Wert 100.

Sollte es leichte Rückschritte deutscher Schüler (besser: der Schüler in Deutschland) um 5 bis 10 Pisa-Punkte bei deutschen Pisa-Teilergebnissen gegeben haben, dann erklärt sich das zum einen mit einem im internationalen Vergleich ziemlich langen (und überflüssigen) Lockdown deutscher Schulen in den Corona-Jahren; Schüler deutscher Schulen haben in den Corona-Jahren bis zu 1.000 Stunden Präsenzunterricht nicht bekommen. Das ist fast ein komplettes Schuljahr. Zum zweiten haben Punkteverluste mit dem Jahr für Jahr steigenden Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund zu tun.

Klar, an die Pisa-Ergebnisse von China, Estland, Finnland, Hongkong, Japan, Polen oder Singapur kommen wir nicht heran. Dass wir die Türkei um 30 bis 40 Punkte hinter uns gelassen haben? „Noch hinter uns gelassen haben“, ist man versucht zu unken. Immerhin haben wir von den an Pisa 2022 beteiligten 81 Ländern und Regionen fast 70 hinter uns gelassen: Albanien, Brasilien, Georgien, Mexiko, Costa Rica, Kasachstan, Usbekistan, Türkei, Libanon, Chile, Marokko, Saudi-Arabien, Philippinen, Paraguay, Argentinien … Übrigens: Die Länder, aus denen derzeit die meisten Zuwanderer nach Deutschland kommen, sind nicht bei Pisa 2022 dabei: kein einziges afrikanisches Land (außer Marokko), kein Afghanistan, kein Syrien. Und gerade von dort ersehnt man („man“ sind Faeser, die Grünen und Co) ja eine Lösung des Fachkräftemangels.

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Was bleibt? Es bleibt die alte Leier, kein Bildungswesen sei sozial so ungerecht wie das deutsche. Wie bitte? Weil Deutschland trotz unsinnig explodierender Pseudo-Akademisierung immer noch (!) die niedrigste Quote an arbeitslosen Jugendlichen hat? Aber das interessiert ja nicht, wiewohl es der entscheidende sozialpolitische Faktor ist.

Dann heißt es bei den hochmotivierten Pisanern auch noch: Das Elternhaus habe einen zu starken Einfluss auf die Bildungsleistung bzw. das Pisa-Ergebnis. Das privilegierteste (sic!) Viertel der deutschen Schüler habe gegenüber Gleichaltrigen, die am stärksten benachteiligt sind, beim Lesen einen Leistungsvorsprung von 113 Punkten, etwas mehr als noch vor zehn Jahren. Ja, was denn sonst? Oder gilt die alte Wahrheit nicht mehr: Wenn es zu Hause nicht klappt, dann klappt es in der Schule nicht! Elterliches Erziehungsengagment etwa als verabscheuungswürdiges Privileg? Karl Marx mit seiner Ideologie, dass Familie Hort des Kapitalismus sei, lässt grüßen.

Damit eines klar ist: Pisa hat Deutschland auf falsche bildungspolitische Fährten gelenkt: mehr Einheitsschule, beste Noten bei geringeren Ansprüchen, Leerpläne statt Lehrpläne, „moderner“ Unterricht statt straffe Lehrerführung, „Projekte“ statt konkretem Fachwissen, Lehrer als Sozialingenieure statt als Fachexperten.

Nein, Pisa ist auch kein Bildungstest. Pisa blendet aus, was große Teile von mündiger Allgemeinbildung ausmacht: Fremdsprachen, musische Bildung, geschichtliches, geographisches, literarisches, kulturelles Wissen.

Deshalb ist Pisa im Grund eine Art versteckter IQ-Test. Womit wir – das hat noch kein Linker entdeckt – aber nahe an einer als rassistisch deklarierten Intelligenzmessung sind.


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