„Der Islam gehört zu Deutschland.“ Dieses eigenwillige Narrativ ist seit geraumer Zeit schier deutsche Staatsraison und damit sakrosankt. Schäuble hat damit angefangen, Wulff hat es fortgesetzt, Merkel, Seehofer, Söder, Laschet (alle von einer C-Partei) und die vereinte Linke aus SPD, Ex-SED und Grünen sind darauf aufgesprungen, soweit sie nicht schon vorher so tickten.
Da wollte nach der gerne systemtreuen Evangelischen Kirche auch die Katholische nicht abseitsstehen. Schon länger stellte sie en masse „Dialogiker“. Nun hat der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, alles Bisherige getoppt. Er schlägt einen „interreligiösen Feiertag“ vor. Die Begründung dafür ist an den Haaren herbeigezogen, gleichwohl symptomatisch. Bätzing will Corona-Gewinnler sein. Ausgerechnet in der Zeitgeistzeitung „Zeit“ bzw. deren Beilage „Christ und Welt“ meinte er, ein solcher interreligiöser Feiertag wäre vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie wünschenswert: „Wäre ein solcher Tag des Wir-Gefühls und der Besinnung für Gläubige und Ungläubige nicht ein wunderbares, heilendes Zeichen?“
Deutsche waren immer vom Islam fasziniert
Man könnte Bätzings Vorstoß als ephemer abtun, wenn sich hier nicht erneut der Deutschen seit Jahrhunderten naives Verhältnis zum Islam zeigte.
Immerhin galt der Orient ab etwa 1800 als Objekt einer romantischen Sehnsucht – ähnlich wie Amerika. Lessing, Goethe und Karl May mögen dabei eine Rolle gespielt haben. In Lessings 1779 veröffentlichtem „Dramatischen Gedicht“ mit dem Titel „Nathan der Weise“ ist eine der Hauptfiguren Sultan Saladin. Er gilt als vorbildhafter islamischer Herrscher, als edler Heide. Als historische Figur hatte er 1187 Jerusalem erobert. Bei Lessing wird er verklärt und romantisiert, vor allem wegen der im Drama enthaltenen „Ringparabel“. Saladin soll als Zeuge dafür stehen, dass alle drei großen monotheistischen Weltreligionen (Judentum, Christentum, Islam) gleichberechtigt seien und sich wechselseitig tolerierten. Saladin hatte Nathan zu sich zitiert, weil er Geld brauchte. Dieser zog mit der „Ringparabel“ seinen Kopf aus der Schlinge. Kurz zuvor allerdings hatte Saladin 19 Tempelritter hinrichten lassen und nur den Tempelritter Nathan verschont. Das Stück endet in „allseitiger Umarmung“. Die Verklärung Saladins zog selbst Kaiser Wilhelm II. in den Bann, der während seiner Reise nach Palästina im Herbst 1898 am Grab des Sultans einen Bronzelorbeerkranz niederlegte. Er hielt dort zudem eine Ansprache, in der er erklärte, der deutsche Kaiser werde zu allen Zeiten der Freund aller Mohammedaner sein.
1819 veröffentliche Goethe seine große Gedichtsammlung „West-östlicher Divan“. Diese Sammlung wurde lange Zeit so interpretiert, dass Goethe vom Orient fasziniert gewesen sei. Auf einer völlig anderen Ebene konfrontierte der durchaus islam-kundige Karl May den deutschen Leser mit dem Islam. In seinen Orientbänden lässt er Kara Ben Nemsi (Karl, Sohn der Deutschen) mit muslimischen Begleitern reisen – darunter sein Diener und Freund Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawuhd al Gossarah. Kara Ben Nemsi kennt mehrere Suren des Korans auswendig und weiß über das Leben Mohammeds Bescheid.
Eine besondere Beziehung zum Islam hatten die Nazi-Oberen. Hitler umwarb Muslime. Am Ende kämpften Zehntausende Muslime in der Wehrmacht und in der SS. Es kam auch zu persönlichen Begegnungen. Ende 1941 flüchtete Amin al-Husayni, der Mufti von Jerusalem, nach Berlin. Schnell wurde er dort zu Hitlers wichtigstem Propagandisten in der muslimischen Welt. Auf dem Höhepunkt des Krieges, in den Jahren 1941/42, als Hitlers Truppen in muslimisch bevölkerte Gebiete auf dem Balkan, in Nordafrika, auf der Krim und im Kaukasus einmarschierten, begann man in Berlin, den Islam als politisch bedeutsam wahrzunehmen. 1941, kurz vor dem Einmarsch in Nordafrika, gab die Wehrmacht die Tornisterschrift „Der Islam“ heraus, um die deutschen Soldaten im Umgang mit Muslimen zu instruieren. An der Ostfront, auf der Krim und im Kaukasus bauten die deutschen Besatzer die von Stalin zerstörten Moscheen und Koranschulen wieder auf. Deutsche Propagandisten politisierten den Koran und das Konzept des Jihad, um Muslime zur Gewalt gegen die Alliierten anzustacheln. Hitler schätzte am „Mohammedanismus“ – als Gegensatz zum „faden“, „barbarischen“ Christentum – dessen angebliche Wissenschaftlichkeit und Ritterlichkeit. Mit dem „Mohammedanismus“ hätten die Germanen längst die Welt erobert, nur das Christentum habe hier gebremst. Heinrich Himmler phantasierte sich einen Islam als männliche Heldenreligion mit einem Kriegsgott an der Spitze zusammen.
Es herrschte schließlich in Deutschland eine gewisse Zeit Stille, wenn es um den Islam ging. Dann kam ab 1968 die Zeit, in der der Islam von den Linken gegen Israel und für ihre Vision eines Multikulturalismus instrumentalisiert wurde und in der Hunderttausende von in der überwältigenden Mehrheit muslimischen Flüchtlingen als ein Mittel zur Umerziehung der Deutschen gesehen werden.
Interreligiöser Feiertag als „Zementierung des Risses“
Nun also soll sich alles qua „interreligiösem Feiertag“ in Wohlgefallen auflösen. Dass der Islam eher eine totalitäre Ideologie als eine Religion ist, spielt offenbar keine Rolle. Dass die weltweit am heftigsten mörderisch verfolgte Religionsgemeinschaft die Christenheit ist und zwar in muslimischen Ländern, scheint vergessen. Man praktiziert um des lieben Friedens willen „Unterwerfung“ (Islam = wörtlich Unterwerfung), ja Anbiederung.
Die Frankfurter Islam-Expertin Susanne Schröter drückt es kaum anders aus. Soeben sagte sie der „Tagespost“: Das größere Problem sei die Spaltung der Gesellschaft durch die Migrationspolitik und den Islam als Auslöser. Auch die Vertreter der Kirchen würden dazu beitragen. Die Einführung eines interreligiösen Feiertags wäre nach Ansicht Schröters kein „heilendes Zeichen“, sondern eine „Zementierung des Risses“, der jetzt schon durch die Gesellschaft gehe. Wörtlich: „Vor allem der politische Islam, dessen Akteuren es gelungen ist, seine Agenda in der Politik zu verankern, spaltet das Land.“ Interreligiöser Dialog sei zwar notwendig, „heute vielleicht mehr denn je“, aber er müsse auch die problematischen Aspekte einbeziehen. Zudem fordert die Islam-Expertin einen kritischeren Blick auf die Dialogpartner. „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind es auf muslimischer Seite fast ausschließlich Repräsentanten des politischen Islam.“ Viele von ihnen gehörten straff organisierten Vereinigungen an, die aus dem Ausland gesteuert würden. „Sie vertreten Regierungen, die die Rechte religiöser Minderheiten in ihren Ländern mit Füßen treten und die Integration von Muslimen in Deutschland aktiv behindern.“